Geschichte Der Jude mit dem Hakenkreuz

Daun ·  Lesung mit Autor Lorenz Beckhardt bewegt am Geschwister-Scholl-Gymnasium.

 Lorenz Beckhardt liest am Geschwister-Scholl-Gymnasium aus seinem Buch „Der Jude mit dem Hakenkreuz“.

Lorenz Beckhardt liest am Geschwister-Scholl-Gymnasium aus seinem Buch „Der Jude mit dem Hakenkreuz“.

Foto: TV/Torsten Krämer

Anlässlich des Holocaust-Gedenktages hat der Autor und WDR-Wissenschaftsredakteur Lorenz Beckhardt das Geschwister-Scholl-Gymnasium in Daun besucht. Vor Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 10 bis 12 las er aus seinem 2014 erschienen Buch „Der Jude mit dem Hakenkreuz“. In dem gewährt er Einblicke in seine außergewöhnliche Familiengeschichte: Erst als Erwachsener erfährt Beckhardt von den jüdischen Wurzeln seiner Familie. Großvater Fritz flog im Ersten Weltkrieg als erfolgreicher Pilot an der Seite Herman Görings – in einer Maschine, die ein Hakenkreuz als Glückssymbol trug, so erklärt sich der Titel des Buches.

Der Enkel hat auf der Grundlage intensiver Recherchen die Biographie des deutschen Kriegshelden rekonstruiert, dessen Leben sich seit der Machtübernahme Hitlers drastisch veränderte: Auf Gefängnis und Strafkompanie im KZ Buchenwald folgt das Exil in London. 1951 kehrt die Familie nach Sonnenberg bei Wiesbaden zurück, wo sie wie in der Vorkriegszeit einen Gemischtwarenladen betreibt, den die Nachbarn meiden: Goebbels‘ Propaganda reicht offenbar bis in die Anfangsjahre der jungen Bundesrepublik hinein, die Scham über das Vergangene kommt noch dazu.

Beckhardts Eltern treffen die Entscheidung, ihren Sohn Lorenz taufen zu lassen. Sie halten es für besser, das Kind in Deutschland auch nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes nicht als Jude zu erziehen.

Am Geschwister-Scholl-Gymnasium hat Lorenz Beckhardt nicht nur aus seinem Buch gelesen. Wichtig war ihm, mit den Schülerinnen und Schülern ins Gespräch zu kommen und ihre Fragen zu beantworten. Auch die NS-Zeit, so Beckhardt, war nicht frei von Widersprüchen, einfaches Schwarz-Weiß-Denken greift zu kurz: Die Freundschaft seines Vaters Kurt Beckhardt zum Sohn des NS-Kreisleiters, der ausdrücklich kein Antisemit war, ist dafür ein Beleg. Dass ausgerechnet Hermann Göring für die Entlassung Fritz Beckhardts aus dem KZ Buchenwald gesorgt hat, unterstreicht das Gesagte.

Beckhardt verfolgt mit seinem Buch mehrere Intentionen. Eine ist ihm besonders wichtig: Nicht ein weiteres „gepresstes Geschichtsbuch“ wollte er an die Öffentlichkeit bringen. Es gehe ihm darum, die Geschichte des Antisemitismus in Deutschland ausgehend von seiner Familiengeschichte emotional ergreifend zu erzählen. Das ist ihm in Daun zweifellos gelungen. Das Buch möchte keine Schuldgefühle hervorrufen. Es solle vielmehr dazu anregen, aus der Kenntnis der Vergangenheit die Zukunft verantwortungsvoll zu gestalten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort