Bind ein buntes Band an einen Birkenbaum

TRIER. Was heute gang und gäbe ist, erregte einst den Zorn der Obrigkeit: der weit verbreitete Brauch, einen Baum zu schlagen und der Freundin vors Haus zu stellen.

Der Monat Mai erfreut die Landwirte, die Hobbygärtner, die Radfahrer, Wanderer und Motorradfans. In den Ortschaften stehen Maibäume, und an manchen Häusern haben junge Burschen den Mädchen ein Birkenbäumchen mit wehenden bunten Bändern aufgestellt. Dieses harmlose Vergnügen war nicht immer erlaubt. So kann man im Amtsblatt der Königlich Preußischen Regierung zu Trier von 1830 über "Die Einstellung des Gebrauches auf dem Lande, den Maibaum in Dörfern aufzustellen" lesen: "In mehreren Kreisen unseres Verwaltungs-Bezirks besteht der Gebrauch, dass von den jungen Leuten in den Dörfern in der Nacht des 1. Mai vor den Wohnungen des Pfarrers und des Ortsvorstandes und vor der Kirche so genannte Maibäume aufgepflanzt werden. So unschuldig diese Sitte an sich ist, so hat solche doch nicht allein zur Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung und zu blutigen Schlägereien der jungen Leute unter sich oft Veranlassung gegeben, sondern es sind auch, zur Beschaffung der Maibäume, die Waldungen häufig bestohlen worden." Weil die öffentliche Ordnung gestört und die Bäume aus dem Wald entwendet wurden, untersagte die Regierung diesen Brauch. Die Polizeibehörden wurden angewiesen, "die Maibäume, sowie sie aufgepflanzt werden, augenblicklich, nöthigenfalls mit Hülfe der Gendarmerie, hinwegnehmen zu lassen, und den Verkauf der weggenommenen Bäume zum Vortheil der betreffenden Gemeinde-Kasse zu verfügen, vorbehaltlich der weiteren Verfolgung gegen die etwaigen Forstfrevler. Trier, den 30. Juni 1830." Ehe man nun über die alten, sturen Preußen herzieht, muss man wissen, dass sie mit dem Verbot auch einen guten Zweck verfolgten. Die Eifel war durch die Eisenindustrie an vielen Stellen ihres Waldes beraubt und zum Ödland geworden. Die preußische Regierung gab sich alle Mühe, das Land wieder aufzuforsten, nicht nur mit dem "Preußenbaum", der Fichte, sondern auch mit Laubwald. Die Landkreise erhielten Prämien, um möglichst viele Obst- und Laubbäume an den Straßenrändern anzupflanzen. So wurden etwa im Kreis Daun im Jahr 1866 368 Obst- und 4230 andere Bäume an Straßen gepflanzt, 1870 waren es 117 Obstbäume und 622 andere. Die Anbauzahlen aller Kreise wurden jährlich veröffentlicht, denn man hielt diese Aktion sowohl "in wegepolizeilicher als auch in volkswirthschaftlicher Beziehung" für sehr wichtig. Auch Privatleute wurden wegen Baumpflanzungen lobend erwähnt und mit Prämien bedacht, so der "Tagelöhner Adolph Feyen zu Gönnersdorf, im Kreise Daun, 8 Thlr. für die seit dem Jahre 1857 auf dem meist mageren Boden mit großer Sorgfalt ausgeführten und ziemlich gut gelungenen 11 Morgen großen Eichen- und Nadelholz-Kulturen". Die Amtsblätter erteilten Ratschläge zur Bekämpfung von Raupenplagen und boten Kurse an "zur Ausbildung von Baumpflanzern und Baumpflegern". Bei all dieser Mühe kann man durchaus verstehen, dass der Brauch, Maibäume zu schlagen, nicht in das Konzept passte.

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