Bitburger Knöllchenstreit vor Gericht - Angeklagter zieht Einspruch widerwillig zurück

Bitburg · Der Knöllchen-Streit landet vor Gericht. Der Betroffene zieht Einspruch gegen Bußgeldbescheid unter Protest zurück.

"Ihre Nöte verstehe ich sehr wohl, aber das ändert leider nichts an den Tatsachen", antwortet Richter Christian Scholz dem Betroffenen auf die Frage, warum denn niemand menschliches Verständnis für seine Situation aufbringe. Scholz legt dem Mann aus dem Eifelkreis Bitburg-Prüm nahe, den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurückzuziehen.
Der 55-Jährige muss sich vor dem Amtsgericht Bitburg verantworten, weil er am 30. September 2016 sein Auto über Nacht auf einem Parkplatz stehen ließ, aber nur für zwei Stunden zahlte (der TV berichtete). "Das ist jetzt acht Monate her und ich weiß immer noch nicht, was ich hätte anders machen können", sagt er, "ich hatte keine andere Chance."

Die Vorgeschichte: An dem Tag hatte der Betroffene eine Darmspiegelung im Bitburger Krankenhaus. Deshalb habe er morgens Abführmittel trinken müssen, erzählt der 55-Jährige. Er habe extra genug Zeit für die Fahrt eingeplant. "Dann war die Autobahnauffahrt Staffelstein gesperrt, dadurch kam ich zu spät. Und dann war auch noch das Parkhaus beim Krankenhaus gesperrt, in dem ich mein Auto über Nacht abstellen wollte." Inzwischen habe er durch das Abführmittel wieder dringend zur Toilette gemusst. "Ich habe den erstbesten Parkplatz genommen, einen Parkschein für die Höchstdauer gezogen, bin im Laufschritt zum Krankenhaus und zur Toilette."
Da der Arzt bereits wartete, habe er sich umgehend in Behandlung begeben. Nach der Darmspiegelung durfte er 24 Stunden kein Auto fahren, weil diese unter Vollnarkose durchgeführt wurde. Deshalb habe er sein Auto nicht mehr umparken können. Am nächsten Morgen hatte er einen Strafzettel.

Die Verhandlung: Weil er sich geweigert hat, das Knöllchen zu bezahlen, steht er am Dienstag vor Gericht. "Ich finde die Mentalität der Bitburger Beamtenschaft, um es gelinde zu sagen, merkwürdig", schließt der 55-jährige Handelsvertreter die Schilderung der Situation.
Der Richter befragt ihn zu seiner Familiensituation. Er ist alleinstehend, seine Kinder sind aus dem Haus. "Meine Freunde sind alle berufstätig", deshalb habe er niemanden gehabt, der ihn hätte fahren können und habe die Nacht im Krankenhaus verbracht. "Aber als ich zu Hause losgefahren bin, ging ich ja davon aus, dass das Parkhaus offen sei." Der Richter begutachtet ein Foto, auf dem der Strafzettel zu sehen ist. Sie haben von 9.12 bis 11.12 Uhr bezahlt. "Ja, ich habe solange bezahlt, wie es möglich war", antwortet der Betroffene. "Was hätte ich denn machen sollen, Herr Richter? Ich wusste, da wartet ein Arzt auf mich. Mir wäre ja der Termin geplatzt, dann hätte ich das Abführmittel umsonst getrunken." - "Vielleicht jemanden beauftragen, das Auto wegzufahren?", schlägt Scholz vor. "Ich weiß, in so einer Situation ist das misslich", räumt er ein. "Aber Sie wussten, da steht ein Auto ohne Parkschein."

Das Ergebnis: "Man könnte meinen, ich hätte einen Menschen überfahren", sagt der 55-Jährige. "Ich verstehe das absolut nicht - Ich ziehe den Einspruch dann zurück, empfinde das Ganze aber als grotesk." Der Richter protokolliert: "Um 13.47 Uhr erklärt der Betroffene ‚Ich nehme den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurück.'" und schließt damit die Verhandlung, die knappe 20 Minuten gedauert hat. Der Bußgeldbescheid ist damit rechtskräftig, die Kosten trägt der Betroffene. "Dann wünsche ich allseits einen schönen Tag", sagt der Richter. "Das ist mal bitter", kommentiert der Betroffene das Ergebnis der Verhandlung.KommentarMeinung

Der Klügere gibt nach. Oder?
Schade, dass ein solcher Fall vor Gericht landet! Der Leidtragende ist in diesem Fall der Betroffene, er muss die Kosten tragen. Selbst schuld, könnte man sagen. Das bleibt einem aber unter diesen Umständen im Halse stecken. Autobahnauffahrt gesperrt, Parkhaus geschlossen: Man kann in diesem Fall durchaus von einer Verkettung unglücklicher Umstände sprechen. Der Betroffene hat guten Willen bewiesen, indem er für die Parkhöchstdauer gezahlt hat. Da hätte die Stadt ein Auge zudrücken können, statt einen Richter entscheiden zu lassen. Rechtlich hat nun alles seine Richtigkeit, menschlich nicht. a.weber@volksfreund.de

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