Breiter Wunsch nach Solidarität

Große Unterschiede: Während in der Verbandgemeinde (VG) Kelberg 32 von 33 Dörfern der bislang einzigen Windkraft-Solidargemeinschaft im Kreis beigetreten sind, wollen in der VG Hillesheim bislang nur zwei Dörfer mitmachen. Der FWG-Vorstoß, die Solidarpakte per Gesetz vorzuschreiben, findet kreisweit so gut wie keine Unterstützung.

Daun/Gerolstein/Hillesheim/Kelberg/Jünkerath. Kreisweit am weitesten mit der Windkraftplanung fortgeschritten ist die Verbandsgemeinde Kelberg. Die aktualisierte Flächennutzungsplanung sieht vor, dass zu den bestehenden zehn Windkraftanlagen (WKA), 35 bis 40 weitere WKA der Drei-Megawatt-Klasse (100 Meter Rotordurchmesser, 200 Meter Gesamthöhe) hinzukommen könnten. Die exakte Zahl und die Standorte müssen noch festgelegt werden.
Beschlossen ist hingegen bereits die Bildung einer Solidargemeinschaft, an der 32 der 33 Dörfer der VG beteiligt sind. Drees ist nicht dabei, weil sich der Ort die Klagemöglichkeiten gegen Windkraftvorhaben in Nachbargemeinden offenhalten will. Bei einem Beitritt hätte sie darauf verzichten müssen.
Die Gemeinden, die mit neuen WKA künftig Geld verdienen, geben je nach Verdienst zehn bis 16 Prozent ihrer Einnahmen ab. Aus diesem Topf erhalten die Gemeinden, auf deren Gemarkungen keine WKA errichtet werden, Ausgleichszahlungen.
In den anderen VGn ist man noch nicht so weit.

Hillesheims Bürgermeisterin Heike Bohn (parteilos)
hat sich von Anfang an für die Schaffung von Solidargemeinschaften eingesetzt und schon mehrfach mit den Ortsbürgermeistern gesprochen. Sie sagt: "Von den Einnahmen profitiert nur eine Gemeinde, mit den negativen Auswirkungen haben mehrere Dörfer zu kämpfen. Nur mit der Solidargemeinschaft kann ein Ausgleich geschaffen werden." Die Einnahmen des Solidarpakts könnten für touristische Projekte oder zur Senkung der VG-Umlage genutzt werden.
Durchschlagenden Erfolg hat Bohn bislang aber nicht gehabt. "Ich gehe von bislang zwei Dörfern aus, die mitmachen." Welche das seien, sagte sie nicht. Dafür aber: "Es gibt Ortsgemeinden, die auf gar keinen Fall mitmachen wollen." Dennoch will sie weiter Überzeugungsarbeit leisten.
Zum FWG-Vorstoß, Solidargemeinschaften per Gesetz vorzuschreiben, hält sie nichts. Sie sagt: "Wir ärgern uns so oft darüber, dass uns Bund und Land Dinge vorschreiben. Daher bin ich dafür, dass wir es vor Ort selbst regeln - auch wenn wir nicht alle ins Boot bekommen."

In die gleiche Kerbe schlägt Matthias Pauly (CDU), Bürgermeister der VG Gerolstein. Er sagt: "Ich vertrete den Grundsatz, dass einer freiwilligen Regelung Vorrang vor einer gesetzlichen Zwangsabgabe einzuräumen ist." Dennoch ist auch er für die Bildung einer Solidargemeinschaft. Er sagt: "Unter dem Gesichtspunkt, dass angrenzende Gemeinden oft Sichtbeziehungen zu Windenergieanlagen hinnehmen müssen, ohne selbst Einnahmen aus Pacht zu erzielen, sind Solidarpakte sinnvoll." Konkret ist in dieser Hinsicht aber noch nichts in der VG Gerolstein.

Das gilt auch für die VG Obere Kyll. Dennoch ist auch Bürgermeisterin Diane Schmitz (CDU) eine Befürworterin des Solidargedankens - und zwar zwischen den Ortsgemeinden und der VG, da diese derzeit gänzlich von den Windkrafteinnahmen ausgeschlossen ist. Sie sagt: "Solidargemeinschaften tragen zur Akzeptanz von Windkraftanlagen bei. Der kommunale Frieden könnte durch eine solche Regelung gewahrt bleiben." Als Mindestbeteiligung schwebt ihr eine Abgabe von 20 Prozent der Pachteinnahmen vor. Zudem ist für Schmitz eine Verlagerung der Aufgaben von den Ortsgemeinden auf die Verbandsgemeinde denkbar. Sie sagt: "Damit könnte eine Verspargelung der Landschaft verhindert werden." Dadurch, dass die Einnahmen der VG zugute kämen, würden auch alle Ortsgemeinden profitieren, "da dann gegebenenfalls die Umlage gesenkt werden könnte".

Werner Klöckner (CDU), Bürgermeister der VG Daun,
die 38 Gemeinden umfasst, schwebt ein etwas anderes Modell vor. Er sagt: "Wir planen im Rahmen einer GmbH mit Mehrheitsbeteiligung der VG und einem starken Partner, selbst Windkraftanlagen zu errichten und zu betreiben. Die Erlöse sollen dann in einen Solidartopf fließen und allen Ortsgemeinden in der VG zugute kommen." Denn: Nach den bisherigen Voruntersuchungen gibt es maximal in einer Handvoll Dörfer Potenzialflächen für WKA. Klöckner geht von einer breiten Akzeptanz aus. sagt: "Sowohl im Haupt- und Finanzausschuss als auch bei den Ortsbürgermeister-Dienstbesprechungen gab es Zustimmung zu unserem Vorschlag."
Die Solidarisierung der Pachteinnahmen sei - weil es um deutlich geringere Beträge geht - in der VG Daun daher auch nur ein Randthema, das "zu gegebener Zeit angesprochen wird", so Klöckner.Extra

Jens Jenssen, Fraktionssprecher der SPD im Kreistag: "Die Vulkaneifel kann durch ihre vielen Standorte mit hoher Windstärke besonders von der Energiewende profitieren. Denn die erneuerbaren Energien bieten die Chance für regionale Wertschöpfung. Damit das gelingt, sind vor allem Betreibermodelle vor Ort wichtig, an denen sich die Kommunen und die Menschen, die hier leben, beteiligen können." Er setzt dabei eher auf freiwillige Zusammenschlüsse als auf "verordnete". Karl-Wilhelm Koch, Kreistagsmitglied Bündnis 90/Die Grünen, befürwortet die Bildung von Solidargemeinschaften, da sich so die Spannungen zwischen Gemeinden verringern oder vermeiden ließen. Koch: "Die Gemeinde, die keine geeigneten Flächen hat, der aber 200 Meter hohe Windräder hart an der Gemeindegrenze drohen", wird sich so sicher eher damit anfreunden können." Und da Windhöffigkeit kein Verdienst einer einzelnen Gemeinde sei, sondern Zufall, sei es auch sinnvoll, die daraus resultierenden Gewinne allen zukommen zu lassen. Er plädiert dafür, dass die Hälfte der Einnahmen in den Solidartopf fließt. Darüber hinaus ist Koch der Einzige, der die FWG-Idee unterstützt, Solidargemeinschaften per Gesetz vorzuschreiben. Ulli Meyer, Kreistagsmitglied der Linken, sagt: "Ich halte die Bildung von Windkraft-Solidargemeinschaften als einzig sinnvolles Betreibermodell, um die Standortvor- und -nachteile für alle Gemeinden des Landkreises gerecht auszugleichen." Er fordert von allen die höchste Abgabe: 70 bis 80 Prozent der Einnahmen. Die Fraktionssprecher Herbert Schneiders (CDU) und Peter Lepper (BUV) wollen sich inhaltlich nicht zum Thema äußern. Begründung: Das Thema sei derzeit nicht Gegenstand von Diskussionen in den Kreisgremien. Das wird nach Worten des CDU-Mannes "notwendigerweise und auch erst sinnvoll der Fall sein können, wenn das Land diesbezüglich seine Hausaufgaben durch entsprechende Rahmensetzung erledigt hat." Schneiders wörtlich: "Im Übrigen habe ich weder heute noch künftig die Absicht, mich mit Vorstößen der FWG zu befassen, wenn sie nicht auch in den Kreisgremien als Anträge gestellt sind." Joachim Kretzer, Kreisgeschäftsführer der FDP, äußert sich ebenfalls nicht, da die FDP-Fraktion das Thema noch nicht diskutiert habe. mh

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