Bürgerinitiative macht Druck in Mainz

Die Bürgerinitiative "Kommunalreform nur mit uns" verleiht ihren Forderungen an die Landesregierung Nachdruck. In einem offenen Brief an Ministerpräsident Kurt Beck, Innenminister Roger Lewentz und die Landtagsabgeordneten verlangen die Mitglieder von den Politikern, sich an ihre eigenen Aussagen zum Thema Bürgerbeteiligung zu halten.

 Will eine Reform ohne Zwangsfusionen: Julia Klöckner (CDU). TV-Foto: Friedemann Vetter

Will eine Reform ohne Zwangsfusionen: Julia Klöckner (CDU). TV-Foto: Friedemann Vetter

Reuth/Kelberg/Mainz. "Die Demokratie lebt durch das Engagement der Bürgerinnen und Bürger. Wir setzen uns daher für die Stärkung und die Weiterentwicklung der repräsentativen Demokratie durch den Ausbau der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger auf kommunaler und Landesebene ein."
Kommunal- Reform


Das ist kein Zitat der Bürgerinitiative zur Kommunalreform, sondern eins von Kurt Beck: Es stammt aus dem Januar 2011 und steht auf der Internetseite des SPD-Landesverbands. "Eine bemerkenswerte Stellungnahme", finden die Vertreter der Bürgerinitiative, zumal die "stärkere direkte Beteiligung in kommunalen Selbstverwaltungsangelegenheiten" auch im Landesgesetz zur Kommunalreform zu finden sei.
In dem offenen Brief, den die Initiative am Dienstag nach Mainz schickte, geht das Zitieren aber noch weiter: So habe auch der grüne Koalitionspartner der SPD stets erklärt, dass "eine Gebietsreform nicht gegen den Willen der Bevölkerung von oben durchgesetzt werden" dürfe. Ähnlich die im Schreiben aufgeführten Aussagen von CDU-Oppositionsführerin Julia Klöckner. Beispiel: "Mit uns wird es eine Verwaltungs- und Kommunalreform ohne Zwangsfusionen geben."
Taten statt Deklarationen


Diesen "Deklarationen", schreibt die Initiative, müssten aber nun auch entsprechende Entscheidungen folgen, in denen Volkes Wille gefälligst zu berücksichtigen sei. "Und am klarsten und eindeutigsten" drücke sich dieser Wille in den Bürgerentscheiden aus, die bereits vielerorts vorgenommen wurden - wie auch in den sechs Gemeinden der Verbandsgemeinde Obere Kyll, deren Einwohner mit deutlichen Mehrheiten für einen Wechsel in die VG Prüm votiert haben (der TV berichtete). Das würde allerdings bedeuten, dass diese Dörfer aus dem Vulkaneifel- in den Eifelkreis Bitburg-Prüm abwanderten - eine Option, der bisher kaum Chancen eingeräumt werden.
Oder doch? Eine dieser sechs Ortsgemeinden ist Reuth: "Der Brief dient dazu, die Politiker an das zu erinnern, was sie bei jeder Gelegenheit von sich geben", sagt Ortsbürgermeister Ewald Hansen. Er habe allerdings den Eindruck, dass der Bürgerwille bislang "nicht richtig ernst genommen wird. Wir hoffen aber noch, dass es in diesem Fall hier anders ist."
Die Initiative fordert deshalb, dass sich die Landespolitiker "auf einen ehrlichen und umfassenden Dialog zum Wohle aller Bürger einlassen". Auf "Zwangsfusionen zur Brechung des Bürgerwillens" sei zu verzichten.
"Wir haben den offenen Brief mit Respekt zur Kenntnis genommen", sagt Joachim Winkler, Sprecher des Innenministeriums. Mehr könne dazu im Moment noch nicht gesagt werden.
Alles Weitere wird zudem vom zweiten Teil des Gutachtens abhängen, das der Kaiserslauterer Professor für Stadt-, Regional- und Umweltökonomie Martin Junkernheinrich verfasst hat. Seine Empfehlungen will die Regierung in "Fusionsvorschläge" einfließen und im Landtag beschließen lassen.
Laut TV-Informationen liegen die Empfehlungen der Landesregierung vor, in diesen Tagen wird das Kabinett darüber beraten. Voraussichtlich in der kommenden Woche sollen dann Junkernheinrichs Ratschläge öffentlich gemacht werden.Extra

Die Bürgerinitiative "Kommunalreform nur mit uns" ist ein Zusammenschluss mehrerer Einzelinitiativen und Gemeinden im Land, die mit dem Verlauf der Reform unzufrieden sind und fürchten, im Zuge von Zwangsfusionen den falschen Partnern zugeschlagen zu werden. Mittlerweile haben sich ihr angeschlossen: die Initiativen "pro Kastellaun", "pro Schweich ", die Verbandsgemeinden Maikammer, Guntersblum, Wallhalben, die Ortsgemeinden Lahr, Mörsdorf, Zilshausen, Neunkirchen, Malborn-Thiergarten und Breit. Aus dem Vulkaneifelkreis sind dabei: der Arbeitskreis "VG Kelberg muss bleiben", die Gemeinden Reuth, Scheid, Ormont, Hallschlag, Kerschenbach und Stadtkyll. Die Mitglieder lehnen Zwangsfusionen ab, wie sie nach Ablauf der Phase für freiwillige kommunale Zusammenschlüsse nun drohen. Sie erwarten, dass die Bürgerentscheide berücksichtigt werden und die Menschen in den Kommunen "Entscheidungen, die unsere Zukunft betreffen, mitgestalten und diese nicht nur passiv hinnehmen müssen". Am Mittwoch, 26. September, 15.30 Uhr, organisiert die Initiative eine Demonstration in Mainz. fpl

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