Burg, Berg, Bürgerhaus, Baugebiet

Gerolstein-Lissingen · Die TV-Dorffotoaktion führt in diesem Sommer durch die Gerolsteiner Stadtteile. Lissingen, das direkt an die Kernstadt grenzt, ist vor allem ein beliebtes Wohndorf. Schlagzeilen macht der Stadtteil vor allem durch die Burg und den Wöllersberg, um die es jahrelang Streit gab. Freude herrscht dagegen oft im Gemeindesaal, in dem fast täglich Betrieb ist.

Gerolstein-Lissingen. 43 Lissinger kommen am Samstag bei hochsommerlichen Temperaturen ans Gemeindehaus, wo der TV zu seiner Dorffotoaktion einlädt. Ortsvorsteher Peter Leuwer hätte sich angesichts von aktuell 704 Einwohnern eine etwas bessere Resonanz erwünscht, er zeigt aber auch Verständnis. "Die Feuerwehr hat über Wochen in ihrer Freizeit in Eigenleistung das neue Gerätehaus neben dem Gemeindehaus gebaut, und die Mitglieder des Sportvereins sind seit Tagen für das Festwochenende rund um Kylltal aktiv auf den Beinen."
Aber: Einige wenige Vertreter der beiden Vereine, neben dem es im Dorf noch den Kirchenchor gibt, sind dennoch da und halten das Fähnchen hoch. Und die Hitze hat einige (die Älteren) vom Kommen abgehalten und andere (die Jüngeren) ins Schwimmbad gelockt. Dort war auch die siebenjährige Mara, die aber vorzeitig zusammengepackt und mit ihrer Mutter ans Gemeindehaus gekommen ist.
Spielplatz saniert


Dort ist die Grundschülerin auch sonst mit ihren Freundinnen Lena (9) und Dana (10) gerne - vor allem, seitdem der Spielplatz komplett auf Vordermann gebracht worden ist. Das war vor rund drei Wochen. Das Highlight: die Seilbahn. Die finden auch Marina Zilligen und ihre beiden Töchter Nele (3) und Jule (5) top. In die gleiche Kerbe schlägt Mama Petra Krüger. Ansonsten schätzt sie an Lissingen "den Zusammenhalt im Ort", und dass man "nach Gerolstein gut zu Fuß gehen kann". Meike Haas, die "schon immer" in Lissingen lebt, meint ebenfalls: "Der Zusammenhalt im Dorf ist einfach klasse, die Feuerwehr und der Sportverein machen richtig was los", sagt sie und verabschiedet sich: "Denn ich muss für Kylltal aktiv noch nen Kuchen backen." Gutes Beispiel für gelebte Dorfgemeinschaft.
Auch für Ortsvorsteher Peter Leuwer, der seit Ende 2012 im Amt ist und im Mai für fünf Jahre wiedergewählt wurde, ist der Zusammenhalt unter den Bürgern und besonders zwischen den Vereinen herausragend. "Das war ja auch mal anders", spielt er auf den langen und heftigen Streit zwischen Sportverein, Ortsbeirat, Stadtrat, den Anwohnern und den anderen Gerolsteiner Fußballclubs an. Dabei ging es darum, dass der Lissinger Hartplatz als zentraler Ausweichplatz genutzt und dafür eine Flutlichtanlage erhalten soll. Mittlerweile ist es so gekommen und hat sich gut eingespielt.
Ärger gab es auch lange um den Wöllersberg und die Unterburg Lissingen. Der Lavaabbau mit all seinen Folgeerscheinungen wie Lärm, Staub, LKW-Verkehr und die Veränderung des Landschaftsbildes war und ist vielen Lissingern ein Dorn im Auge - zumal weder die Stadt noch der Ortsteil Bruchzins kassieren.
Mit der Unterburg ist das bei den Lissingern so eine Sache: Einerseits lockt das historische Gemäuer des streitbaren Patenanwalts Karl Grommes viele Besucher von außerhalb an, die ansonsten nie nach Lissingen gekommen wären. Und die in der Burg nach einer langen Zeit des Leerstands seit zwei Jahren beherbergte Gastronomie empfinden auch die Dorfbewohner als einen echten Gewinn. Andererseits missfällt vielen Dorfbewohnern der bauliche Zustand des Gemäuers und vor allem des an den Torbogen angrenzenden Hauses. "Das ist der Schandfleck des Dorfes", sagt eine ältere Bewohnerin, die aber nicht genant werden möchte. Und erhält für diese Aussagen kopfnickende Zustimmung ringsum.
Schandfleck des Dorfes


Wie es mit der Burg, die mittlerweile unter Zwangsversteigerung steht, weitergeht, wissen auch die Lissinger nicht. Sie hoffen aber vor allem auf eine optische Aufwertung, und dass das Gemäuer weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich bleibt.
Im Gemeindehaus, dessen Umbaukosten ebenfalls für Diskussionen in der Stadt gesorgt haben, sind die Türen fast jeden Tag geöffnet: Da treffen sich regelmäßig Gesangs-, Tanz- und Gymnastikgruppen. Besonders beliebt ist der Seniorencafé, den Ortsvorsteher Leuwer vor gut einem Jahr ins Leben gerufen hat. Einmal im Monat treffen sich die älteren Mitbürger bei Kaffee und Kuchen. Doch nicht nur das: "Wir singen gemeinsam alte Lieder, tragen Gedichte vor und hören uns Witze an. Darauf freuen wir uns immer schon lange", sagt Elsa Schellen. Irmgard Durry schätzt, dass regelmäßig "drei Dutzend Teilnehmer" dabei sind, und Elfriede Himmes betont, "dass wir auch keine Sommerpause wollen".
Auch am Tag des Fototermins ist was los im Gemeindehaus, etwas ganz Besonderes: Daniel und Melissa Brandscheidt feiern ihre Hochzeit - und sie kommen gerne der Bitte nach, auch mit aufs Foto zu kommen. Ein feiner Zug!Extra

Lissingen hat 704 Einwohner, verteilt auf 256 Haushalte. Im Stadtteil sind noch eine Kneipe und ein Restaurant geöffnet. Laut Ortsvorsteher Peter Leuwer gibt es derzeit einerseits fünf Leerstände im Dorf, andererseits warten noch rund 300 Baustellen auf Käufer - darunter etwa zehn kommunale. Außerdem sagt Leuwer: "Was viele nicht vermuten: Wir haben hier etwa 100 Jobs im Ort. Dafür sorgen vier Speditionen und rund zehn Handwerksbetriebe." Und dabei ist die Bundeswehr mit ihrer Kaserne Auf windiger Höhe nicht eingerechnet. mh

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