Cora, Timo, Lars und all die anderen

Eine eindrucksvolle Fotoausstellung des New Yorker Fotografen Michael Reh von Drogenabhängigen einer Hamburger Selbsthilfegruppe ist bis zum 3. Juli im Rahmen der bundesweiten Suchtwoche in den Kliniken Daun zu sehen. Zur Eröffnung kam Fernsehmoderatorin Lilo Wanders, die sich selbst für Suchtkranke engagiert.

Daun. (HG) Im Großformat präsentieren sich Cora, Werner, Lars, Claus, Timo, Jens, Nicole, Peter, Hans- Joachim, Tanja und Jörg dem Betrachter und das von zwei Seiten. Einmal in ihrer alltäglichen Erscheinung, wo man ihre Sucht, Abhängigkeit und Niedergeschlagenheit sieht. Dann, nach einem Styling und mit Make-up versehen, in ganz anderer Art und Weise, die ihre Wünsche und Sehnsüchte darstellt und sie in ihrer Normalität wiedergibt.Die meisten Mitbürger würden achtlos vorbeigehen

Jedes Bild erzählt eine Geschichte von Leid, Trauer und Elend. Der New Yorker Fotograf Michael Reh nennt sein Projekt "Traffic" und fotografierte in Zusammenarbeit mit der flexiblen Substitutionsbegleitung "SUBway e.V. Hamburg" drogenabhängige und substituierte Männer und Frauen im Alter von 16 bis 65 aus Hamburg, die von "SUBway" begleitet werden. Herausgekommen sind eindrucksvolle, sinnliche, sensible und überaus schöne Bilder von Menschen, an denen die meisten Mitbürger einfach vorbei gehen, wenn sie sie am Boden sitzen sehen. "Süchtige stehen immer im Abseits. Sinn dieser Ausstellung ist es zu zeigen, wie schön auch sie sind", erläuterte Walter Roeb-Rienas, Chefarzt der Dauner Kliniken. Martin Drenda, Vorsitzender des Kreuzbundes Daun und Mitarbeiter der Kliniken Daun, der sich mit Illustrationen und Infomaterial auch an der Ausstellung beteiligte, wies darauf hin, "dass Hilfe für Süchtige selbst in scheinbar ausweglosen Situationen möglich ist".Nicht als Staffage der Ausstellung, sondern als engagierte Helferin war die TV- Moderatorin Lilo Wanders (alias Ernst "Erni" Johann Reinhardt), die vor Jahren mit der Sendung "Wa(h)re Liebe" für Furore sorgte, eigens aus Hamburg für drei Tage nach Daun gekommen, um die Ausstellung zu eröffnen und zu begleiten. Die ehemalige "Sextante der Nation" (O-Ton Lilo Wanders) hat Kontakt mit einem Mitglied von "SUBway" und erklärte sich bereit, ihre Popularität zur Hilfe für den Verein einzusetzen. "Im ersten Moment war auch ich über diese Junkies schockiert. Aber dann ist mir klar geworden, dass uns gar nicht so viel trennt und man schnell auf der anderen Seite ist", erklärte Lilo Wanders.Den Bruder im Abhängigen erkennen

Seit sieben Jahren engagiert sich Wanders nun für "SUBway", und dies hat auch ihre Sicht der Dinge verändert. "Die äußere Verelendung der Drogenabhängigen wirkt zuerst einmal abstoßend. Früher hatte ich auch Angst vor ihnen. Doch seitdem ich mich für die Betroffenen engagiere, ist diese Angst verschwunden. Außerdem gehe ich nicht mehr so einfach an diesen Menschen vorbei." Mit der Fotoausstellung will Fotograf Reh jenen Menschen Respekt erweisen, die (derzeit) auf der untersten Sprosse der Gesellschaft leben. Lilo Wanders ergänzt: "Die Fotos sollen zum Nachdenken anregen. Es geht darum, den Bruder oder die Schwester in den Abhängigen zu sehen und dem Menschen hinter dem Bild seine Würde wieder zu geben." Bis zum 3. Juli ist die Ausstellung in Daun zu sehen. Die nächsten Stationen sind Wien und Lissabon.

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