Das Ende der Eiszeit in Zermüllen

Kelberg-Zermüllen · Im Kelberger Ortsteil Zermüllen wird für 60 000 Euro das Gemeindehaus umgebaut. Dabei wird auch der Raum, in dem sich bis vor kurzem eine öffentliche Gefrieranlage befand, umgestaltet. Das "Kühlhaus" in dem Dorf mit 200 Einwohnern ist nun Geschichte.

Kelberg-Zermüllen. Allein die Isolierung der 48 Gefrierfächer brachte 1,2 Tonnen auf die Waage, als im Rahmen eines Freiwilligeneinsatzes die Kühlanlage abgebaut und in ihre Bestandteile zerlegt worden ist. Ein Element mit drei Türen rettete Ortsvorsteher Josef Weber vor der Verschrottung. "Es wird in dem neuen Gemeinschaftsraum an der Wand befestigt, um an die Kühlhaus-Zeit\' zu erinnern", sagt er.
Eine gute Idee. Denn mit dem Abschalten der Gefrieranlage am 31. Dezember 2010 und ihrer Beseitigung endet eine knapp 50-jährige Tradition, die für die Dörfer in der Eifel typisch war.
1962 war in der Zermüllener Bachstraße das kommunale Kühlhaus in Betrieb genommen worden. Die 48 Fächer waren im Nu vergeben; manche Familien mieteten zwei. Zuletzt war nur noch die Hälfte belegt. "Die Nachfrage nahm trotz der geringen Nutzungskosten von 35 Euro im Jahr immer mehr ab", berichtet Josef Weber. "Und ich hatte oft Sorge, dass die Technik eines Tages versagt, und die Leute innerhalb von ein paar Stunden ihr Gefriergut irgendwo unterbringen müssen." Besonders spannend sei es immer gewesen, wenn die Anlage im Abstand von zwei bis drei Jahren zur Enteisung komplett abgeschaltet und dann wieder hochgefahren worden sei. Wenn alles gut ging, fiel Josef Weber ein Stein vom Herzen. Denn eine teure Reparatur hätte sich nicht mehr gelohnt.
Schließlich kam das Aus ganz ohne Stress. Weber kündigte den Inhabern der Fächer im Herbst 2010 an, dass Ende des Jahres Schluss sei. In Waschkörben trugen die Leute die gefrorenen Lebensmittel aus dem Kühlhaus - auch Gisela Faber, die 1966 nach Zermüllen kam und seither in unmittelbarer Nachbarschaft des Kühlhauses lebt. "Wir hatten die Fächer 34 und 37 direkt nebeneinander." Das Kühlhaus sei eine optimale Sache gewesen, erklärt sie - "mit viel Platz, einem geringen Jahresbeitrag und ohne Wartungs- und Reparaturkosten." Als Familie Faber noch eine kleine Nebenerwerbslandwirtschaft betrieb, war in den Kühlfächern genug Platz für zwei geschlachtete Schweine auf einmal. "Und dazu für vieles aus dem Garten", sagt die 71-Jährige, die das Ende der Kühlhaus-Zeit auch noch aus einem anderen Grund bedauert: "Es war ein Treffpunkt für uns Frauen. Da ist so manches Schwätzchen gehalten worden."
Bis Ende des Jahres soll der Umbau des Gemeindehauses noch dauern. Heizung und Sanitäranlagen werden erneuert, es wird ein behindertengerechter Zugang geschaffen, und dort wo die Kühlfächer standen, entsteht ein Gemeinschaftsraum, in dem bis zu 40 Personen Platz haben.Gemeinde-Gefrieranlagen waren eine Errungenschaft der 60er Jahre. In der VG Kelberg bauten 13 Gemeinden in dem Jahrzehnt ein Kühlhaus: Arbach, Berenbach, Boxberg, Gelenberg, Hörschhausen, Katzwinkel, Kelberg-Zermüllen, Kirsbach, Lirstal, Sassen, Reimerath, Retterath und Uersfeld. Die Anlage in Zermüllen war die vorletzte, die noch in Betrieb war. Nun gibt es nur noch eine in Kirsbach. bb

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