"Das Haus hätte gerettet werden können"

STROTZBÜSCH. Das Altenheim "Schau ins Tal" des Senioren-Hilfswerks (SHW) bei Strotzbüsch ist geschlossen worden. Das Insolvenzantragsverfahren ist eingeleitet, alle Hausbewohner wurden von der Heimaufsicht in andere Seniorenheime oder zu ihren Angehörigen gebracht.

An der Infotafel hingen schon drei Geburtstagstermine für den Oktober. Direkt daneben ein Fax von Hans Stenshorn aus Badem: "Eine letzte Nachricht an euch alle. Euch hätte ich meine Mutter gerne gelassen. Ich bin tief traurig, denn es verlieren sich jetzt viele Menschen auf einmal und verstreuen sich in alle Winde". Die Leid tragenden sind nicht nur 23 Hausbewohner, sondern auch 27 Mitarbeiter, die in die Arbeitslosigkeit gehen, und eine erst kürzlich eingesetzte Geschäftsführung. 1998 war Zulassung entzogen worden

Das ehemalige Hotel in der Nähe von Strotzbüsch ist seit Anfang der 80er Jahre ein Altenheim und gehört Bernhard Engel, Sohn des früheren Hotelbetreibers. Weiterverpachtet wurde das Objekt damals an Hartmut Garenfeld, der ein Altenheim daraus machte. 1998 wurde ihm wegen Unzuverlässigkeit und baulicher Mängel von der Heimaufsicht Trier die Zulassung für das Altenheim entzogen. Aus dieser Not übernahmen Mitarbeiter das Haus, das als gemeinnütziges Senioren-Hilfswerk (SHW) weitergeführt und wiederum von Garenfeld gepachtet wurde. Doch auch diese Konstellation erwies sich als schlecht. Es gab interne und persönliche Reibereien in der Hausleitung und auch unter den Mitarbeitern. Seit 2000 hatte das SHW als neuen Verpächter eine englische Firma, hinter der aber wieder Garenfeld stand. Am 14. Juli dieses Jahres erklärte die Vorsitzende des SHW, Michaela Gresser, ihren Rücktritt. Das Durcheinander im Haus spiegelte sich auch im Geschäftsgebaren wider. Es gab keine richtige Verwaltung und Buchhaltung, niemand wusste, welche Vorschriften und Gesundheitsauflagen in einem Altenheim eingehalten werden mussten. Wo die Erträge aus der Altenpflege sind, ist unklar. Rücklagen wurden keine gebildet, die letzte offizielle Bilanz stammt von 1998/99. Hausbesitzer Bernhard Engel vermutet hinter dem ganzen Gebilde aus SHW und Garenfeld sogar ein Steuerumgehungsmodell. Anfang Juli wurde Uwe Koziolek als Heim- und Pflegedienstleiter angestellt. Der Anfang wurde ihm nicht leicht gemacht. Peter Ehses, Pressesprecher des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung aus Mainz: "Das Altenheim stand schon viele Jahre wegen kleiner Mängel, die nie abgestellt wurden, unter Beobachtung". Die Heimaufsicht warf dem SHW Unzuverlässigkeit vor, da es Mängel im Pflegebereich gebe, eine ordnungsgemäße Dokumentation und eine Nachvollziehung von Abrechnungen fehle. Daraufhin kündigten die Krankenkassen ihren Vertrag mit dem Haus auf und stellten die Zahlungen ein. Vor dem Verwaltungsgericht konnte Uwe Koziolek diese Vorwürfe zwar teilweise entkräften, so dass die Krankenkassen ein weiteres Jahr bezahlen wollten, aber von einer baldigen Schließung des Altenheimes war schon damals die Rede. Gehälter konnten nicht mehr bezahlt werden

Da der Träger, das SHW inzwischen aber nicht mehr handlungsfähig war, stellte Koziolek am 15. September beim Amtsgericht einen Antrag auf einen Notvorstand und wurde als Geschäftsführer bestimmt. "Als wir angefangen haben, bestand kein Vertrag mehr. Es gab den Ärger mit der Heimaufsicht wegen der Abrechnungen und mit dem Gesundheitsamt wegen Kolibakterien im Wasser", erzählt er. Die Bombe platzte, als erkennbar war, dass die SHW nicht mehr in der Lage war, die Gehälter zu zahlen. So beantragte Koziolek am 23. September pflichtgemäß beim Amtsgericht Wittlich die Insolvenz. Die SHW löste sich auf, so dass dem vorläufigen Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Hans-Albrecht Brauer aus Daun, auch noch der Unternehmensträger abhanden gekommen ist. Brauer war in einer ersten Stellungnahme der Meinung, "dass man das Haus hätte retten und die Probleme im Rahmen der Insolvenz lösen können". Der Führung um Uwe Koziolek sei auch nichts vorzuwerfen. Ein Gutachten über die Betriebsmasse muss erstellt werden, um festzustellen, ob überhaupt ein Insolvenzverfahren eröffnet werden kann. Als die Heimaufsicht vom Insolvenzantrag erfuhr, schloss sie das Haus sofort. Die Bewohner wurden in Altenheime in Ulmen, Kröv, Polch, Mehren oder bei Angehörigen untergebracht. "Das Schlimme ist, dass man meiner Meinung nach etwas hätte machen können. Das Haus ist absichtlich vor die Wand gefahren worden. Es ist eine Schweinerei, was hier gelaufen ist", wirft Koziolek den Verantwortlichen vor. So hat er eine Liste von Forderungen an verschiedene Verwaltungen, Krankenkasse, Arbeitsamt und Privatpersonen aus dem Jahr 2000, die allein 72 770 Euro umfasst. "Dieses Geld einzufordern, wurde vom SHW versäumt. Jetzt ist es nicht mal mehr sicher, ob die Gelder im Nachhinein noch eingeklagt werden können. Wenn man diese Forderungen geltend gemacht hätte, wäre zumindest Liquidität vorhanden gewesen, und man hätte mit einer Bank verhandeln und eine solide Finanzierung aufstellen können. Aber so weit wir sind ja gar nicht gekommen", klagt Koziolek. Und diese jetzigen Zahlen seien noch nicht einmal endgültig. Verhandlungen über Übernahme laufen

Von den vergangenen Jahren liege noch keine Bilanz vor, sie soll noch erstellt werden: "Wenn die steht, sind das noch höhere Zahlen". Enttäuscht ist er vom Verhalten des Eigentümers Bernhard Engel. "Vor kurzem war er noch hier und sagte, dass wir das Haus bekommen würden. Denn man hätte eine stille Übernahme innerhalb der Insolvenz machen können. Meine Mitarbeiter und ich hätten es gerne übernommen. Aber plötzlich ging alles den Bach hinunter." Engel erklärt: "Herr Koziolek hätte es bestimmt gut gemacht, aber er kam zu spät. Es haben sich juristische Probleme heraus gestellt. Ich habe danach einen soliden Betreiber gesucht und mich an Frau König gewendet." Katja König betreibt in Mehren das Seniorenhaus Helena. Auf TV -Anfrage erklärte sie, dass sie das Haus gerne übernehmen würde, "wenn die Rahmenbedingungen stimmen". Seit drei Wochen sei sie in Verhandlungen mit Bernhard Engel. Zur Zeit ist das Strotzbüscher Altenheim auch noch im Umbau. Neben dem Neubau, der nach Aussage von Bernhard Engel von ihm finanziert wurde, sollte der Dachstuhl des gesamten Hauses noch erweitert werden und notwendige Umbauten im Haus wurden begonnen.

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