"Das ist für die Toten"

MEHREN. Die Grundschule Mehren ging zu Wochenbeginn nicht gleich zur Tagesordnung über: Die Kinder hatten die Möglichkeit, ihre Solidarität mit den Opfern der Geiselnahme in Russland zu zeigen. Im Foyer der Schule wurde dazu eine kleine Gedenkstätte eingerichtet.

In der Klasse 4b könnte man die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören: Aaron, Lena, Jannik und die anderen Kinder sprechen über die schrecklichen Folgen der Geiselnahme in einer Schule in Russland mit mehr als 300 Toten, viele von ihnen Kinder. Schulleiter Joachim Mauer hatte das Lehrerkollegium vor Unterrichtsbeginn gebeten, mit den Kindern in angemessener Weise über den Terrorakt zu sprechen, der Opfer zu gedenken, für sie zu beten und die Kinder ihre Gedanken aufschreiben oder malen zu lassen.Bedrückend und befreiend

Jetzt - um halb zwölf - hat sich die von Rektor Mauer und der stellvertretenden Schulleiterin Beatrix Fochs vorbereitete Gedenkstätte im Foyer der Schule in ein bedrückendes und zugleich befreiendes Dokument der Solidarität von Kindern verwandelt. Ein Tisch ist mit einem schwarzen Tuch bedeckt, darauf steht ein Blumenstrauß, eine Kerze brennt. An einer Tafel sind Zeitungsfotos und ein offener Brief des Schulleiters angebracht: "Diese Kerze brennt für über 300 Schüler, Lehrer und Eltern, die am Freitag in ihrer Schule in der russischen Stadt Beslan bei einer Geiselnahme auf schreckliche Art und Weise getötet wurden." Am Ende appelliert Mauer an die Kinder: "Zeigt euer Mitgefühl, indem ihr ein Bild malt oder etwas aufschreibt." Kai aus der Klasse 2b hat ein Kreuz, Blumen, Kerzen und einen Baum, in dem ein Vogel im Nest sitzt, gemalt. "Das ist für die Toten", hat er darüber geschrieben. Seine Klassenkameradin Fatme sagt: "Ich finde das schrecklich, dass die Geiselnehmer das machen. Ich möchte das nie miterleben." Britta aus der Klasse 4b hat sich so Luft gemacht: "Das war gemein. Solche Leute sollte es nicht geben." Und Saskia, ebenfalls aus der 4b, wünscht mit ihrem Bild "den Eltern und Familien alles Gute". Im Klassenzimmer erzählt das Mädchen, wie sie sich gewundert habe, als sie am Morgen den Tisch mit der Kerze und den Blumen bemerkt habe. "Ich habe mir alles durchgelesen. Und ich bin froh, dass es hier so etwas nicht gibt." Aaron dagegen hatte gleich Bescheid gewusst. "Ich hatte das Schreckliche schon in den Nachrichten gesehen." Auch Isabel hatte Fernsehen geguckt. "Ich bin aber weggelaufen, ich wollte es nicht sehen. Jetzt bin ich froh, dass wir in der Schule darüber gesprochen haben." Oliver sagt mit leiser Stimme: "Als wir heute Morgen mit Frau Koch gebetet haben, sind mit die Tränen gekommen." Daniel erinnert sich an ein Zeitungsfoto, auf dem eine Mutter mit einem Kind auf dem Arm sehr wütend aussieht. Und Anna-Lena fragt: "Wie sind die nur auf so eine furchtbare Idee gekommen?" "Wünschen wir uns, dass wir nie so etwas oder Ähnliches erleben müssen, und seien wir für jeden Tag dankbar, an dem unsere Schule friedlich und frei von Terror ihren Bildungsauftrag erfüllen kann", hat Mauer in einem Brief an das Lehrerkollegium geschrieben.

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