"Das klappt einfach wunderbar"

NEROTH. Rundum zufrieden: Seit knapp einem halben Jahr werden in der Grundschule Neroth die fünf Erstklässler gemeinsam mit den Zweitklässlern unterrichtet. Die Bilanz zur kreisweit (noch) einmaligen Einrichtung fällt unter den betroffenen Schülern, Lehrern und Eltern durchweg positiv aus.

"Es macht Spaß, mit den Großen in eine Klasse zu gehen, und es macht Spaß, mit ihnen zu spielen", sagt der sechsjährige Yannick Schüller, einer von fünf Erstklässlern der Nerother Kombi-Klasse. Und er fügt stolz hinzu: "Mit meinen Hausaufgaben bin ich immer schnell fertig." Auch seine Klassenkameradin Verena Kröger (sieben Jahre), die zu den "Großen" gehört, sagt: "Ich mache immer gerne meine Hausaufgaben, und in unserer Klasse ist es mir nie langweilig." Diese Meinung teilt auch Schulleiterin Helga Wallenborn (60), die zugleich die Kombi-Klasse unterrichtet. Ihr Urteil nach knapp einem halben Jahr mit der so genannten altersgemischten Klasse: "Das klappt wunderbar." Ihre Zauberformel, um sowohl den jüngeren als auch den älteren Schülern und deren Wissensdurst gerecht zu werden, lautet "differenzierter Unterricht". In der Praxis sieht das nach Worten der Lehrerin so aus: "Ich gebe ein Thema - zum Beispiel Weihnachtswünsche - vor, und dann müssen die Kleinen ihre Antworten malen, und die Großen schreiben sie auf." Für die 2. Klasse würde sie dann oftmals noch weiter gehende Aufgaben stellen. In diesem Fall hätten die Kinder aufschreiben sollen, welche dieser Wünsche kein Geld kosteten. "Als dann die Großen ihre Ergebnisse vorgetragen haben, haben sich die Kleinen sofort eingemischt, denn sie wollten auch sagen, was ihnen einfiel, und schon ist eine rege Diskussion entstanden. Das war eine sehr gelungene Kombi-Stunde." Die erfahrene Pädagogin erzählt von Stunden, in denen sich "Eigendynamik" entwickele - und fragt: "Weshalb sollte ich die Kleinen dann bremsen? Nur weil das so im Lehrplan noch nicht vorgesehen ist?" Überfordert würden die Kinder ihrer Erfahrung nach dadurch nicht. Wenn dies der Fall sei, würden sie nicht mehr aufzeigen oder ein langes Gesicht machen. Die Gefahr der Überforderung sieht auch Elternsprecherin Anke Koch nicht. Sie sagt: "Ich erwarte einfach von der Lehrerin, dass sie individuell auf die Schüler eingeht. Und wir merken ja, dass alles sehr gut klappt." Klassenelternsprecherin Christa Schüller ist - nach anfänglicher Skepsis - ebenfalls rundum überzeugt. Sie berichtet: "Wenn ich mit anderen Müttern spreche, merke ich, wie weit unsere Kinder sind. Ein ganz schön hohes Niveau." Ihre Erklärung, dass es trotzdem funktioniert: "Kleine Kinder sind ungeheuer aufnahmefähig." Grundsätzlich ist es so, dass die Erstklässler erstens zusammen sitzen und zweitens vier Stunden gesonderten Leseunterricht haben - ohne die Großen. In dieser Zeit werden die Älteren von einer andern Lehrerin unterrichtet. Auch während des Unterrichts wird nicht alles gemeinsam gemacht. So gibt es Stunden, in denen die Zweitklässler lesen und die Schulneulinge Schreibübungen machen. Und das geht? Helga Wallenborn nickt und sagt: "Ich spreche dann ganz leise mit den Kleinen." Schulelternsprecherin Koch pflichtet ihr bei: "Schließlich sollen die Kinder auch lernen, sich zu konzentrieren." Und auch für die älteren Schüler bringt die Kombi-Klasse nach Ansicht der Lehrerin und der Elternvertreter Vorteile, da sie nun oftmals eine Vorbildrolle einnehmen würden. "Meine Tochter Verena macht mittlerweile ihre Hausaufgaben ganz alleine - und schnell. Das war bislang nicht immer so, da sollte die Mama immer helfen", sagt Klassenelternsprecherin Brigitte Kröger. Doch bald ist Schluss mit der Kombi-Klasse, denn laut Schulleiterin Wallenborn soll sie in anderthalb Jahren wieder gesplittet werden: "Wenn die fünf Erstklässler in die Drei kommen, trennen wir." Zum einen sollten die Älteren dann zum Abschluss geführt werden, zum anderen hätten die Jüngeren dann bereits genügend Kontakte und Bindungen in der Schule aufgebaut. Die neue Kombi-Klasse, in der die fünf Kinder dann die Älteren sind, soll dann bis zum Abschluss erhalten werden.

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