Das Wunder vom Mühlenberg

Daun · Als alliierte Truppen am 2. Januar 1945 die Stadt Daun bombardierten, legten sie auch die Nikolauskirche in Schutt und Asche. Dabei zerstörten sie den Marienaltar aus dem Jahr 1670. Er wurde von einem Dauner Bürger als Dank für ein Wunder errichtet.

 Das Foto entstand um 1920. Es zeigt den Innenraum der barocken Pfarrkirche St. Nikolaus Daun um das Jahr 1920; der Marienaltar befand sich rechts hinter dem Pfeiler. TV-Foto: Archiv Alois Mayer

Das Foto entstand um 1920. Es zeigt den Innenraum der barocken Pfarrkirche St. Nikolaus Daun um das Jahr 1920; der Marienaltar befand sich rechts hinter dem Pfeiler. TV-Foto: Archiv Alois Mayer

Daun. Am 2. Januar 1945 wird die Nikolauskirche in Daun durch Bomben bis auf Teile des Turms und die Krypta zerstört. Dabei verschwindet auch ein alter Altar - für immer. "Dieser Altar wurde im Jahre 1670 von Johann Balthasar Bolen und Gertrud, geborene Zieglein, errichtet", lautet eine in Stein gemeißelte lateinische Inschrift. Über diesem Marienaltar hingen große Ketten aus Eisen, die Zeugnis ablegten für ein Ereignis, das wahrlich einem Wunder gleicht.
Stadt geschichte(N)


1663 bricht der erste von mehreren Türkenkriegen aus. Große Not und Bedrängnis befallen die europäischen Völker, als die Türken raubend und mordend die Städte und Dörfer im habsburgischen Reich verwüsten und eine breite Spur des Todes und der Vernichtung hinterlassen.
Kaiser Leopold I. bittet alle deutschen Reichsfürsten und ganz Europa, ihm zur Waffenhilfe zu eilen. Der Dauner Graf zögert nicht lange, lässt eine Truppe Männer im waffenfähigen Alter zusammenstellen, sie mit Waffen, Proviant und Pferden ausrüsten und zum Abmarsch bereithalten. Zu diesem Waffendienst gerufen ist auch Johann Balthasar Bolen, ein rechtschaffener und wohlangesehener Bürger der Stadt. Sein Wohnhaus hat er am Fuße der Dauner Burg, in der sogenannten Herrenmühle.
Tapfer streitet Bolen gegen die Türken. Aber er kann nicht verhindern, dass er gefangen genommen und als Sklave an einen türkischen Bauern verkauft wird. Bolen durchlebt harte und traurige Zeiten. Wie ein Tier muss er arbeiten, den Pflug ziehen, mit Hacke und Spaten graben und das Wasserrad drehen. Wie ein Tier schläft er im Stall auf Stroh und wird selten satt von den Essensabfällen und der dünnen Suppe. Wie ein Tier wird er behandelt, spürt allzu oft die Fußtritte und den Schlagstock seines Besitzers.
Johann Balthasar Bolen, abgemagert, von Krankheit, Hunger und Elend gezeichnet und von schrecklichem Heimweh gepeinigt, findet nur mehr Kraft im Gebet. Sein unerschütterlicher Glaube an Jesus gibt ihm in den Stunden der tiefsten Verzweiflung stets Trost und Gewissheit, dass er zumindest im Gebet zu Gott seiner Familie und seinem Heimatort Daun am nächsten war.
Und so fleht er eines Abends erneut zur Schmerzhaften Muttergottes und gelobt ihr, einen Altar zu stiften, wenn er wieder seine Freiheit erlange. Dann dreht er sich auf seinem Strohlager zur Seite, spürt die scheuernden Ketten. Und dann ist ihm, als hätte er einen wunderschönen Traum. Er fühlt sich auf einmal so leicht und schwebend, allem Schweren und Schmerzenden entrückt, enge Räume sprengend und Länder, Meere und Berge überquerend. Glocken füllen seine Ohren mit wohltuendem Klange und machen ihn erschauern. Immer lauter wird das Geläute, und darüber erwacht Johann Balthasar Bolen. Er öffnet die Augen. Das Licht tut ihm weh. Er blinzelt und dann ist er mit einem Schlag hellwach ...
Dank an Muttergottes


Die Glocken sind Wirklichkeit. Es sind die Glocken der Dauner Pfarrkirche. Johann Balthasar Bolen befindet sich nicht mehr in türkischer Gefangenschaft, sondern steht auf dem Mühlenberg, gar nicht weit entfernt von seinem Elternhaus. Ergriffen kniet er nieder, dankt inbrünstig dem Himmel und besonders der Muttergottes. Er macht sein Gelübde wahr, stiftet jenen Altar und lässt dort die schweren Eisenketten anbringen, als sichtbares Zeichen für seine wundersame Rettung aus türkischer Sklaverei.

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