Dem Luchs auf der Spur

Gerolstein/Daun/Wittlich · Gesehen haben ihn die Wenigsten, denn er ist scheu. Vor rund 200 Jahren war der Luchs in der Eifel und im Pfälzer Wald ausgerottet. Die Überraschung kam in den Neunzigern: Ein Luchs zeigte sich in der Region Ahr-Eifel. Mittlerweile leben wieder sechs Tiere in der Eifel. Sie haben Unterstützer: die Luchsberater.

Gerolstein/Daun/Wittlich. Seit sieben Jahren verfolgt Hubertus Becker, der gelernter Förster ist, im Vulkaneifelkreis die Entwicklung der Luchse. Das Revier des Luchsberaters erstreckt sich von Daun bis nach Gerolstein, und auch ein Stück des Kreises Bernkastel-Wittlich gehört dazu. Dort leben vermutlich sechs der Pinselohrkatzen in einem Reich von mehr als 100 Quadratkilometern.
Selten kann man sagen, wo genau sie stecken. Das geht auch dem Fachmann Becker so. Er weiß über Jagd- und Fortpflanzungsverhalten und den Körperbau der Tiere Bescheid.
Zudem informiert er die Bevölkerung. Auch ein detektivischer Teil zählt zu seinen Aufgaben: Vorsichtig bewegt er sich durch den Wald. Seine Augen suchen jeden Winkel nach Spuren ab. Er achtet auf winzige Details, denn ein paar Haare, die an einem Zweig oder Grashalm kleben, können den Nachweis bringen. Sie verraten, ob ein in der Vulkaneifel lebender Luchs hier war.
Wichtig ist, dass Becker zeitnah gerufen wird. Alles soll so bleiben, wie es war. "Das ist wie bei CSI, bitte keine Spuren zertrampeln", erklärt der 49-Jährige. Bauern und Jäger melden sich bei Becker, wenn sie den Verdacht haben, einen Luchs gesehen zu haben oder vermuten, er habe ein Nutztier gerissen.
Das tote Reh liegt mitten auf dem Weg. Verschiedene Tiere haben am Kadaver gefressen. Anhand einer Bisswunde herauszufinden, wer das Tier getötet hat, ist unmöglich. Denn dafür ist zu wenig von dem Reh übrig. Dennoch hat Becker Glück.
In der Nähe des Kadavers ist das Gras niedergedrückt. Hier könnte die Liegestelle eines Luchses sein.
Tatsächlich: Zwischen Erde und Grashalmen findet er Haare. Sorgsam packt er sie ein, um sie nach Berlin ins Labor zu schicken.
Ein Überraschungsjäger

 Mit dieser Wärmebildkamera nimmt Luchsberater Hubertus Becker Tiere auf. Sie hängt an einem Baum im Wald und nimmt auch nachts auf. Gerne würde er bald Bilder von einem Luchs sehen. TV-Foto: Juliane Renk

Mit dieser Wärmebildkamera nimmt Luchsberater Hubertus Becker Tiere auf. Sie hängt an einem Baum im Wald und nimmt auch nachts auf. Gerne würde er bald Bilder von einem Luchs sehen. TV-Foto: Juliane Renk


Zunächst werden die Haare aber in der Forschungsstelle in Rheinland-Pfalz voruntersucht, denn der Luchsnachweis ist teuer. Nur wenn das Ergebnis unter dem Mikroskop bereits vielversprechend ist, schickt der Biologe die Haare weiter zur genetischen Untersuchung.
In drei Monaten kann Becker mit einer E-Mail rechnen. Dann wird der ehrenamtliche Luchsberater Gewissheit haben.
"Im Wald Haare zu finden, ist ein Highlight", sagt Becker und lacht. Denn häufig gibt es kein Beweismaterial, sondern nur Vermutungen. Wenn er einen Abdruck sieht, der infrage kommt, fotografiert er ihn. Maßband oder Zollstock legt er daneben, um die Größe nachzuweisen.
Der Luchs ist ein Überraschungsjäger. Er sprintet eine Strecke zwischen 15 und 20 Metern und tötet das Tier durch einen Kehlbiss. An den Muskeln seiner Beute beginnt er zu fressen. Innereien, Skelett und Kopf lässt er unangetastet zurück.
Nicht alle Eifeler begeistern sich für den Luchs. Daher wirbt Becker auch bei Bauern und Jägern für Verständnis. Manche befürchten, dass der Luchs Nutztiere oder das Jagdwild reißt. "Jedes Tier hat seinen Lebensbereich. Der Luchs lebte hier früher und wurde durch menschliche Dummheit ausgerottet. Er kann konfliktfrei in unserem Lebensraum leben", erklärt Becker.
Doch er weiß auch: "Der Wald ist groß, still und schweigt, wenn Abschüsse bei Nacht und Nebel passieren." Daher ist seine Aufklärungsarbeit wichtig. Für Becker ginge ein Traum in Erfüllung, wenn eines Tages in der Eifel geborene Luchse leben würden.Wenn Luchse Nutztiere von Landwirten reißen sollten, können die Betroffenen über einen Fonds des Landes Rheinland-Pfalz eine finanzielle Entschädigung fordern. Zunächst muss das jedoch von einem Luchsberater bestätigt werden. Die ersten Luchse wurden in den 90er Jahren in der Region Ahr-Eifel gesichtet. Heute leben etwa sechs Tiere in Nordrhein-Westfalen und Teilen der rheinland-pfälzischen Eifel. Der Lebensraum von weiblichen Luchsen ist etwa 100 Quadratkilometer groß, das Revier der männlichen Tiere sogar 200. Luchsberater in der Eifel: Hubertus Becker (Gerolstein), Telefon 0160/97964000 oder E-Mail: Hubertus.Becker@ sgdnord.rlp.de; Ingrid Büttner (Prüm), Telefon 06555/900623, 016093488279, E-Mail: wieselfilm@t-online.de; Martin Manheller (Hillesheim), Telefon 06593/711 oder 0151/18014044 oder E-Mail an Martin.Manheller@wald-rlp.de jur

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