Der Bauklötzchenfall: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen 14-Jährigen - Vater wirft Ermittlern Steuergeldverschwendung vor

Daun/Trier · Ein Vater aus der Vulkaneifel wirft der Staatsanwaltschaft Trier vor, "Langeweile zu haben" und "Steuergeld zu verschwenden". Sein 14-jähriger Sohn war vor Gericht gelandet, nachdem er Bauklötzchen aus der Bibliothek gestohlen hatte. Laut Staatsanwaltschaft handelt es sich um eine maßvolle erzieherische Maßnahme. Zumal der Junge einem Zeugen gedroht hatte.

 Es ist zwar keine ganze Wagenladung an Bauklötzen, die ein 14-Jähriger aus der Bibliothek gestohlen hat. Trotzdem hat sich ein Gericht mit dem Fall beschäftigt. TV-Foto: Stephan Sartoris

Es ist zwar keine ganze Wagenladung an Bauklötzen, die ein 14-Jähriger aus der Bibliothek gestohlen hat. Trotzdem hat sich ein Gericht mit dem Fall beschäftigt. TV-Foto: Stephan Sartoris

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Wenn Amtsgerichte verhandeln, dann geht es oft um Drogengeschäfte, Körperverletzung, sexuellen Missbrauch oder illegalen Waffenbesitz. Eher selten sitzen Jugendliche, die Bauklötzchen klauen, auf der Anklagebank.
Im Sommer 2016 jedoch hat sich das Amtsgericht Daun mit einem Fall von Bauklötzchendiebstahl befasst - der die heimische Justiz noch Monate später beschäftigte. Die Staatsanwaltschaft Trier klagte den 14-jährigen Marcel Braun (Name zum Schutz des Jugendlichen geändert) aus einem Dorf in der Vulkaneifel an.Drohung: "Du bist tot"


Sie warf ihm vor, in drei Fällen Holzbauklötzchen aus der Spielecke der Kreisbibliothek Daun gestohlen zu haben - Gesamtschaden etwa 20 Euro. Zudem soll der Angeklagte einen etwa gleichaltrigen Zeugen mit den Worten "Du bist tot" bedroht haben, weil er davon ausging, dass dieser ihn verraten hatte. "Die Strafverfolgung liegt hinsichtlich der Diebstähle in besonderem öffentlichen Interesse", heißt es in der Anklageschrift.
"Das ist lächerlich. Die Staatsanwaltschaft hat offenbar Langeweile", sagt Marcels Vater. Er wirft der Justiz vor, mit dem Gerichtsverfahren Steuergeld zu verschwenden. Da er das unverhältnismäßig findet, hat er sich beim Justizministerium beschwert und bei der Staatsanwaltschaft Trier Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt.
Allerdings ohne Erfolg. Peter Fritzen, der leitende Oberstaatsanwalt, sieht keinen Anlass, einzuschreiten. Entscheidend sei nicht, dass der 14-Jährige drei Mal Bauklötzchen gestohlen habe, sondern, dass er dem anderen Jungen gedroht habe. Dass dies "eine erzieherische Maßnahme zur Einwirkung auf Ihren Sohn erforderlich machte, versteht sich von selbst, zumal durch die Drohung sowohl der Geschädigte als auch dessen Mutter erheblich in Sorge gerieten", schreibt Fritzen Marcels Vater. Doch Braun sieht das nicht ein. Man müsse sich nur mal auf den Schulhof stellen und hören, wie es dort zugehe. "Wenn sie jedes Mal zur Polizei rennen, weil irgendwer irgendwas gesagt hat, dann werden sie nicht mehr fertig", sagt der Erziehungsberechtigte.
Das Fehlverhalten des Sohnes ist laut Fritzen mit einer "maßvollen Sanktion sachgerecht geahndet worden". Der Junge hat inzwischen 25 Sozialstunden in einer Jugendeinrichtung abgearbeitet. Danach wurde das Verfahren gegen ihn eingestellt.
Ob er daraus gelernt hat? Der Vater, der früher selbst mal Ärger mit dem Gesetz hatte, sagt, die Staatsanwaltschaft sei blauäugig, wenn sie meine, damit Eindruck schinden zu können. Er habe mit seinem Sohn schon so manches Wörtchen geredet und rät ihm nun, den Ball flach und die Füße stillzuhalten.Meinung

Große Geschütze, aber gerechtfertigt Extra

Grundsätzlich ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, beim Verdacht einer strafbaren Handlung zu ermitteln. Allerdings gibt es Ausnahmen. So haben Diebstähle von geringwertigen Sachen unter 30 Euro Bagatellcharakter. Laut Staatsanwaltschaft Trier werden sie nur auf Strafantrag verfolgt - und zwar dann, wenn die Ermittler ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung erkennen. Um das zu beurteilen, wird nicht nur die Tat, sondern auch der Täter unter die Lupe genommen. Gerade im Jugendstrafrecht spielten Persönlichkeit und Erziehungsbedürfnis des Beschuldigten eine große Rolle, teilt Peter Fritzen, Leitender Oberstaatsanwalt auf TV-Anfrage mit. Motive seien dabei ebenso bedeutend wie frühere Vergehen oder ob der Beschuldigte einsieht, falsch gehandelt zu haben. Die Staatsanwaltschaft kann Diebstahlverfahren ohne Anklage erledigen. Im Jugendstrafverfahren bestehe die Möglichkeit, das Verfahren folgenlos oder mit erzieherischen Maßnahmen einzustellen. Mos

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