Der Meister-Knörrer

KALENBORN-SCHEUERN. Jürgen Sohns kämpft heute in Dortmund im Bundesentscheid darum, deutscher Meister im Hirschrufen zu werden. Nach sieben Jahre Pause stellt er sich den Kontrahenten. Der 37-jährige Forstoberinspekteur tritt mit zwei "Instrumenten", dem Eifeler Hirschruf, einer ineinander schiebbaren Röhre und dem präparierten Horn eines schottischen Hochlandrindes an, um die besten Brunftschreie nachzuahmen.

Statt "röhrender Hirsch" als Ölgemälde sind in der Wohnung des Försters in Kalenborn-Scheuern momentan urige Brunftschreie angesagt. Der passionierte Jäger hat die zwei "Instrumente" zum Hirschrufen immer griffbereit. Frotzeleien von Bekannten, meist jagdlichen Laien, schmettert er mit einem breiten Grinsen ab. Unter Jägern ist das Anlocken eines Hirsches aus der Deckung mit Hilfe von nachgeahmten Hirschlauten ein probates Mittel, um die Büchse anlegen zu können. Die Lautäußerungen eines Hirsches, "Röhren" oder "Knörren" genannt, sind nicht nur sehr vielfältig, sondern sie variieren nach Stärke, Alter und "Gemütsverfassung" des Hirsches sowie des Rudels. Allerdings treffen die Waidmänner dabei nicht immer den richtigen Ton. Im ewigen Wettstreit um den Rang des "Jäger-Platzhirsches" wurde 1998 die erste Deutsche Meisterschaft im Hirschrufen ausgetragen. 2000 nahm Sohns zum ersten Mal teil und landete unter den ersten Drei, die dann zur europäischen Meisterschaft gingen. Den EU-Wettkampf schloss er als bester Deutscher ab. Nach sieben Jahren Pause will er es noch mal wissen. Den "Eifeler Hirschruf", eine ineinander schiebbare Röhre, hat er in all den Jahren nie ganz beiseite gelegt und oft mit zum Ansitz genommen. Während der Brunft (Ende September bis Mitte Oktober) ist in den Wäldern rund um Gerolstein, vor allem im Salmwald und auf dem Duppacher Rücken, das Naturspektakel zu hören. Zuerst legen meist die jungen Rivalen in helleren Tönen los, fordern sich gegenseitig zum Kampf auf, bis endlich der Platzhirsch mit tiefen, dunklen Tönen sich einem "geeigneten" Gegner stellt. Dabei überbrücken die prächtigen Rothirsche, die Könige der Wälder, auch kilometerweite Zwischenräume. Dieses Ritual ist selbst für ungeübte Ohren erkennbar, was die vielen Besucher an exponierten Stellen im Herbst deutlich machen. Sohns muss heute ab 14 Uhr in der Dortmunder Westfalenhalle in drei Disziplinen (junger Hirsch bis Platzhirsch) antreten. Dabei wird er neben dem "Eifeler Hirschruf" auch ein präpariertes Horn eines schottischen Hochlandrindes einsetzen. Er fühlt sich bestens gerüstet und meint: "Ich möchte im oberen Drittel landen." Seine elf Kontrahenten werden mit den kuriosesten "Instrumenten" wie Weißbierglas, Ochsenhorn, großer Muschel oder dem hohler Stängel des Riesenbärenklaus um den Titel kämpfen. Die wenigsten der bis zu 150 Hirschrufer in Deutschland kommen ohne Hilfsmittel aus. Die Deutsche Meisterschaft im Hirschrufen wird von vielen Zuhörern verfolgt, weil sie während der "Jagd und Hund"-Messe stattfindet. Sohns, der als Ausbilder über 50 Jungjägern zum "Grünen Abitur" gebracht hat, hat als "Fangemeinde" den Hegering Obere Kyll dabei. Auch seine Partnerin und deren Sohn drücken die Daumen. Der Zehnjährige sei "total begeistert und probe ständig die Brunftschreie durch eine Papprolle". Früh übt sich, wer im ewigen Wettstreit der Platzhirsche mitmachen möchte.

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