Der mit dem Kuckuck kommt

DAUN. Auch, wenn er nur selten ein gern gesehener Gast ist: Otmar Monschauer mag seinen Job, "weil er so abwechslungsreich ist". Der 53-Jährige, der auf eine 40 jährige Zeit im Justizdienst zurückblickt, ist seit einem Vierteljahrhundert als Gerichtsvollzieher im Kreis Daun tätig. Und hat währenddessen einiges erlebt.

Die Weichen für seinen späteren Beruf wurden schon früh gestellt. Otmar Monschauer berichtet: "Schon am ersten Tag meiner Ausbildung zum Justiz-Angestellten hat der damalige Amtsgerichtsdirektor in Mayen gesagt: Junge, wenn du dich anstrengst, kannst du auch Gerichtsvollzieher werden."Wenn jemand mit der Axt auf die Tür einschlägt

Das war vor 40 Jahren. Otmar Monschauer war erst 13 Jahre (!) alt und nach Stationen in Mayen und Koblenz hat er sich auf den prophezeihten Weg begeben und in Daun die Stelle als Gerichtsvollzieher angetreten. Die hat er heute noch inne und mittlerweile einiges erlebt. Da ist zum Beispiel die Geschichte mit der Axt: "Ich war mit einem Schlosser bei einem Schuldner, und wir wollten gerade die Tür gewaltsam öffnen, als es plötzlich einen lauten Knall gab, und wir uns sehr erschrocken haben. Wir dachten zuerst an einen Schuss, woraufhin der Schlosser sofort sein Köfferchen gepackt und das Weite gesucht hat, als ich bemerkt habe, dass durch die Tür von oben bis unten ein Riss ging. Es war also doch jemand zu Hause. Und der hat mit einer Axt in die Tür gehauen." Da habe er dann doch lieber die Polizei gerufen, erinnert sich Monschauer. Auch sei er schon mal mit einer Pistole und ein andermal mit einem Messer bedroht worden. "Da wollte ich ein Auto pfänden und plötzlich steht der mit einem Messer da - wo ich den doch kannte, und er früher ganz normal war." Da habe er ebenfalls die Polizei gerufen, ansonsten aber ist Otmar Monschauer, wie er sagt, ein "Einzelkämpfer". Und zwar einer, der seine Besuche nicht anmeldet. Aus gutem Grund. Alles in allem seien die Leute "hier auf dem Land aber friedlich". Aggressionen gingen, wenn überhaupt, eher von Auswärtigen aus - behauptet Monschauer und hält fest: "Die Eifeler schämen sich eher, wenn ich bei ihnen an der Tür bin." Denn seiner Meinung nach verschulden sich viele Leute unverschuldet: "Viele kommen einfach nicht mehr über die Runden. Wie weit kommt man denn noch mit Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe? Miete ist ja kein Luxus", meint der Gerichtsvollzieher, der fest davon überzeugt ist, dass das Leben heutzutage schwieriger geworden sei. Nicht zuletzt wegen des Euro.Eltern, die auf ihre Kinder Waren bestellen

Doch es gebe auch diejenigen, "die mit Geld nicht umgehen können - das hält sich in etwa die Waage". Monschauer nennt als Beispiel "Eltern, die vom Versandhaus nichts mehr bekommen und daher auf den Namen der Kinder bestellen". Dabei würden die Kinder bei Volljährigkeit dann zur Rechenschaft gezogen. "Das sage ich den Leuten auch, aber…". Monschauer hält inne und zieht die Achseln hoch - Ausdruck seiner oftmaligen Ohnmacht. Und da gibt es auch die Momente, in denen ihm, dem Diensterfahrenen, noch der Atem stockt. So in der Wohnung, wo ihm aus einer Schublade etliche Mäuse entgegen kamen und auf dem Bett ein Schinken lag, der offensichtlich von Mäusen angefressen war. Oder die kleine Hütte, in der nur eine Pritsche stand und überall Knochen herum lagen. Monschauer: "Und einmal kam ich in ein Haus, da lagen auf dem Speicher Berge von schmutziger Wäsche. Und dabei hat die Frau eine Waschmaschine gehabt." Sich selbst versteht Monschauer nicht als "Geldeintreiber", sondern als Mittler zwischen Gläubiger und Schuldner und daher versucht er nach eigenem Bekunden, die Schuldner zu Ratenzahlungen zu bewegen. Monschauer: "Ich bin nicht der Griesgram, wie man ihn aus dem Fernsehen kennt." Doch Fernseh-reife Erlebnisse hat auch er schon gehabt. Beispielsweise die Ehefrau, die ihn bat, später wieder zu kommen, weil gerade der Ehemann da ist. "Und der ist dann aus allen Wolken gefallen, als er mitbekommen hat, wie hoch seine Frau verschuldet ist, weil sie allerlei schöne Dinge hat schicken lassen." Da müsse er dann auch schon mal schlichten, bevor es zu Handgreiflichkeiten komme. Und wenn er seine Arbeit dann getan habe, verabschiede er ich stets nach dem gleichen Ritual, verrät Monschauer: "Wenn ich gehe, sage ich immer tschüss, denn ein ,Auf Wiedersehen' hören die Leute nicht so gerne von mir."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort