Kunst Der professionelle Träumer

Kelberg-Köttelbach/Daun · Seit mehr als 30 Jahren ist Ulrich Westerfrölke künstlerisch tätig. Seine Installationen und Objekte sind vielfach ausgezeichnet und gewürdigt worden. Nun wendet er seine Prinzipien verstärkt auch auf die Fotografie an.

 Der Künstler Ulrich Westerfrölke möchte mit seinen Fotografien die Poesie, die in den banalsten Dingen und Situationen liegt, bewusst machen.

Der Künstler Ulrich Westerfrölke möchte mit seinen Fotografien die Poesie, die in den banalsten Dingen und Situationen liegt, bewusst machen.

Foto: Brigitte Bettscheider

Wer sich je mit dem Kunstschaffen von Ulrich Westerfrölke (siehe Hintergrund) beschäftigt hat, weiß um seine absolut sichere Beherrschung des Ästhetischen und seine handwerkliche Solidität, seine Geduld im Feinsten und Schweren. Weiß, dass Reduktion auf das Notwendige und Harmonie der Formen seine Werke auszeichnen.

Das bescheinigen ihm die Kritiker seiner kinetischen Objekte, die etwa auf der Bundesgartenschau in Düsseldorf (1987) oder auf der Expo in Hannover (2000) zu sehen waren oder die als Kunst am Bau seit 2001 den Volkspark in Hagen oder seit 2010 einen Schulhof in Koblenz beleben. Dabei ist Westerfrölkes bevorzugtes Material der Edelstahl, seine Gestaltungs-Elemente sind Kreis, Quadrat, Punkt und Linie, die wiederum so angeordnet sind, dass sie von Menschen oder Kräften wie Luft, Wasser und Licht bewegt werden können.

Er sei von jeher ein grafisch orientierter Mensch und Beobachter, sagt Ulrich Westerfrölke von sich. „Ich schaue durch einen besonderen Filter. Zum Beispiel sehe ich in einem Weinberg die grafische Struktur der Reihung oder an anderer Stelle malerische Qualitäten von Gebrauchsspuren“, erklärt er. Was beim Zeichner und Plastiker über Jahrzehnte zum Tragen kam, gilt auch für den Fotografen Westerfrölke.

Doch ihn als Fotokünstler zu sehen, greife zu kurz, wie sein Freund und Laudator Georg Böcker (Aachen) bei der Vernissage der aktuellen Fotoausstellung in der Dauner Galerie Augarde einräumte. „Es geht ihm um die Anmut, um die Schönheit des Gegenstandes oder der Gegenstände, die zueinander in Beziehung stehen, und zwar der Gegenstände, die sich vor unserer Nase befinden und die man einfach nur sehen muss“, erklärte Böcker.

Vor unserer Nase? Oh ja. Das kann die Spiegelung des Scheunendachs und der darüber geführten Stromleitung in einem Sprossenfenster seines vorbildlich und stilsicher renovierten Bauerngehöfts im Kelberger Ortsteil Köttelbach sein. Aber durchaus auch Unromantisches wie ölverschmierte Plastikplanen, hässliche Wellplexiglasvordächer, mit Farbe beschmierte Fenster, verbeulte Müllcontainer oder mit Pilzen bewachsene Baumstümpfe.

Wobei Westerfrölke diese Dinge nicht abbildet, sondern durch die Wahl eines Ausschnitts seine Bilder sichtbar macht. „Manchmal verdichtet sich das Rauschen der visuellen Sinneseindrücke zu Strukturen, die wie komponierte Bilder funktionieren. „Es bereitet mir eine große Freude, diese Bilder zu entdecken und mit der Kamera  einzusammeln“, sagt er.

Gleichzeitig rät er davon ab, die Bilder mit Begrifflichkeiten zu versehen. Es gehe nicht um das „Was ist das?“, sondern um die ganz individuelle Wirkung – „und das kann tiefes Empfinden und großen Genuss bedeuten“, meint er. Folgt man Westerfrölkes Sichtweise, so entdeckt man eine unter Umständen bis dahin noch unentdeckte Poesie in banalsten Dingen und Situationen.

Nebeneffekt dieses Tuns ist vielleicht auch die Erkenntnis, dass es nicht „die eine Wahrheit“ gibt, dafür aber sehr viele verschiedene Aspekte.

Träumen sei für einen Künstler lebenswichtig, betont er. Und er sei ein professioneller Träumer, sagt er.

 Werkfoto ohne Titel

Werkfoto ohne Titel

Foto: Brigitte Bettscheider/Ulrich WesterfRölke
 Zwei von Westerfrölkes Werkfotos ohne Titel.

Zwei von Westerfrölkes Werkfotos ohne Titel.

Foto: Brigitte Bettscheider/Ulrich WesterfRölke

 Die Ausstellung „Ulrich Westerfrölke – Fotografie“ ist noch bis zum 28. Juli in der Galerie Augarde, Burgfriedstraße 14, in Daun zu sehen, und zwar dienstags bis freitags von 10 bis 12 Uhr und von 14.30 bis 18 Uhr sowie samstags von 11 bis 14 Uhr und nach Vereinbarung.
Die Midissage ist am Freitag, 29. Juni, um 19.30 Uhr mit Künstlergespräch sowie musikalischer Interpretation der Ausstellung durch den Jazz-Gitarristen und Komponisten Frank Schultz (Köln).
Kontakt und Info: Stefanie Mayer-Augarde, Telefon 0171/6312714, E-Mail: kunstgalerieaugarde@gmail.com, Homepage: www.galerie-augarde.de

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