Landwirtschaft Zufriedene Kühe, Nachbarn und Bauern

Gerolstein · Nach Umstellung des Reginenhofs zum Biohof mit halbierter Viehzahl atmet Gerolstein-Nord auf. Und auch die Betreiberfamilie ist erleichtert.

 Landwirt Rien Romme hat den Reginenhof, ein ehemals großer konventioneller Bauernhof mit 600 Stück Vieh, zum Biohof umgewandelt – und die Anzahl der Kühe halbiert.

Landwirt Rien Romme hat den Reginenhof, ein ehemals großer konventioneller Bauernhof mit 600 Stück Vieh, zum Biohof umgewandelt – und die Anzahl der Kühe halbiert.

Foto: TV/Mario Hübner

Trotz Wind und Wetters: Sie kamen zahlreich und gerne, die Gäste und Nachbarn des Reginenhofs in Gerolstein. Deren Eigentümer, Anke (30) und Rien (35) Romme (mit den Kindern Hanna (3,5) und Lisa (14 Monate) sowie den Eltern und Schwiegereltern), hatte eingeladen, um eine Neuheit zu präsentieren: die kreisweit erste Milchtankstelle, an der man sich selbst Bio-Rohmilch zapfen kann. Und davon machten die rund drei Dutzend Gäste gerne Gebrauch – und nahmen anschließend eine Flasche der guten Milch (auf Kosten des Hauses) mit. So wie Elisabeth Moulin aus der Nähe von Calais in Frankreich, die in Gerolstein zu Besuch war, das Transparent der Eröffnung zufällig gesehen hatte und spontan vorbeikam. Sie meinte. „Ein sehr gutes Angebot, das hoffentlich viele nutzen werden. Denn für den Schutz unserer Umwelt kann jeder im Kleinen anfangen. Und sei es nur, dass man Bio-Milch in der Glasflasche auf dem Bauernhof nebenan kauft. Super.“

Oder aber Olga Jabs aus dem nahegelegen Neubaugebiet Gerolstein-Nord, die meinte: „Milch vom Bauernhof, das ist eine gute Idee und ein bisschen so wie früher. Ich werde gleich mal Dickmilch oder Quark ansetzen und das Angebot künftig wohl öfters nutzen. Ich kenne ja noch all die alten Rezepte.“ Auch ihre Nachbarin Nina Diller meinte anerkennend. „Das ist eine gute Idee. Aber vor allem finden wir gut, dass es jetzt vom Hof aus nicht mehr so stinkt. Denn das hat uns sehr wütend gemacht.“

Worauf sie anspielt: Vor acht Jahren hat der niederländische Landwirt Rien Romme den Reginenhof am Stadtrand von Gerolstein gekauft und zu einem der größten konventionell arbeitenden Milchviehbetriebe in der Region ausgebaut. Knapp 600 Stück Vieh hielt er zeitweise dort.

Das sorgte in der Nachbarschaft für reichlich Verdruss, denn viel Vieh macht nicht nur viel Mist, sondern braucht auch viel Futter. Und da beides, Gülle und Silage, nicht besonders gut riecht, hat das den Bewohnern des Wohngebiets Gerolstein-Nord im wahrsten Wortsinn gestunken. Sie gingen auf die Barrikaden.

Auch bei den Wasserwerken des Gerolsteiner Landes und dem Gerolsteiner Brunnen als direktem Nachbarn war man besorgt. Schließlich bedeutet viel Gülle immer auch die Gefahr, dass dadurch das Wasser verunreinigt wird. So sagte seinerzeit Joachim Schwarz, kaufmännischer Geschäftsführer beim Gerolsteiner Brunnen: „Wir haben von Anfang an ein hohes Konfliktpotenzial gesehen und direkt den Dialog angeregt.“ Letztlich ist es gelungen, den Landwirt – mit guten Worten und Geld (wie viel, wird nicht verraten) – zu überzeugen, den Viehbestand deutlich zu verkleinern und auf ökologische Bewirtschaftung umzusteigen. Und so verkündet Bio-Bauer Romme stolz: „Seit 1. Oktober 2018 sind wir zertifizierter Biobetrieb. Und nun bieten wir den Gerolsteiner Bürgern und Nachbarn aus den umliegenden Ortschaften die Gelegenheit, unsere Bioland-Milch direkt ab Hof zu kaufen.“

Doch die Tankstelle, die alleine rund 30 000 Euro gekostet hat, ist für den Landwirt und seine Familie mehr Imageprodukt denn Einnahmequelle. Er sagt: „Die Milchtankstelle ist ein Angebot für die Einheimischen. Sie sollen sehen, dass wie hier ein qualitativ sehr hochwertiges Produkt herstellen und nachhaltig arbeiten. Und es ist schön, dass dies gut ankommt.“ Und er fügt hinzu: „Ich denke, unsere Kühe sind glücklich, und wir sind mit unserem Schritt auch froh, denn wir wollen hier langfristig leben und uns wohlfühlen.“

Denn die Milch, in Bioqualität, gibt es natürlich in einer Glasflasche, die wiederbefüllt werden kann. Man kann aber auch von zuhause eine Flasche mitbringen. Für die Zukunft denkt er auch daran, mal einen Tag des offenen Hofes anzubieten, „aber erst will ich hier noch einiges umbauen und schöner machen“, sagt Romme. Wer sich aber jetzt schon den Betrieb ansehen wolle, könne gerne anrufen und einen Termin abmachen.

Erreicht hat die Familie Romme aber bereits einiges, und zwar deutlich schneller als erwartet. Denn die Bio-Zertifizierung war erst für Mitte 2019 geplant gewesen (siehe Info). Auf die Frage, was ihn die Umstellung koste, sagt Romme: „Mehrere Hunderttausend Euro.“

Dass es so gut und rasch geklappt hat, freut auch Regino Esch, Vorsitzender des Bioland-Landesverbandes Rheinland-pfalz/Saarland. Er sagte: „Der Reginenhof ist mit Abstand unser größter Betrieb, und da hat man immer etwas Bammel, ob das alles auch so klappt. Aber die Umstellung auf Bio ist sehr gut gelungen, weil die Familie Romme immer offen für Neues war und einen Blick für die Tiere hat. Wir sind total froh.“

In die gleiche Kerbe schlug auch Thomas Hens, Leiter der technischen Entwicklung und des Ressourcenschutzes beim Gerolsteiner Brunnen. Er meinte: „Mit der Zahl des Viehs sind nicht nur die Sorgen der Nachbarn, sondern auch von uns gewachsen. Jetzt sind alle gut gelaunt: Die Famlie Romme, die Nachbarn und wir auch.“ Denn der Viehbestand ist bereits deutlich verkleinert worden und soll nach Angaben des Landwirts bis zum Jahresende in etwa halbiert worden sein: auf dann rund 300 Stück.

Reinhard Groppe, Sprecher der Bürgerinitiative aus dem Baugebiet Noprd, und auch Gerolsteins Stadtbürgermeister Friedhelm Bongartz (CDU) dankten der Familie Romme für ihr Engagement und Entgegenkommen und wünschten viel Glück und gute Geschäfte – und hoffte darauf, dass „wir im Kontakt bleiben“.

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