Der schwierige Weg zurück zur Mobilität
Wittlich/Deudesfeld · Mobil sein trotz Beinamputation: Darum geht es bei einem Symposium im Juli im Wittlicher St. Elisabeth-Krankenhaus. Ziel der Veranstalter ist es, Betroffene zu informieren und langfristig ein Netzwerk zu schaffen.
Wittlich/Deudesfeld. Hans-Karl Berens aus Deudesfeld geht noch etwas mühsam. Aber er geht. Für den 55-Jährigen ist das nicht selbstverständlich, denn vor zwei Jahren wurde sein rechtes Bein oberhalb des Knies amputiert. Bis er wieder selbst gehen konnte, war es ein weiter Weg. Ein Weg, den er zusammen mit Ärzten, Physiotherapeuten und Orthopädietechnikern gegangen ist. Aber ein Austausch mit anderen Betroffenen war bisher schwierig, weil es in ganz Rheinland-Pfalz keinerlei Netzwerk oder Selbsthilfegruppe (SHG) gibt. Die nächste Gruppe existiert in Mettlach im Saarland. Gegenseitig Mut machen und Erfahrungen austauschen auf dem Weg zurück in die Mobilität, wünscht sich Berens.
Bei einem Symposium im Wittlicher Krankenhaus zum Thema "Amputation - Mobil weiterleben" soll das geändert werden. Wie Orthopädietechniker Andreas Golczuk aus Traben-Trarbach/Wolf, einer der Referenten, sagt, wolle man einen Aufruf starten, um ein regelmäßiges Treffen ins Leben zu rufen. Unterstützung soll von der ersten Amputierten-Initiative, einem Verband, der deutschlandweit arbeitet, kommen. Dessen Gründerin und Vorsitzende Dagmar Gail ist Schirmherrin der Wittlicher Veranstaltung. Angedacht ist laut Golczuk ein halbjährliches Treffen sowie eine Vernetzung über E-Mail und Internetplattformen.
Wie Sabine Zimmer, Pressesprecherin des Verbundkrankenhauses Bernkastel-Wittlich, bestätigt, soll ein Raum in der ehemaligen Krankenpflegeschule auf dem Klinikgelände für Treffen zur Verfügung gestellt werden. Dr. Lutz vom Gefäßzentrum des Wittlicher Krankenhauses hat die medizinische Begleitung einer solchen Gruppe zugesagt.
Golczuk weiß, dass eine Vernetzung hilfreich wäre für die Betroffenen, denn sie brauchen viel Geduld und Durchhaltevermögen, bis sie wieder mobil werden. Bis eine Prothese angepasst werden kann, dauert es mindestens ein halbes Jahr. Denn zunächst muss natürlich der Stumpf verheilen und belastbar sein, bevor überhaupt mit der Anpassung einer einfachen Interims-Prothese begonnen werden kann.
Auch Berens saß erst einmal lange im Rollstuhl. "Einfach nervig", beschreibt er diese Zeit. Er war glücklich, als er die erste Prothese bekam: "Endlich konnte ich mir wieder im Stehen die Zähne putzen", beschreibt er die Freude darüber, dass es buchstäblich wieder aufwärts ging.
Mittlerweile trägt Berens eine Prothese, die durch aufwendige Elektronik einen weitgehend natürlichen Bewegungsablauf ermöglicht. Eine solche von den Krankenkassen bewilligt zu bekommen, ist nicht immer einfach. Denn die Preise für die Prothesen für unterschiedliche Mobilitätsgrade sind sehr unterschiedlich. Eine einfache mit mechanischem Gelenk gibt es schon für etwa 4000 Euro, taugt aber nur für die Bewegung in den eigenen vier Wänden. Bei den aufwendigen, geht es im fünfstelligen Bereich bis etwa 25 000 Euro weiter. Doch nur mit den teureren Prothesen wird ein weitgehend normales Leben wieder möglich.
Auch für die Beantragung von teuren Gehhilfen halten Golczuk und Berens deshalb eine Vernetzung der Betroffenen für hilfreich.Extra
Ursachen für Amputationen können starke Verletzungen, arterielle Durchblutungsstörungen, Diabetes, schwere Infektionen oder Tumore sein. Im Jahr 2012 waren es nach Angabe der Deutschen Diabetes Gesellschaft rund 60 000 Amputationen insgesamt, davon allein 40 000 durch Diabetes. Im Verbundkrankenhaus Wittlich gab es 2014 insgesamt 18 Major-Amputationen (oberhalb des Sprunggelenks) (2013: 29, 2012: 17) und 85 Minor-Amputationen (2013: 103, 2012: 74). Bei der Versorgung mit Prothesen werden vier unterschiedliche Mobilitätsgrade berücksichtigt. Stufe 1: Innenbereichsgeher, Stufe 2: Eingeschränkter Außenbereichsgeher, Stufe 3: Uneingeschränkter Außenbereichsgeher, Stufe 4: Uneingeschränkter Außenbereichsgeher mit besonders hohen Ansprüchen. noj