Der vage Traum vom Bleiben: Roma-Familie in Daun fürchtet Abschiebung nach Bosnien

Daun · Bosnien-Herzegowina gilt politisch als sicheres Herkunftsland, Vehbija Hrustic bezeichnet sein Leben dort hingegen als ein "Martyrium". In Deutschland hatte sich der Roma ein sicheres Leben erhofft. Doch sein Asylantrag wurde abgelehnt.

 Angst vor der Abschiebung: Vehbija Hrustic, der mit seiner Partnerin Brena Sejdovic und den Kindern in Daun lebt. TV-Foto: Christina Libeaux

Angst vor der Abschiebung: Vehbija Hrustic, der mit seiner Partnerin Brena Sejdovic und den Kindern in Daun lebt. TV-Foto: Christina Libeaux

Foto: (e_daun )

Der Flüchtlingsstrom fließt, ein Ende ist nicht in Sicht. Im Kreis Vulkaneifel war man ursprünglich von 200 Flüchtlingen in 2015 ausgegangen, mittlerweile sind es schon mehr als 250. Damit leben im Kreis gut 350 Asylbewerber. Zahlen, hinter denen sich viele Schicksale verbergen, und nicht alle, die bleiben wollen, dürfen das auch.

Für syrische Bürgerkriegsflüchtlinge gibt es ein beschleunigtes Asylverfahren mit einem in der Regel nur noch schriftlichen Verfahren anstelle einer persönlichen Anhörung. Anders wird mit Flüchtlingen aus den sogenannten sicheren Herkunftsländern auf dem Balkan verfahren (siehe Extra). Dazu gehört Bosnien-Herzegowina, von wo auch der 27 Jahre alte Vehbija Hrustic kommt.

Er und seine Familie gehören zu den Roma, einer Volksgruppe, die in Bosnien wenig angesehen ist. "Dort habe ich deswegen keine Hilfe bekommen: keine Medizin für meine Frau, die blind ist, kein Geld, keine Wohnung", sagt er. Also zieht er mit seiner Partnerin quer durch das Land. Vor vier Jahren kommt Tochter Dalila zur Welt, vor drei Jahren Sohn Ibrahim. Dann lernt er den Mann kennen, der ihn nach Deutschland bringt.

Weil er die 150 Euro, die der Schlepper für die Reise der vierköpfigen Familie verlangt, nicht aufbringen kann, muss er ihm seinen Ausweis geben.Quälende Ungewissheit


Mit zehn Leuten geht es im Kleinbus nach Köln, wo Vehbija für sich und seine Familie Asyl beantragt. Er kommt zunächst in die Aufnahmestelle nach Trier, schließlich in eine Wohnung nach Daun. Seinen Ausweis hat er da immer noch nicht zurück. Erst muss er das fehlende Geld zurückzahlen. "Als ich meinen Pass wiederhatte, bin ich am nächsten Tag sofort zur Ausländerbehörde", sagt er.

In Deutschland bringt seine Frau auch ihr drittes Kind, Ajla, zur Welt. Dann die Ernüchterung: Der Asylantrag wird abgelehnt. Weil Brena erneut schwanger ist, werden sie zunächst geduldet. Doch das Kind ist Anfang August zur Welt gekommen. Nun quält Vehbija die Ungewissheit: Wird er abgeschoben? "Ich will nur ein ganz normales Leben", sagt er. "Für mich und die Kinder. Ich will arbeiten und dass die Kinder in die Schule gehen können."

Wie dieser konkrete Fall ausgeht, kann Philip Schützeberg, Geschäftsbereichsleiter bei der Kreisverwaltung Vulkaneifel, nicht beurteilen. Grundsätzlich seien die Erfolgsaussichten für Flüchtlinge vom Balkan auf Asyl in Deutschland "gleich null".

Die rheinland-pfälzische Landesregierung befürwortet die freiwillige Rückkehr von Balkan-Flüchtlingen. In 276 Fällen (davon 207 aus dem westlichen Balkan) wurden in diesem Jahr Betroffenen aber auch zwangsweise abgeschoben. Im Kreis Vulkaneifel gab es (Stand 29. September) 76 freiwillige Ausreisen und sechs Abschiebungen.Meinung

Klare Linie
Auch wenn einem viele Schicksale von Flüchtlingen, egal woher sie kommen, ans Herz gehen: An einer klaren Linie, wer bleiben kann oder nicht, führt angesichts der immer größeren Zahl von Flüchtlingen kein Weg vorbei. Rasche Ablehnung, Hilfe bei der schnellen Rückkehr, Unterstützung vor allem für die Balkanstaaten, damit die Menschen dort auf mittlere Sicht eine Perspektive auf ein anständiges Leben haben: Dass muss der Weg sein. s.sartoris@volksfreund.de

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