Der Weinberg und seine Rätsel

KERPEN/BERNDORF. Über den Stand der Ausgrabungen informierte Experten vom Rheinischen Landesmuseum Trier bei einer Führung auf dem Weinberg.

 Die Trierer Wissenschaftler, darunter der Leiter der Ausgrabungen, Dr. Hans Nortmann, informierte die Bürgermeister Rudolf Raetz (Gemeinde Kerpen) und Alfred Pitzen (Verbandsgemeinde Hillesheim) über den Stand der Grabungen auf dem Weinberg.Foto: Felicitas Schulz

Die Trierer Wissenschaftler, darunter der Leiter der Ausgrabungen, Dr. Hans Nortmann, informierte die Bürgermeister Rudolf Raetz (Gemeinde Kerpen) und Alfred Pitzen (Verbandsgemeinde Hillesheim) über den Stand der Grabungen auf dem Weinberg.Foto: Felicitas Schulz

Der wissenschaftliche Leiter der Ausgrabungen, Dr. Hans Nortmann, hatte zu der Führung auf dem Weinberg eingeladen. "Bis Pfingsten wurde hier auf dem Berg gerodet, um die drei Hektar große Gipfelfläche für unsere archäologischen Untersuchungen einsehen zu können", berichtete die örtliche Grabungsleiterin Dr. Bärbel Woll. Der Weinberg, ein 550 Meter hoher Kalkrücken zwischen Berndorf und Kerpen, wurde in frühkeltischer Zeit (etwa 520 vor Christus) und im Mittelalter (11./12. Jahrhundert) genutzt.Kompromiss zwischen Forschung und Wirtschaft

1999 war vom Rheinischen Landesmuseum ein Antrag zur Ausweisung des Bergs als Grabungsschutzgebiet gestellt worden. Dem stand allerdings das Nutzungsinteresse als Rohstoffreserve der lokalen Kalkstein- und Zementindustrie entgegen. Im Vorfeld der Planungen zur Erweiterung des Berndorfer Steinbruchs wurde im vergangenen Jahr ein Kompromiss ausgehandelt. Bis Ende dieses Jahres ist die Nutzung durch das Landesmuseum für abschließende archäologische Untersuchungen vertraglich gesichert. Die Firmen verpflichteten sich im Gegenzug, die Ausgrabungen durch Finanzierung und Sachleistungen zu ermöglichen. Die Forscher untersuchen, ob in keltischer Zeit Befestigungslinien vorhanden waren und Siedlungszeugnisse vorhanden sind. Forschungsgebiet ist auch die mittelalterlichen Befestigung von Wall, Graben und Tor. Zum derzeitigen Ergebnisstand erklärte Nortmann: "Die keltische Nutzung wurde durch vereinzelte Funde weiter bestätigt, keltische Befestigungslinien dagegen nicht. Sie lassen sich aber nicht verbindlich ausschließen." Der Grabungsleiter verwies auf den Fund spärlicher Reste aus dem zweiten und dritten Jahrhundert. Die bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts vorhandene, 1,30 Meter hohe Turmburg im östlichen Teil ist älteren Bewohnern noch bekannt. "Meine Mutter, Jahrgang 1913, kannte sie und erzählte uns mehrmals davon", berichtete Kerpens Bürgermeister Rudolf Raetz. Bei Freilegungsarbeiten stieß das achtköpfige Grabungsteam auf eine vermutlich mittelalterliche Wallaufschüttung. Sie enthielt Skelettreste, die aber nicht genau zeitlich zugeordnet werden konnten. "Das Rätselraten konnte beginnen", sagte Nortmann. Noch stehe nicht fest, in welche Epoche die sechs Toten (Männer, Frauen und Kinder) gehörten. "Da wir Scherben aus der spätsteinzeitlichen Epoche, etwa 2400 bis 1800 Jahre vor Christus, fanden, könnte es sich um ein Kollektivgrab handeln. Das wäre eine Sensation, denn uns sind in rheinland-pfälzischen Mittelgebirgen nur wenige Fundstellen bekannt", verriet Nortmann. Noch wird auf dem Plateau nach dem Rand der keltischen Befestigung gesucht, was jedoch wegen die jahrhundertelange Erosion erschwert wird. Eine vollständige Auswertung des Projekts soll nach Angaben der Wissenschaftler in etwa zwei Jahren vorliegen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort