Die Bevölkerung atmete auf

OBERWEIS. Im Februar und März 1945 rückten die Amerikaner in der Eifel vor. Zeitzeugen erinnern sich im Trierischen Volksfreund an das Kriegsende und die Zeit danach. Arnold Schäfer erlebte den Einmarsch in Oberweis als Zehnjähriger.

Im Januar 1945 - es war meist klarer Himmel - wurde das Dorf wegen der fehlenden Flak des Öfteren von "Jabos"(Jagdbombern) mit Bordwaffen angegriffen. Und auch die amerikanische Artillerie schoss nun in unregelmäßigen Abständen und ungezielt zu jeder Tag- und Nachtzeit in den Ort. Ungefähr Mitte Januar wurde das Dorf zum ersten Mal mit Phosphor angegriffen. Dieses Phosphor in Kanistern fiel nicht in den Ort, sondern landete vorm Dorf in den Wiesen zwischen "Geden" und der "Vollmühle" und richtete keinen Schaden an. Dann aber, Ende Januar, am frühen Vormittag, da wurde der Ort besonders schwer angegriffen. Bei diesem Angriff wurde "Schrengers" Scheune und das "Ennen Schruden" Haus, Stall und Scheune von Phosphor und Brandbomben getroffen. Es war eine gefährliche Situation, denn in den Gärten und Wiesen um "Schrengers" Scheune herum hatte die Wehrmacht jede Menge und Sorte scharfer Munition gelagert. Die örtliche Feuerwehr, die aus älteren Männern und aus vierzehn- bis sechszehnjährigen Knaben, der örtlichen "Hitlerjugend", bestand, versuchte den Brand soweit wie möglich mit Wasser zu löschen. Da es sich jedoch um Phosphorbrände handelte, war eine Löschung mit Wasser nicht möglich. Mit langen Stangen und Mistgabeln trennte man soweit wie möglich das Phosphor von den Strohballen und dem Heu, so dass die Brandherde begrenzt wurden und das Phosphor sich durch Eigenbrand aufzehrte. Der Februar ging mit Fliegerangriffen und Artilleriebeschuss vorüber. Verbände der Wehrmacht zogen durch den Ort in Richtung Osten. Und dann, Ende Februar, näherten sich die Amerikaner dem Dorf. Am Nachmittag desselben Tages sprengte die Wehrmacht zuerst die "Stuechtbrek", die Brücke in Richtung Sinspelt, dann die Brücke in Richtung Bettingen und zuletzt die Prümbrücke. Es gab jedes Mal einen Knall, und die Brocken flogen durch die Luft. Und in der Nacht kamen die Amerikaner und bauten die gesprengte "Stuechtbrek" umgehend wieder auf. Dann besetzten sie mit schussbereitem Gewehr Keller um Keller und Bunker um Bunker. Am frühen Morgen mussten alle Keller geräumt werden, und jede Familie hatte sich in ihr eigenes Haus zu begeben. Im Laufe des Tages musste dann "Polien", das heißt der Ortsteil jenseits der Prüm in Richtung Bitburg, von allen Bewohnern geräumt werden. Diese Dorfbewohner mussten sich im Hauptteil des Dorfes eine Bleibe suchen. Am nächsten Tag wurde mit der "Dorfschelle" folgendes bekannt gemacht: "Alle Einwohner dürfen ab sofort bei Todesstrafe ihre Häuser nicht mehr verlassen, nicht aus den Fenstern oder Türen auf die Straße schauen - was man trotzdem tat, - bis eine neue Anordnung ergeht." Den Grund für diese Bekanntmachung sollte man bald sehen, beziehungsweise hören. Plötzlich kamen mit großem Getöse Panzer und Schützenpanzer den Feilsdorfer Berg runter. Amerikanische Militärpolizei lenkte den Durchmarsch vom Jeep aus. Je ein Jeep stand bei "Geden" und bei "Schrengers" in der Nähe der Kurve und Kreuzung. Die Panzer rissen bei jedem Schwenk in den Kurven mit ihren Ketten die Straße immer weiter auf, so dass diese nun vollends zerstört wurde. Auf jedem Panzer und Schützenpanzer war ein rot/oranges Markierungstuch befestigt, so dass die amerikanische Air Force jederzeit feststellen konnte, wo sich ihre Truppen befanden. Der Durchmarsch der Panzer und ihrer Begleitfahrzeuge durch das Dorf dauerte ungefähr drei Stunden. Über dem Ort und in der näheren und weiteren Umgebung kreisten noch für einige Tage so genannte "Aribeobachter". Dies waren kleine Leichtmotorflugzeuge, die das Artilleriefeuer und den Vormarsch der amerikanischen Truppen lenkten. Am dritten Tag zog der Rest der Fronttruppen ab, und es kamen Nachschubtruppen. Diese belegten verschiedene Häuser, Scheunen und Schuppen mit Material und bezogen Quartier. Bei "Lingisch" in der Scheune und auch bei "Geden" richteten sie eine Feldküche ein. Alsbald verließen auch die Nachschubtruppen das Dorf, nur einige blieben noch, bis auch sie von Luxemburger Truppen abgelöst wurden. Es wurde jetzt ruhiger im Ort, die Front verlief schon jenseits des Rheins, und die Bevölkerung atmete auf und sagte: "Was jetzt noch kommt, kann niemals so schlimm werden wie das, was war." Und am 8. Mai 1945 war dann der Krieg in Deutschland endgültig vorbei. Arnold Schäfer ist heute 70 Jahre alt. Er lebt noch immer in Oberweis, wo er - wie oben geschildert - auch schon das Kriegsende erlebt hat. WEITERER BERICHT: S. 8

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort