Archiv März 2018 Die dunkle Geschichte der Autobahn

Daun · Der Wittlicher Autor Wolfgang Schmitt-Kölzer informiert über den Bau der „Reichsautobahn“.

 Der Buchautor Wolfgang Schmitt-Kölzer (zweiter von rechts) und die Luxemburgerin Josiane Hoffmann (zweite von links) kamen auf Einladung des Eifelvereinsvorsitzenden Alois Mayer (links) und Gottfried Willems, Leiter der Volkshochschule, (rechts) nach Daun.

Der Buchautor Wolfgang Schmitt-Kölzer (zweiter von rechts) und die Luxemburgerin Josiane Hoffmann (zweite von links) kamen auf Einladung des Eifelvereinsvorsitzenden Alois Mayer (links) und Gottfried Willems, Leiter der Volkshochschule, (rechts) nach Daun.

Foto: Lydia Vasiliou

(lyv) Dass trotz des sonnigen Tages das Forum in Daun fast bis auf den letzten Platz besetzt war, mag daran liegen, dass einige der Besucher aus der Umgebung sich besonders für das Thema des Vortrags von Wolfgang Schmitt-Kölzer interessierten, der auf Einladung des Eifelvereins und der Volkshochschule nach Daun kam.

Der Wittlicher hat ein Buch mit dem Titel „Bau der Reichsautobahn in der Eifel (1939-1941/42)“ herausgegeben. Anlass zu seiner Forschungsarbeit habe das Mahnmal zum Gedenken an die Zwangsarbeiter in der heutigen Autobahnkirche St. Paul in Wittlich gegeben.

Drei Jahre lang habe er daran gearbeitet, viele Archive zwischen Brüssel und Berlin besucht und dabei auch einige Überraschungen erlebt. In Daun referierte er über den Autobahnbau im heutigen Vulkaneifelkreis und die damit verbundenen Zwangslager.

Sie habe viele Geschichten von Großvater und Vater über den Krieg gehört, sagt Esther Erwid aus Darscheid und deshalb sei sie mit großem Interesse gekommen, den Vortrag zu hören. „Ich habe was dazu gelernt“, sagte die 36-Jährige nach der Veranstaltung, über die Zwangslager habe sie nur wenig gewusst. Denn davon hat es entlang der heutigen A 1 und der A 48 zwischen Dernbach, Koblenz und Trier eine Menge gegeben. Das wusste auch Franz-Peter Hoffmann aus Darscheid, dessen Vater von der Mehrener Mühle stammte, die unmittelbar an der Autobahn, in Höhe des heutigen Rasthofs, lag. „Meine Großmutter musste immer für die Lagerleiter kochen“, sagte er. Für den 58-Jährigen Anlass genug, sich Genaueres über diese Zeit anzuhören.

Die Legende halte sich teilweise noch bis heute, dass Hitler verantwortlich für den Bau der Autobahn sei, sagte der Eifelvereinsvorsitzende Alois Mayer. Das NS-Regime habe die schon seit der Weimarer Republik im Plan stehende Autobahn als eigene Idee verkauft, rein aus Propagandazwecken, um damit zeigen zu können, dass man der damals hohen Arbeitslosigeit entgegenwirke.

Mit diesem Mythos räumte Schmitt-Kölzer in Daun endgültig auf. „Gemessen an der Zahl von mehr als sechs Millionen Arbeitslosen des Jahres 1933 waren dies gerademal zwei Prozent. Die Autobahnen brachten also wenig für die Arbeitslosen, im Gegenteil. Meine Forschungen haben ergeben, dass die Nazis die Autobahnen zu über 70 Prozent aus den Geldern der deutschen Arbeitslosenversicherung finanzierten“, sagte Schmitt-Kölzer. Die Bauarbeiten begannen im Oktober 1939, also nach Kriegsbeginn, mit Zwangsarbeitern, die Schmitt-Kölzer in drei Gruppen einstufte: Zöglinge, die aus dem Polizeihaftlager Hinzert kamen, Kriegsgefangene aus den Stammlagern (Stalag) Limburg/Lahn und Trier sowie Justizstrafgefangene.

Untergebracht wurden sie an der Strecke zwischen Schweich und Ulmen in insgesamt 18 Lagern, sieben davon befanden sich im Bereich des heutigen Vulkaneifelkreises (siehe Info) mit rund 3000 Personen.

Geplagt von Hunger, Kälte und schlechter Entlohnung wurden unter anderem auch dienstenthobene Beamte aus Luxemburg als Zwangsarbeiter rekrutiert.

Wie schmerzhaft die Erlebnisse gewesen sein mussten, schilderte mit bewegenden Worten Josiane Hoffmann aus Luxemburg-Stadt, deren Großvater Léon Hoffmann die Zeit im Arbeitslager in Steiningen und Mehren hautnah miterlebte. Léon Hoffmann war aktiv im Luxemburger Widerstand und Anfang 1941 wegen „staats- und deutschfeindlicher Betätigung“ von der Gestapo inhaftiert worden.

Nach seiner Rückkehr habe ihr Großvater bis zu seinem Tod kein Wort Deutsch mehr gesprochen, berichtete die Deutschlehrerin. Sowohl er, der vor ihrer Geburt starb, noch ihr Vater hätten nie über ihre Kriegserlebnisse berichtet. Nur die Großmutter wusste einiges und habe ihr davon erzählt. „Es berührt mich sehr, dass heute öffentlich über meinen Großvater berichtet wird“, sagte die Luxemburgerin.

Info: Das Buch: Bau der „Reichsautobahn“ in der Eifel (1939-1941/42) - Eine Regionalstudie zur Zwangsarbeit, ist zum Preis von 15 Euro in der Buchhandlung Werner in Daun erhältlich sowie in allen Buchhandlungen in Wittlich.

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