Die ersten Flüchtlinge ziehen in Burg Kerpen ein - Freude über große Zimmer und Internet

Kerpen · Die elf ersten von maximal 36 Flüchtlingen sind auf Burg Kerpen angekommen und haben ihre Zimmer bezogen. Nach dem Umschauen und der ersten gemeinsamen Mahlzeit wollten die meisten erst einmal ihre Ruhe haben.

"Wo ist denn jetzt unsere Unterkunft?", fragt einer der elf Flüchtlinge, als er gestern Mittag am Fuß der Burg Kerpen aus dem Taxi steigt und ihn Einrichtungsleiterin Katja Dern gemeinsam mit ihren Helfern empfängt. Als sie hoch zum historischen Gemäuer zeigt, schütteln einige verwundert den Kopf. Und als sie später auch noch die Frage nach einem Supermarkt im Ort verneinen muss, scheint sich die Vorfreude nach wochenlangen Strapazen auf beiden Seiten (bei den Helfern beim Herrichten der Zimmer in der Burg, bei den Flüchtlingen in den Ersteinrichtungen sowie nach entbehrungsreicher Flucht) stark einzutrüben. Doch das schlägt nach der ersten gemeinsamen Mahlzeit (arabischer Auberginen-Auflauf) und dem Bezug der ansprechenden Wohnungen und Zimmer rasch um. "Alles gut hier", sagt Hanano (47) in gebrochenem Englisch.

Seine Frau Ilham pflichtet ihm bei - ohne Worte, aber mit einem strahlenden Lächeln. Zuvor hatte sie noch den Boden in der Wohnung gewischt, wovon noch die sechs paar Schuhe zeugen, die fein säuberlich im Treppenhaus aufgereiht sind. "Dabei haben wir doch zwei Tage lang hier alles durchgeputzt", sagt Katja Dern etwas resignierend, aber letztlich froh. Sie wertet dies als kleines Zeichen, dass die neuen Gäste sich auf der Burg möglichst rasch heimisch fühlen wollen. Auch Ranim (20), die etwas Englisch spricht, gibt ihrer Freude Ausdruck: "Ist viel besser hier als in Trier." Von dort kommen alle elf Syrer. Und ihr 15-jähriger Bruder Munzar antwortet auf die Frage, was ihm am besten gefalle: "Internet." Und fügt ebenfalls auf Englisch hinzu: "Ich möchte so schnell wie möglich in die Schule, denn ich will deutsch lernen."

Unter den neuen Bewohnern spricht niemand Deutsch, und nur einer gut Englisch. Unlösbare Probleme sehen Katja Dern und ihre rechte Hand Erwin van den Maagdenberg dadurch aber nicht: "Wir werden uns nicht nur mit Worten, sondern auch mit Händen und Füßen verständigen. Wir sind alle Menschen, das wird klappen." Dazu beitragen sollen auch die Hausordnung, die gerade einmal 13 Punkte umfasst und auf Deutsch, Englisch und Arabisch im Gemeinschaftssaal hängt. Sie stößt sofort auf großes Interesse unter den Gästen. "No problem", lautet die einhellige Reaktion. Regel Nummer eins: "Wir gehen freundschaftlich und respektvoll miteinander um."

Damit das Zusammenleben wirklich gut klappt, haben sich gestern Nachmittag auch einige Kerpener in der Burg eingefunden, um die Neuankömmlinge zu begrüßen. Neben dem Plakat mit der Aufschrift "Refugees welcome" (deutsch: Flüchtlinge willkommen) ein weiteres Zeichen für die positive Willkommenskultur der Kerpener.
Auch Martin Grüning sowie dessen Partnerin und deren Tochter, die der Initiative "Kerpen zeigt Herz" angehören, sind da. Er sagt: "Wir wollen helfen, haben aber noch keinen konkreten Plan wie. Wir warten ab, was benötigt wird und welche Wünsche die Flüchtlinge haben." In die gleiche Kerbe schlagen Maren und Johannes (beide 18) vom Kerpener Jugendtreff, die ebenfalls vorbeigeschaut haben. Sie sind bereits auf die Wohngruppe mit fünf Flüchtlingen in der Bachstraße aus eigenem Antrieb zugegangen - was bei den Neubürgern auf große Freude gestoßen ist und bereits zu mehreren gegenseitigen Besuchen geführt hat.

Ähnlich will auch Katja Dern verfahren: "Wir wollen die Flüchtlinge erst einmal ankommen lassen. Es hat sich schon gleich am Anfang gezeigt, dass viele jetzt erst einmal einfach zur Ruhe kommen wollen."Extra

Die ersten Flüchtlinge ziehen in Burg Kerpen ein - Freude über große Zimmer und Internet
Foto: klaus kimmliong (e_daun )
Die ersten Flüchtlinge ziehen in Burg Kerpen ein - Freude über große Zimmer und Internet
Foto: klaus kimmling (e_daun )
 Erst einmal ankommen (von links): Hanano sowie Munzar und Mohamed freuen sich über ihr neues Zuhause.

Erst einmal ankommen (von links): Hanano sowie Munzar und Mohamed freuen sich über ihr neues Zuhause.

Foto: klaus kimmliong (e_daun )
 Die Zimmer auf Burg Kerpen bieten Komfort und eine gewisse Privatsphäre.

Die Zimmer auf Burg Kerpen bieten Komfort und eine gewisse Privatsphäre.

Foto: klaus kimmliong (e_daun )

563 Flüchtlinge sind seit Beginn des Jahres in den Kreis Vulkaneifel gekommen. Seit dem 1. November muss sich der Kreis zudem um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge kümmern. Sie waren zunächst im Jugendhilfezentrum Helenenberg (Kreis Trier-Saarburg) untergebracht. Vier Flüchtlinge sind in Meisburg untergebracht (zwei weitere sollen im Dezember folgen), fünf im Don-Bosco-Haus in Jünkerath. sts

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