Die Motorsägen laufen auf Hochtouren

Daun/Gerolstein/Hillesheim · Ein 80 Jahre alter Baum ist vor zwei Monaten in Trier umgestürzt und hat eine Passantin unter sich begraben. Fällarbeiten in Gerolstein, Hillesheim und Daun zeigen: Das Unglück hat auch die Verantwortlichen in der Vulkaneifel sensibilisiert.

 Baum gefällt: Auf den Parkplätzen entlang der Kyll kappt die Stadt Gerolstein seit einer Woche mit schwerem Gerät Ahornbäume und Weiden. TV-Foto: Mario Hübner

Baum gefällt: Auf den Parkplätzen entlang der Kyll kappt die Stadt Gerolstein seit einer Woche mit schwerem Gerät Ahornbäume und Weiden. TV-Foto: Mario Hübner

Daun/Gerolstein/Hillesheim. Heftige Windböen streichen über den Rasen neben der St.-Nikolaus-Kirche in Daun. Gerhard Herzog und Hendrik van Schooten vom Dauner Forstrevier stehen auf dem Rasen neben dem Gotteshaus und blicken in die Krone der beiden 80 Jahre alten Rosskastanien, die sich über ihnen erheben. Der rechte Baum neigt sich in bedenklicher Weise. An mehreren Stellen scheint der Stamm angefressen. In einem Astloch glänzt schwarz die Fäulnis. "Da braucht man kein Fachmann zu sein, um zu sehen, dass die wegmüssen", sagt Gerhard Herzog.
In ein paar Wochen sollen die Kastanien gefällt werden. Die Blaufichten, die den Hang von der Kirche hinab in Richtung Netto-Markt säumen, werden dabei ebenfalls geschlagen. "Dann haben die Menschen wieder einen freien Blick auf die Burg", sagt Herzog.
Der Dauner Revierleiter und Forstwirtschaftsmeister van Schooten sind Experten, wenn es um Bäume geht. Ihr Zuständigkeitsbereich ist der Staatswald. Doch Städte und Gemeinden greifen auf ihre Expertise zurück, wenn es darum geht, die Gesundheit oder das Gefahrenpotenzial eines Baumes einzuschätzen. "Wir wurden vom Verwaltungsrat der Kirche gefragt, ob wir die Bäume checken können", erklärt Herzog.
Der 55-Jährige aus Boverath war auch dabei, als die Bäume am Dauner Marktplatz geprüft wurden. "Drei Bäume werden dort gefällt werden müssen", erklärt Herzog. Die Weiden, die den Weg am Dauner Forstamt säumten, sind jetzt schon verschwunden. Sie waren so marode, dass sie auseinanderzubrechen drohten
Jeder Baum wird kontrolliert


"Seit zehn Jahren prüfen und sichten wir zweimal jährlich alle Bäume", erklärt Jürgen Mathar von der Verbandsgemeindeverwaltung Hillesheim.
Mathar arbeitet bei der Bauabteilung im Rathaus und ist unter anderem zuständig für die Bäume, die die Straßen und Wege der Stadt säumen. "Nach dem Vorfall in Trier ist man noch sensibler geworden", sagt Mathar. Eine Frau starb im November in Trier, als eine Rosskastanie mitten in der Innenstadt umfiel (siehe Extra).
Erst vor einer Woche rodeten Mathars Mitarbeiter auch in Hillesheim: Mehrere Weiden, Eschen und Erlen entlang des Wegs am Mühlendamm kamen weg. Aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht, wie Mathar betont. In den vergangenen beiden Wintern habe es dort viel Astbruch gegeben - eine potenzielle Gefahr für alle, die sich unter den Bäumen aufhalten, erklärt Mathar. "Der Eifelsteig geht dort vorbei, die Rheinland-Pfalz-Radroute, außerdem viele Schüler. Da ist viel Betrieb."
Sonderkontrollen bei Sturm


Auch mit den Kastanien auf dem Hillesheimer Viehmarktplatz ist Mathar nicht glücklich. "Sobald hier Windstärke sieben und stärker ist, bekomme ich ein Grummeln im Bauch", sagt er. Er und seine Männer würden dann zu besonderen Kontrollfahrten ausrücken.
150 bis 170 Jahre alt sind die Bäume am Viehmarktplatz. Ihre besten Zeiten haben sie hinter sich. Ein Fachbüro wurde bereits mit der Untersuchung ihrer Standfestigkeit beauftragt. Noch im Frühjahr sollen die Stämme genau unter die Lupe genommen werden.
Wie Mathar weiß auch Ewald Michels, Leiter des Forstreviers Gerolstein, dass das Fällen von Bäumen im Stadtgebiet ein sensibles Thema sein kann.
Erst in dieser Woche wurden am Postvorplatz und am Kirmesplatz in Gerolstein Bäume abgesägt - ebenfalls aus Gründen der Sicherheit, wie Michels sagt. "Die Pappeln haben ihr biologisches Alter erreicht und wiesen viele Schäden auf: faule Teile, Verletzungen, Pilzbefall." Es seien auch schon Äste herabgefallen. Die Stadt Gerolstein habe unter Zugzwang gestanden.
Sein Kollege Karl-Ludwig Pentzlin, Leiter des Forstamts Daun, sieht alte Bäume ebenfalls eher als mögliche Gefahrenquellen denn als Naturdenkmäler. "Die Sicherheit kennt keine Diskussionen. Das Leben der Menschen geht vor", sagt er.
Mitglieder des Naturschutzbunds Nabu waren bei der Begutachtung der Bäume am Forstamt sogar dabei - und erheben keinen Einspruch gegen die Rodung: "Das waren alte Weiden, sie waren zum großen Teil bruchgefährdet. Es wäre nicht mehr zu verantworten gewesen, sie stehen zu lassen", sagt Josef Wagner von der Dauner Gruppe des Nabu. "Ich denke, wir haben einen guten Kompromiss gefunden zwischen alten Bäumen und der Sicherheit der Fußgänger."
Extra

 Gerhard Herzog (links) und Hendrik van Schooten begutachten eine Kastanie bei der St.-Nikolaus-Kirche in Daun. TV-Foto: Tobias Senzig

Gerhard Herzog (links) und Hendrik van Schooten begutachten eine Kastanie bei der St.-Nikolaus-Kirche in Daun. TV-Foto: Tobias Senzig

Eine etwa 80 Jahre alte und 15 Meter hohe Kastanie ist am 21. November des vergangenen Jahres in Trier umgestürzt. Der morsche Baum kippte im Wilhelm-Rautenstrauch-Park in der Innenstadt um und begrub eine 70-jährige Frau unter sich. Ein Mann wurde verletzt. Die Stadt hatte den Laubbaum nicht als gefährlich eingestuft. Derzeit laufen noch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. noj/sen

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