Justiz Wohl keine dauerhafte Einweisung für kranken Angeklagten

Gerolstein/Trier · Die Schwere der Tatbestände reicht nach Ansicht des Gerichts nicht für einen unbefristeten Psychiatrie-Aufenthalt des 34-jährigen psychisch Kranken aus. Der hatte in Gerolstein gewütet und einen Polizisten erheblich verletzt.

Die Schwere der Tatbestände reicht nach Ansicht des Gerichts nicht für einen unbefristeten Psychiatrie-Aufenthalt des 34-jährigen psychisch Kranken aus.
Foto: Roland Morgen

Der Angeklagte hat in einem Gerolsteiner Wochenendhaus Sachschaden von mehr als 50 000 Euro angerichtet und bei der Festnahme einen Polizisten erheblich verletzt. Seit drei Verhandlungstagen berät die Dritte Große Strafkammer über das weitere Schicksal des 34 Jahre alten Mönchengladbachers, bei dem die psychiatrische Sachverständige Dr. Konstanze Römer eine Form der Schizophrenie festgestellt hatte, die eine lebenslange, medikamentöse Behandlung erfordere.

Derzeit ist der Angeklagte nur vorläufig in der Klinik Andernach untergebracht und wird dort medikamentös behandelt. Und an dieser Stelle beginnt das Dilemma: Hätte der Mann im Zustand der Schuldunfähigkeit fortgesetzt schwerste Gewalttaten begangen, könnte er als Gefahr für die Allgemeinheit eingestuft und unbefristet in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen werden. Damit wäre auch seine fortlaufende Behandlung gesichert. Doch dem ist nicht so: Der Haupttatkomplex umfasst lediglich Sachbeschädigungen. Eine Ausnahme bildete der Tritt gegen einen Polizeibeamten. Ein Ausraster, der womöglich der Festnahmesituation geschuldet war. Der Vorsitzende Richter Armin Hardt erklärt die Konsequenz: „Auf Dauer einweisen können wir ihn damit nicht. Das wäre Freiheitsberaubung und damit rechtswidrig.“

Es sei abzusehen, dass die Kammer aufgrund der Beweisaufnahme zu einem entsprechend milden Urteil komme. Danach werde der Kranke allein und auf sich gestellt vor dem Gericht stehen. Und zu seiner Familie nach Mönchengladbach könne er auch nicht zurück.

Das Gericht, Verteidigerin Martha Schwiering und Staatsanwältin Frauke Straaten sind daher sichtlich bemüht, eine Lösung zu finden. In einem Punkt ist man sich einig: Ihn allein in eine Wohnung zu setzen, sei aussichtslos. Auch die psychiatrische Sachverständige hatte dringend davor gewarnt. Der Mann sei damit völlig überfordert. Schon in der vorangegangenen Sitzung hatte die Verteidigerin daher angeregt, ein geeignetes Heim in der Nähe der Klinik zu finden, wodurch auch eine dauerhafte ambulante Behandlung möglich wäre. Alternativ sollte geprüft werden, ob auch eine Überweisung in eine allgemeine Psychiatrie infrage komme. Ihr Mandant wäre damit einverstanden.

Wie es um den medizinischen Zustand des Angeklagten derzeit steht, darüber berichtet am jüngsten Verhandlungstag ein Arzt aus der Andernacher Klinik. Er spricht von Fortschritten. Der Patient sei inzwischen „medikamentös eingestellt“, er nehme die Mittel ein, das werde überprüft. Wahnvorstellungen wie „Stimmen hören“ träten nicht mehr auf und Gespräche mit ihm seien inzwischen einigermaßen möglich. Der Arzt erläutert die weitere geplante Behandlung, und „wenn er weitere Fortschritte macht, wird er aus der geschlossenen Station ins Nette-Haus zur gelockerten Behandlung wechseln“. Wie lange der Patient in der Anstalt bleiben muss, kann der Arzt  nicht sagen. Und die Frage, ob eine Gefahr von ihm ausgehen könnte, kann er auch nicht beantworten. Er sagt nur: „Allein in einer Wohnung leben kann er nicht, zumal dann die Medikation nicht gesichert wäre.“

Nach der Beratungspause gibt der Vorsitzende eine Zwischenentscheidung zu Protokoll: Das Gericht wird den Sozialarbeiter des Nette-Guts bitten, in der Nähe der Anstalt einen geeigneten Heimplatz für den Angeklagten zu finden. Der Betroffene sei auf Befragen bereit, dauerhaft in einer solchen Einrichtung zu leben, die Medikamente einzunehmen und regelmäßig Termine in der Andernacher Psychiatrie wahrzunehmen.

Die Kammer hofft, dass der Sozialarbeiter bis zum 1. März eine geeignete Heimunterbringung gefunden hat. Die Verhandlung soll am 4. März, 9 Uhr, fortgesetzt werden. Vorsitzender Hardt: „An diesem Tag möchte ich den  Fall auch abschließen können.“

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