Die vielen Kinder sind der größte Reichtum

Wiesbaum-Mirbach · Die Ortsgemeinde Wiesbaum-Mirbach, die den Industrie- und Gewerbepark der Verbandsgemeinde Hillesheim beherbergt, kann trotz hoher Gewerbesteuereinnahmen ihren Haushalt nicht ausgleichen. Das liegt aber nicht an massiven Investitionen, sondern primär an der hohen Umlagenbelastung.

 Lebendiges Dorf: Entgegen dem Trend leben in Wiesbaum seit Jahren sehr viele junge Familien mit Kindern. Foto: Ortsgemeinde Wiesbaum

Lebendiges Dorf: Entgegen dem Trend leben in Wiesbaum seit Jahren sehr viele junge Familien mit Kindern. Foto: Ortsgemeinde Wiesbaum

Wiesbaum-Mirbach. Welcher Ortsbürgermeister kann schon sagen, dass sein Dorf 850 000 Euro Gewerbesteuer einnimmt? In der Eifel kaum einer. Karin Pinn schon. Dennoch hält sich das Entzücken der Ortsbürgermeisterin von Wiesbaum-Mirbach in Grenzen. Denn auch im Haushalt für dieses Jahr klafft wieder ein großes Loch: 457 000 Euro.
Nur weil von der hohen Kante 350 000 Euro genommen werden, reduziert es sich auf immer noch 107 000 Euro.
"Ich bin seit 2011 im Amt, und seither ist die Gewerbesteuer Jahr für Jahr gestiegen, aber wir hatten auch jedes Jahr einen defizitären Haushalt", sagt sie.
Den Vorwurf der schlechten Amtsführung, der angesichts solcher Daten rasch aufkommen könnte, pariert sie mit einem Lächeln und dem Hinweis darauf, dass das Dorf in diesem Jahr für gerade einmal 35 000 Euro Investitionen vornimmt - für die Sanierung von Feldwegen und des Mehrzweckgebäudes. Das bietet der Feuerwehr und der Jugend Platz und beherbergt die Bücherei.
Hinzu kommen Unterhaltungsarbeiten sowie der Winterdienst. "Insgesamt sind es 80 000 Euro, über die wir selbst verfügen können. Bei einem Gesamtetat von über einer Million Euro ist das schon sehr mager", sagt Pinn. Das Geld mit vollen Händen herauswerfen oder gar Protzen sieht anders aus. Die letzte größere Investition stammt aus dem Jahr 2013: Da wurde das Dorf für 27 000 Euro Gemeindeanteil mit schnellem Internet versorgt.
"An unserem Beispiel sieht man sehr deutlich, wie schief das Gemeindefinanzierungskonzept ist. Wir zahlen mehr als 100 Prozent an Umlagen", sagt Pinn. Insgesamt führt die Gemeinde in diesem Jahr 1,165 Millionen Euro ab: je 470 000 Euro an Verbandsgemeinde und Kreis, 100 000 Euro ans Land (Gewerbesteuerumlage), 64 000 Euro Kita-Umlage und weitere 61 000 Euro ans Land - in den kommunalen Finanzausgleich. "Und aus dem Topf bekommt beispielsweise Walsdorf Geld, das durch seinen Bruchzins ohnehin schon reich ist", echauffiert sich die Ortschefin. 2011 lag die Umlagenbelastung bei etwas mehr als der Hälfte von heute: bei 661 000 Euro.
Während der Ortschefin die Zahl der Leerstände (derzeit zwei) keine Sorgen bereitet, "da die Häuser meist rasch wieder verkauft werden", sieht sie in der Unterhaltung der öffentlichen Gebäude ein Riesenproblem. Drei Kirchen in beiden Ortsteilen, ein Sportlerheim, das Jugendheim (Mehrzweckgebäude) sowie das Gemeindehaus in Mirbach bedürfen regelmäßig der Unterhaltung und Pflege.
Pinn prognostiziert: "Das frisst uns irgendwann mal auf." Als absolut positiv wertet sie hingegen die lebendige Dorfgemeinschaft und die außergewöhnliche demografische Struktur. Wiesbaum ist seit 20 Jahren um etwa 200 auf 650 Einwohner gewachsen. Heute gibt es 95 Kinder unter 15 Jahren und daher auch drei Spielplätze, einen Jugendraum sowie Kinder- und Jugendgruppen beim Theater, Karneval und beim Sportverein. Pinn sagt: "Das Dorf lebendig zu halten, ist mindestens genauso wichtig wie das Geld. Und daher investieren wir genau in diese Bereiche - wie das schnelle Internet." Schließlich ziehe doch keine junge Familie mehr dorthin, wo es das nicht gebe, und wo das Kind alleine an der Bushaltestelle stehe. "Und bei uns stehen da morgens 40 Kinder", sagt die Ortschefin voller Stolz. In den Neubaugebieten, die relativ groß ausgefallen sind, sind noch 16 Plätze in Wiesbaum und 12 Plätze in Mirbach frei. Aber alleine im vergangenen Jahr sind wieder drei Baustellen verkauft und vier neue Häuser gebaut worden.
Extra

Mit der Kommunalwahl im Mai 2014 haben sich in Wiesbaum die politischen Kräfteverhältnisse komplett geändert. Zwar wurde Karin Pinn bei einer Stichwahl im Amt bestätigt, dafür zogen die Windkraftgegner von "Sturm im Wald" mit sieben Vertretern in den zwölfköpfigen Gemeinderat ein. Damit war das Aus für die Windkraftpläne der Gemeinde besiegelt. Auf der Gemarkung des Dorfes sollten drei Anlagen errichtet werden, im Herbst steigt die Gemeinde aus den Projekten aus. Pinn sagt: "Das Thema Windkraft, aus dem wir uns neue Einnahmen erhofft hatten, ist für die nächsten Jahre durch." Die Stimmung im Dorf habe sich inzwischen wieder normalisiert. "Die Wahl und der Wahlkampf haben sich negativ auf die Stimmung ausgewirkt, doch mittlerweile ist wieder Ruhe eingekehrt. Das sieht man alleine daran, dass wir den Etat einstimmig beschlossen haben", sagt die Ortsbürgermeisterin. mh

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