Dornröschenschlaf nachhaltig gestört

Hürde genommen: Die Stadt Gerolstein hat die ehemalige Drahtwarenfabrik bei der Zwangsversteigerung für 45 000 Euro gekauft. Was mit dem Areal passieren soll, ist noch unklar.

 Eines der letzten Gerolsteiner „Filetstücke“: das Areal der ehemaligen Drahtwarenfabrik. TV-Foto: Mario Hübner

Eines der letzten Gerolsteiner „Filetstücke“: das Areal der ehemaligen Drahtwarenfabrik. TV-Foto: Mario Hübner

Gerolstein. "Das Gebiet ist eines der letzten Filetstücke in Gerolstein. Das mussten wir kaufen." Mit diesen Worten rechtfertigte Stadtbürgermeister Karl-Heinz Schwartz (CDU) den Erwerb des Areals zwischen Lindenstraße und Auberg.

Doch das Gelände samt den Gebäuden und Hallen liegt nicht nur zentral und ist geschichts-trächtig (es handelt sich um die erste Gerolsteiner Fabrik); es wird mutmaßlich auch noch viel Geld und Arbeit kosten, bis das Gelände anderweitig genutzt werden kann.

Doch das spielt für den Stadtbürgermeister derzeit nicht die erste Rolle. Er erklärt: "Tatsache ist, dass das Gelände so nicht liegen bleiben kann und es sich um ein Areal handelt, das wichtig für die Stadtentwicklung ist. Das müssen und wollen wir aus dem Dornröschenschlaf erwecken."

Damit spielt Schwartz auf das Peschenbach-Areal von der Erlöserkirche entlang dem Kreisheimatmuseumm und dem alten Friedhof auf Sarresdorf bis hin zur Fabrik hin. "Wir planen die Renaturierung des Peschenbachs, der auf dem Fabrik-Gelände verrohrt und unter der Produktionshalle durchgeführt wurde. Zudem gibt es Gedankenspiele, den Friedhof zu einer Parkanlage umzuwandeln. Und am Kreisheitatmuseum tut sich ja bereits einiges", sagt Schwartz.

Eine künftige gewerbliche oder gar industrielle Nutzung der ehemaligen Drahtwarenfabrik kommt für Schwartz nicht in Frage, Wohnbebauung schon eher. Bis es soweit sei, könnten aber "gut und gerne zehn bis zwölf Jahre" ins Land gehen, meint Schwartz.

Zuvor gilt es unter anderem, die Frage nach den Altlasten auf dem ehemaligen Fabrikgelände zu klären (der TV berichtete). "Das werden wir Stück für Stück mit der zuständigen Behörde in Angriff nehmen", kündigte der Stadtbürgermeister an.

Ein anderes Problem werde bereits angepackt: die Entsorgung der sich in den Hallen türmenden Unmengen von Altreifen sowie "gut 2000 alten Waschmaschinen und Kühlschränken". Schwartz erläutert: "Es ist vertraglich mit den jetzigen Mietern fixiert, dass die Entsorgung bis Ende September abgeschlossen sein muss." Auf Nachfrage sagte der Stadtbürgermeister: "Es ist sichergestellt, dass das die Stadt nichts kostet und dass sie nicht auf den Sachen sitzen bleibt."

Ob von den zumeist sehr maroden Gebäudeteilen (Risse in den Wänden, kaputte Dächer, demolierte Scheiben oder komplett fehlende Fenster und, und, und) noch das ein oder andere stehen bleiben kann, sei unklar. Schwartz: "Die beiden Hallen im oberen Bereich müssen wohl komplett abgerissen werden, das Gebäude zur Lindenstraße hin ist gegebenenfalls erhaltenswert." EXTRA Die Drahtwarenfabrik Christian Oos, die um 1880 eröffnet wurde, nahm als erste Fabrik in Gerolstein die Produktion auf - noch vor dem Sprudelbetrieb. Die meisten Gebäude stammen aber aus den Jahren 1900 bis 1920. In der Fabrik wurden Haushaltsgeräte aus Draht sowie die berühmten Nerother Mausefallen industriell angefertigt. Viele Menschen bezogen dort aber auch nur den Draht, um die Gerätschaften in Heimarbeit herzustellen. Die fertigen Stücke lieferten sie dann wieder in der Fabrik ab, die sich anschließend um die Vermarktung kümmerte. Seit mehr als zehn Jahren wird dort nicht mehr gearbeitet. In Hochzeiten waren dort bis zu 200 Menschen beschäftigt. (mh)

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