Draufsatteln statt aufgeben

Fast 50 Prozent mehr Teilnehmer als bei der Premiere im Vorjahr, aber nach wie vor nur mäßiger Besuch: Die Bilanz des zweiten Gerolsteiner Tour-Festivals fällt ambivalent aus.

Gerolstein. (mh) Die Zelte sind abgebaut, Fahrer, Veranstalter und Messebeschicker des zweiten Gerolsteiner Tour-Festivals abgereist, die vielen ehrenamtlichen Helfer gehen wieder ihrer normalen Beschäftigung nach: Zeit für die Verantwortlichen vor Ort, eine erste Bilanz zu ziehen und auf die dritte Auflage im nächsten Jahr zu blicken. Denn die soll es nach Worten des Veranstalters geben (der TV berichtete). Hans-Peter Böffgen, Geschäftsführer der Tourismus- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft (TW) Gerolsteiner Land, sagt: "Unsere Ziele aus touristischer Sicht wurden erreicht: Wir hatten eine sehr große Medienpräsenz, wodurch der Name Gerolstein und die Radsportregion Vulkaneifel überall hin getragen wurden. Und auch die Buchungssituation war sehr gut: Im Kreis war kein Zimmer mehr zu kriegen.""Viele wollen zum Training wiederkommen"

Astrid Petry, Chefin der Tourist-Information Gerolstein, unterstrich dies. "Wir haben nicht nur im Gerolsteiner Land, sondern auch in den Nachbarregionen Buchungen vermittelt. Das war sehr gut."Nach ihren Angaben sei auch das Interesse an der Radsportregion groß gewesen. "Viele Teilnehmer haben sich nach Trainingsstrecken erkundigt und angekündigt, dass sie auf jeden Fall zum Training wiederkommen wollen - darunter auch beachtlich viele Familien." Zudem sei das Radmagazin Eifel "sehr oft nachgefragt" worden. Und auch finanziell hat es sich für die TW laut Geschäftsführer Böffgen gerechnet. Er meint: "Wir haben drei Viertel unserer Kosten von diesmal knapp 70 000 Euro wieder rein bekommen, das war besser als geplant. Den Rest müssen wir als Wirtschaftsförderung für die Region betrachten." Trotzdem herrschte bei den Touristikern nicht nur eitel Sonnenschein. Vor allem die Teilnehmerzahl müsse weiter nach oben geschraubt werden, und das gehe wohl nur beim Marathon. Die Messe hingegen wird laut Böffgen künftig "kleiner, aber feiner werden".Klaus Schäfer, Geschäftsführer der Eifel-Touristik (ET), sagt nach der erneut von durchwachsenem Wetter gebeutelten Veranstaltung: "Das Festival ist nach wie vor eine fantastische Möglichkeit, an die Klientel der Rennradfahrer heranzukommen. Um es zu etablieren, bedarf es aber der Verstetigung des Angebots über mindestens fünf Jahre und der entsprechenden Geduld."Bereits am Sonntag hatte Monika Weber vom veranstaltenden Delius-Klasing-Verlag, der Europas größtes Radsportmagazin "Tour" herausgibt, dem TV gesagt, dass sie von einer Fortsetzung 2008 ausgehe. Angesichts des erneut schwachen Besuchs an den rund 70 Ständen (trotz diesmal freien Eintritts), geht Monika Weber künftig von einer kleineren Messe aus. Denn bereits nach der verregneten Premiere hatte sie alle Hände voll zu tun, die Messebeschicker von einer nochmaligen Teilnahme in Gerolstein zu überzeugen. Ein weiteres Mal werde ihr das bei einigen Händlern "wohl nicht mehr gelingen". Sie relativiert jedoch: "Die Messe gehört zum Festival, ist aber nicht der Kern der Veranstaltung. Das sind die Rennen."Diskussion um Verlängerung des Festivals

 Der beste Besuch und die beste Stimmung während des zweiten Gerolsteiner Tour-Festivals am Wochenende herrschte bei den Kinderrennen am Sonntag. TV-Foto: Mario Hübner

Der beste Besuch und die beste Stimmung während des zweiten Gerolsteiner Tour-Festivals am Wochenende herrschte bei den Kinderrennen am Sonntag. TV-Foto: Mario Hübner

Daher hatte sie vorgeschlagen, das Festival auf ein Brückenwochenende zu verlagern und somit um einen Tag zu verlängern. Ziel: ein zusätzliches Hobby-Rennen, das vor allem Fahrer aus der Region und weitere Besucher anlockt. Dazu meint Touristiker Böffgen: "Davon halte ich nichts, denn das ist den vielen Helfern und den von den Straßensperrungen betroffenen Betrieben kaum zuzumuten."Finanziell, so Webers erste Einschätzung am Sonntagnachmittag, sei das Festival "weiter ausbaufähig, aber bei Weitem nicht so ein Desaster wie bei der Premiere" gewesen. Damals hatte der Veranstalter laut Weber ein sechsstelliges Minus eingefahren - bei Kosten zwischen einer halben und einer dreiviertel Million Euro. Dem gegenüber stehen Einahmen aus dem Verkauf von Festival-Artikeln, Speisen und Getränken, Sponsorengelder, 30 bis 60 Euro für einen Startplatz (bei 2600 Teilnehmern) sowie Gebühren für einen Messestand um die 2500 Euro (bei gut 70 Ausstellern). Meinung Kein Durchbruch, kein Beinbruch Das zweite Gerolsteiner Tour-Festival war besser organisiert, verlief reibungsloser und lockte mit 2600 Teilnehmern rund 50 Prozent mehr an als bei der Premiere. Ein beachtlicher Erfolg. Dazu hat beigetragen, dass nachgebessert wurde. Sowohl der freie Eintritt für die Messe als auch die kleine Marathon-Schleife waren Schritte in die richtige Richtung: Angebote für Jedermann. Denen sollten weitere folgen, um noch mehr Teilnehmer und Besucher anzulocken. Der große Durchbruch war das zweite Gerolsteiner Tour-Festival dennoch nicht. Denn die Zuschauer blieben erneut fern. Das zeigt: Die viel zitierte Radsport-Euphorie, die solch ein Festival befördern kann und dadurch auch befördert wird, herrscht im Gerolsteiner Land, in der Eifel, noch immer nicht vor. Leider! Dennoch hat das Festival eine Zukunft - selbst wenn sich der Veranstalter zurückzieht und der Gerolsteiner Brunnen sich kein Profi-Radsport-Team mehr leistet. Denn: Das Know-how ist da, das Festival ist in der Szene bekannt, und auch das Ziel bleibt das Gleiche: die Eifel als Radsport-Region zu etablieren. m.huebner@volksfreund.de

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