"Du sollst Angst haben"

WALSDORF. Beim Prozessauftakt gegen den mutmaßlichen Brandstifter Alfred S. kamen nicht nur der Alkoholkonsum, die Gewaltbereitschaft und der Psychoterror gegen die Familie, sondern auch der Zugang zu den Waffen der Reservistenkameradschaft zur Sprache. Allerdings gab es dazu heftige Dementi am Rande der Verhandlung. Heute geht der Prozess weiter.

Die Anklageschrift: Am 9. August 2003 hatte S. angeblich das Haus seiner fünfköpfigen Familie in Brand gesetzt. Anschließend lieferte er sich mit über drei Promille Alkohol im Blut mit der Polizei eine Verfolgungsjagd, die in einem Unfall in der Hillesheimer Ortsmitte endete. Am Tag zuvor soll der 45-Jährige versucht haben, den neuen Wohnsitz seiner Familie, die ihn einige Zeit zuvor verlassen hatte, anzuzünden (der TV berichtete mehrmals). Beispiele für den Psychoterror gab es zum Prozessauftakt zur Genüge. "Es gibt Menschen, die sind lieber tot, und ich wünsche dir, dass du besser tot wärst…", oder "Ich weiß, wann ich wieder komme, aber du weißt es nicht. Du sollst Angst haben…," derartige Nachrichten von der Handy-Mailbox stehen im Protokoll der Kripo. Josef Thul, Vorsitzender Richter, liest sie während der Zeugenaussage des 15-jährigen Stiefsohnes vor. Tobias bestätigt, dass S. ständig über sein Handy versucht habe, die Mutter zu terrorisieren. Am neuen Wohnsitz hatten sie nämlich eine Geheimnummer. Mit Drohungen habe der alkoholisierte Stiefvater ständig die Mutter in Schach gehalten. "Abends hörten wir, wenn er sagte, dass er einfach in die Küche gehen könnte, um ein Messer zu holen oder ein Handgriff würde ausreichen, um ihr Genick zu brechen", beschreibt Tobias den Familienalltag. Der Alkoholkonsum von S. sei seit dem Eintritt in die Reservistenkameradschaft gestiegen. Das bestätigt auch seine Mutter als Zeugin: "Er brachte von den Reservisten Gewehre und Munition mit nach Hause. Waffenkataloge lagen ständig aufgeschlagen rum", berichtet sie. Der Richter und der Staatsanwalt gehen auf diese Aussage nicht ein. Später im TV -Gespräch fügt die dreifache Mutter an: "Das war für mich doch der Beweis, dass der an alles dran kommt. Meine Angst stieg ständig". In der Handtasche hat sie als Beweis ein 9,3 Millimeter Geschoss. Sie habe es nicht dem Richter gezeigt, "weil der nicht danach gefragt hat". Im Flur vor dem Gerichtssaal fragt sie Willi Mohr, den damaligen Vorsitzenden der Reservisten, nach der Herkunft des Geschosses. "Alfred hat keine Waffen oder Munition mit nach Hause genommen. Er hatte gar keinen Zugang zur Munition". S. habe zwar die Waffensachkundeprüfung abgelegt, aber keinen Bedürfnisnachweis für eine Waffenbesitzkarte bekommen.Angeklagter drohte mit Selbstmord

Als letzter Zeuge des ersten Prozesstages sagte ein Polizist der Dauner Inspektion zu einem Vorfall vom dritten August 2003 aus. S. hatte mit Selbstmord gedroht, falls die Freundin der Ehefrau nicht deren neuen Aufenthaltsort nennen würde. Polizei und Sanitäter bekamen nach einigem Hin und Her Zugang zum Haus, in dem sich S. "sehr betrunken" (2,42 Promille) aufhielt. Tatsächlich fand der Polizist auf dem Speicher einen Strick am Querbalken, "aber aufgewickelt bis zur Schleife" - laut S. sei dies schon seit zwei Jahren so gewesen. Der Notarzt verfügte daraufhin die Einweisung in die geschlossene Abteilung des Gerolsteiner Krankenhauses, die S. am Folgetag aber wieder verließ. Der Prozess geht heute, um neun Uhr, vor dem Wittlicher Amtsgericht weiter. Dem Angeklagten drohen mindestens ein Jahr, höchstens 15 Jahre Haft.

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