Dunkles Geheimnis der Urangewinnung

Brandheißes Thema: Gut 100 Interessierte haben sich im Kino in Hillesheim den Film "Yellow Cake - Die Lüge von der sauberen Energie" des Berliner Dokumentarfilmers Joachim Tschirner angesehen und darüber diskutiert.

Hillesheim. "Auch ohne Super-Gau in Japan ist das alles Wahnsinn. Keiner weiß, wohin mit dem tödlichen Abfall, und durch den Film bekommt man mal einen Einblick, welche verheerenden Folgen für Mensch und Natur die Gewinnung der Yellow Cakes nach sich zieht." Mit diesen Worten sprach ein Zuschauer den rund 100 sichtlich beeindruckten bis erschrockenen Gästen aus der Seele. Sie haben soeben in der Eifel-Film-Bühne der Familie Runge in Hillesheim den 2010 nach gut fünf Jahren Arbeit fertiggestellten Dokumentarfilm des Berliner Autors und Regisseurs Joachim Tschirner - Vater der Schauspielerin Nora Tschirner - gesehen.

Die Botschaft der nüchtern und ruhig vorgetragenen, aber dennoch schockierenden Darstellung der Uranproduktion ist eindeutig: Das Gerede von der sauberen Atomenergie ist eine Mär. Verseuchte Flüsse und Seen, geschundene Landstriche, unwissende und ungeschützte Minenarbeiter, Millionen Tonnen notdürftig unter der Erde deponierte oder in unzureichend abgedichteten Becken gesammelte radioaktive Schlämme beweisen das.

Drehgenehmigung versagt



Tschirner, Jahrgang 48, ist es mit seinem Film gelungen, ein wenig Licht in das dunkle Geheimnis des Uranerzabbaus zu bringen. Denn das wird nach wie vor - nicht nur seinerzeit bei der Wismut in Ostdeutschland - gut gehütet. Tschirner gibt Einblicke in die Umstände des Uranerzabbaus der größten Minen der Welt in Kanada, Australien und Namibia, obwohl ihm mehrfach die Drehgenehmigung versagt wurde.

Er begleitet die Sanierung der mehr als 1000 strahlenden Halden der Wismut in Thüringen und Sachsen, er lässt Arbeiter, Firmenbosse und die einheimische Bevölkerung zu Wort kommen und nennt gewaltige Zahlen, Daten, Fakten.

So über die "Wismut": Dort wurden 220 000 Tonnen Uran gefördert - eine Menge, die für 32 000 Hiroshima-Bomben gereicht hätte. Die Sanierung, die seit 20 Jahren läuft und noch mindestens bis 2040 dauern wird, hat bereits 6,5 Milliarden Euro Steuergeld gekostet.

Die Fahrzeugstaffel, die die strahlenden Halden abträgt und in die Tagebaugruben kippt, verbraucht täglich 40 000 Liter Diesel. "Und keiner kann sagen, was in zehn oder 50 Jahren mit dem Material passiert ist", sagt Tschirner und fügt hinzu: "Das ist kein Film wegen Japan, aber natürlich will ich mich einmischen und die Menschen zum Nachdenken anregen. Und dafür ist jetzt, wo die Menschen aufgerüttelt sind, der richtige Zeitpunkt."

Das sind sie in der Tat. "Was können wir denn tun?" fragte eine Zuschauerin und bekam als ersten Tipp den Wechsel zu einem "richtigen" Ökostromanbieter. Damit wollen sich - vor allem vor dem Hintergrund des drohenden Super-Gaus in Japan - aber die wenigsten zufriedengeben. Karl-Wilhelm Koch, Grünen-Kreisgeschäftsführer, Autor des Buches "Störfall Atomkraft" und Co-Referent des Abends, hat sich daher bereiterklärt, "auch in Hillesheim etwas gegen die Atompolitik auf die Beine zu stellen". Zum anderen verwies er auf seine Homepage www.stoerfall-atomkraft.de, auf der er täglich aktuelle Informationen zu Japan zusammenträgt.

Zuschauerin Ursula Breitbach aus Mechernich fühlte sich nach dem Film "aufgerüttelt" und "ohnmächtig". Ihr Mann Peter brachte es auf den Punkt: "Bislang habe ich mich in Sachen Atomenergie stets um Sicherheit der Meiler und die ungelöste Atommüllfrage gesorgt. Dass aber bereits die Uranerzeugung ebenfalls so viele Probleme mit sich bringt, erschüttert mich. Jetzt wird erst recht klar: Finger weg von der Atomenergie." mh

EXTRA YELLOW CAKE



Der radioaktive Ausgangsstoff für die Herstellung von Brennelementen für Atomkraftwerke ist ein gelbes, pulverförmiges Gemisch von Uranverbindungen, das aus Uranerz gewonnen wird. Aus einer Tonne Erz werden zwischen 250 und 500 Gramm Yellow Cake (englisch: gelber Kuchen) gewonnen - nach Zerkleinerung und Auswaschung mit großen Mengen Schwefelsäure. Die ebenfalls strahlenden, schlammartigen Rückstände, die sogenannten Tailings, von denen jährlich viele Millionen Tonnen anfallen, sind besonders problematisch für die Umwelt. Sie werden in großen Becken gesammelt und bedrohen zum einen das Grundwasser, zum anderen die Umwelt. mh

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