Gerolstein/Adenau Ehemalige Chefärzte kritisieren „fadenscheinige Begründung“
Gerolstein/Adenau · Mediziner nehmen in offenem Brief Stellung zur Schließung der Inneren in Gerolstein und der Klinik in Adenau und danken den Mitarbeitern.
Die zum Teil mittlerweile anderweitig beschäftigten oder im Ruhestand befindlichen Chefärzte der Kliniken in Adenau und Gerolstein (Herbert Conradi, Hans Esten, Andreas Leffler, Wolfgang Petersen, Manfred Rittich, Hans-Töner Steffens) wenden sich mit einem offenen Brief anlässlich der jüngsten Schließungen zu Wort – und bedanken sich für die in den Häusern geleistete Arbeit. Konkret heißt es:
„Am 31. März 2023 endet eine über 100-jährige Geschichte der Krankenversorgung in der Eifel. Als letzte somatische Station stellt die Innere Medizin im St. Elisabeth Krankenhaus in Gerolstein ihre Tätigkeit ein, das St. Josef Krankenhaus in Adenau wird gar komplett geschlossen. Beide Häuser wurden vom Orden der Waldbreitbacher Franziskanerinnen gegründet, Adenau sogar als erste Filiale. Die Schließung von Adenau und in Gerolstein ist eine Unternehmensentscheidung. Die Bestimmung von Unternehmen ist es, Verluste zu vermeiden beziehungsweise Gewinne zu erzielen. Aufgaben wie regionale medizinische Versorgung oder Strukturunterstützung im ländlichen Raum werden Begriffen wie Umsatzrendite und Gewinnoptimierung untergeordnet. Das sollte auch die lokale Politik verstehen. Zur jeweiligen Abbaumaßnahme ergeht ein Aufschrei. Dieser verflüchtigt sich dann schnell, wenn beruhigend die Entwarnung kommt: ,Das Haus ist sicher!’ Die Älteren unter uns erinnern sich noch gut, welche angstmachende Wirkung der alte Satz von Norbert Blüm hatte: ,Die Renten sind sicher.’
Ein Unternehmen hat also sich selbst zu erhalten und für sich notwendige Entscheidungen zu treffen, besonders immer dann, wenn es selbst gefährdet ist. Solche Entscheidungen sollten dann aber auch als Strategie klar formuliert werden. Das hat mehr Überzeugungskraft als eine fadenscheinige Begründung über Konkurrenz und Personalmangel.
Ebenso wäre es sicher sensibler, die Feiern zur Ordensgründung vor 160 Jahren leise zu begehen. Benachteiligten zu helfen sei ein Ordensziel, heißt es auf der Webseite des Ordens, auf den sich der jetzige Träger beruft. Benachteiligungen zu schaffen, in dem man Infrastruktur im ländlichen Bereich löscht, kann eigentlich nicht im Sinne des Ordens und der Ordensgründerin sein.
War die Arbeit … also in der Rückschau überflüssig? Nein! … Die Arbeit der beiden Krankenhäuser und der Menschen, die darin gearbeitet haben, war nicht sinnlos! Menschen in ihrer Not zu begleiten, Hilfe zu bieten, Leiden zu lindern und – wenn das nicht möglich ist – auch Trost zu spenden, das waren die Aufgaben, die die Mitarbeiter in über 100 Jahren Krankenhausgeschichte an den beiden Standorten wahrgenommen haben.
Nicht eine Minute davon war überflüssig. Beide Krankenhäuser waren für ihr fast familiäres Umgehen mit den Patienten bekannt. Und so ist es bei aller Enttäuschung und vielleicht auch Wut über die getroffenen Entscheidungen, genauso wichtig, Danke zu sagen, für das was geleistet wurde. Dank an alle Menschen, die Teil dieser Versorgungsstruktur waren und sich tagtäglich eingebracht habe. Die Pflegenden, standen den Patienten stets und unermüdlich zur Seite. Sie haben mit guter Ausbildung fachkompetent, aber eben auch persönlich zugewandt die Pflege übernommen. Ärzte waren in unzähligen Nacht- und Tagdiensten für die Patienten da.
Mitarbeitern in Labor und Röntgen sorgten für die notwendige und moderne Diagnostik. Techniker und Handwerker ließen den Betrieb stets rund laufen. Die Pfortenmitarbeiter waren erster Kontakt und Visitenkarte des Krankenhauses. Die Reinigungskräfte, oft übersehen, waren unersetzlich für den Hygieneanspruch. Die Küchenmitarbeiter versorgen Patienten und Personal gleichermaßen gut.
All denen sei Dank gesagt, gepaart mit der Aufforderung, stolz zu sein auf das, was man an vielen Patientenbetten über viele Jahre geleistet hat. Es lag nicht an ihnen!“