Ein Eifeler in japanischen Diensten

Niederstadtfeld/Köln · Die Toyota Motorsport GmbH ist ein weltweit einzigartiges Test- und Entwicklungszentrum vor den Toren von Köln. Mittendrin seit zehn Jahren an verantwortlicher Stelle: Marco Gehlen aus Niederstadtfeld.

Niederstadtfeld/Köln. Seit Stunden steht der Tourensportwagen auf den vier metallenen "Klötzen" in einem Labor in Köln und rattert vor sich hin. Das Auto abolviert virtuelle Testfahrten, simuliert wird das Streckenprofil der Nordschleife des Nürburgrings. Immer und immer wieder. An Karosserie, Rädern und Dämpfern sind zahlreiche, mit Laptops und Datenprozessoren verbundene Kabel befestigt. Die Ergebnisse werden später "ausgelesen", wie die Fachleute sagen, und das Verhalten des Fahrzeugs unter simulierter Wettbewerbs-Situation bewertet. Der sterile Raum, eine der zahlreichen kleinen, verschwiegenen "Kammern der Geheimniskrämerei" ist (unter anderem) der Arbeitsplatz von Marco Gehlen.
Der 41-Jährige aus Niederstadtfeld gehört seit mehr als zehn Jahren zum Team der Toyota Motorsport GmbH (TMG), einer Tochtergesellschaft des weltweit größten Automobilherstellers. "Abteilungsleiter Chassis Prüf- und Testabteilung" ist die korrekte Bezeichnung von Gehlens Arbeitsprofil. Ein weites Arbeitsfeld, das vieles voraussetzt: Liebe zum Motorsport, Entwicklungsdrang, aber eben auch Verschwiegenheit.
Denn bei TMG in Köln hat sich vieles geändert, seit Toyota im Jahre 2009 aus der Formel-1-Weltmeisterschaft ausgestiegen ist. "Wir müssen hier natürlich wirtschaftlich arbeiten, müssen Profit machen, auch nach dem Formel-1-Engagement", sagt Gehlen. Denn das riesige Know-how des weltweit einzigartigen Technologie-Zentrums im Kölner Stadtteil Marsdorf muss weiter genutzt werden. Sogar Flugzeugbauer machen bei TMG Prüf- und Leistungstests für Fahrwerke, berichtet Gehlen.
Beim Unternehmen laufen zahlreiche Motorsport-Projekte auf dem riesigen Areal parallel. "Formel-1-Rennställe nutzen unsere Ressourcen noch genauso wie Kundenteams", sagt Gehlen. Auch das Projekt für das weltweit größte Langstreckenrennen, die 24 Stunden von Le Mans, wird dort vorbereitet. Dort will Toyota ein Hybrid-Fahrzeug (Kombination von Verbrennungs- und Elektromotor) einsetzen. Nirgends können neue Techniken so präsentiert werden wie bei dem legendären Rennen in Frankreich. "Forschung und Entwicklung bei TMG sollen natürlich auch in die Serienprodukte mit einfließen", sagt Gehlen. Für ihn ist die Tätigkeit in Köln mehr als nur Job oder Brötchenerwerb. Nach dem Studium in Trier zog es ihn zum Dämpfer- und Fahrwerksspezialisten Bilstein, von dort zum in der Branche bekannten Team Wolff Racing. Er arbeitete in der Tourenwagenserie DTM. Dort war er im Team Phoenix, das am Nürburgring beheimatet ist, 2003 Renningenieur des späteren DTM-Gesamtsiegers Timo Scheider. Bis Toyota auf den Mann aus der Eifel aufmerksam wurde und ihn abwarb. Und die Japaner werden schon gewusst haben, warum. Nicht nur, um einen Tourenwagen stundenlang auf ein paar Klötzchen rattern zu lassen.
Den Kontakt zur Heimat pflegt er nach wie vor. Beim Eifel-Rallyefestival in und um Daun mit an die 40 000 Zuschauern im vergangenen Jahr war er ebenso vor Ort wie bei privaten Festen in seinem Heimatort. Denn: "Ich bin und bleibe eben ein Eifeler."

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