Ein Held geht (noch nicht) in Rente

Birgel · Klaus Finken geht nach 40 Jahren Dienst bei der Feuerwehr nicht mehr selbst durchs Feuer, hat aber einen Weg gefunden, sich weiterhin für die Retter einzusetzen.

 Verabschiedung nach 40 Jahren: Kreisfeuerwehrinspektor Christoph Bach, Abteilungsleiter Günter Willems, Klaus Finken, stellvertretender Kreisfeuerwehrinspektor Thomas Risch und Landrat Heinz-Peter Thiel (von links) im Büro des Landrats. Foto: privat

Verabschiedung nach 40 Jahren: Kreisfeuerwehrinspektor Christoph Bach, Abteilungsleiter Günter Willems, Klaus Finken, stellvertretender Kreisfeuerwehrinspektor Thomas Risch und Landrat Heinz-Peter Thiel (von links) im Büro des Landrats. Foto: privat

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Birgel Anthrax ist eine tödliche biologische Waffe. Als in der Dauner Postfiliale im Oktober 2001 ein Brief mit weißem Pulver gefunden wird, ist das Gefahrenbewusstsein groß. immerhin starben im selben Monat in den USA noch fünf Menschen durch solche Todes-Briefe und der Terror war nach dem 11. September ständig ein Thema. Keiner darf rein in das Dauner Postamt. Die Belegschaft darf nicht raus. In der Luft liegen chemische Gerüche, Männer in gelben Chemieschutzanzügen und Gasmasken wuseln zwischen orangenen Kontaminierungszelten. Klaus Finken arbeitet gerade in Köln, als er alarmiert wird, sofort in die Eifel zu kommen. Warum er? Er ist damals Fachberater für Gefahrenstoffe bei der freiwilligen Feuerwehr des Landkreises Vulkaneifel - unverzichtbar als Experte, wenn auch Ehrenamtler. Im Koblenzer Labor gibt es dann das Ergebnis: Fehlalarm. Ein Scherzbold hatte die über 50 Einsatzkräfte umsonst beschäftigt."Brenzlig war es immer", sagt Finken im Rückblick auf seine Feuerwehrlaufbahn, die er nach 40 Jahren Dienst nun beendet hat. Nicht immer eilte er wegen Fehlalarmen los - und tauschte in Superman-Manier seinen Anzug bei der Versicherung gegen die Einsatzkluft. Der 64-Jährige erinnert sich an Verkehrsunfälle mit Toten. "Das war immer das schlimmste, wenn es um Menschenleben ging." Wie man als Helfer mit so einer psychischen Belastung umgeht? "Da half nur Kameradschaft". Seit den 2000ern seien für solche Fälle Nachbetreuungseinheiten im Einsatz, wie Seelsorger und Psychologen. Früher habe es das nicht gegeben, sagt der Birgeler. Über 40 Jahre hat er für die Feuerwehr seine Zeit geopfert und sein Leben riskiert (siehe Info). Ob er sich deshalb als Held bezeichnen würde? "Nein, das ist selbstverständlich." Seine Einstellung klingt nobel: "Das macht jeder für den anderen". Wo das Risiko für einen Einsatz zu hoch wäre? Wenn er sich einen Gefahreneinsatz selbst nicht zutraue, dann würde er auch keinen der Kameraden hinschicken. Auch die Familie musste oft unter den spontanen Einsätzen leiden. "Man sagt immer, Familie geht vor, aber das stimmt nicht." Sein Antrieb: Die Kameradschaft und der Wille zu helfen. Verändert habe sich in den vier Dekaden einiges: "Vor allem die Kameradschaft. Der Umgang miteinander ist nicht mehr so intensiv wie früher. Heute steckt weniger Herzblut drin." Außerdem spricht er von einem "Hauen und Stechen", wenn er um die Neubesetzung von Ämtern gehe. Das habe er früher so nicht gekannt. Schlechter sei nicht alles. Technik und Ausbildung seien weit voran geschritten. Kürzlich wurde er im Büro des Landrats entpflichtet, auch in seinem Hauptjob bei einer Versicherung ist er in Rente gegangen. Was also nun? Er habe sich immer für eine positivere öffentliche Wahrnehmung der Feuerwehr eingesetzt. Deshalb möchte er jetzt in Medien über die Arbeit der Feuerwehr berichten - vielleicht auch ab und an für den TV.KommentarMeinung

Nur Mut, ihr Helden!Die Feuerwehr wird für alles gerufen. Eine im Bierrausch zugefallene Tür, ein Schwergewichtiger, der nicht mehr aus der Wohnung kommt oder der Klassiker: die Katze auf dem Baum. Nur, wer merkt es, und wer dankt es? Wo die Anerkennung oft fehlt, sind viele Ehrenamtler dennoch bereit, ihre Zeit und Gesundheit zu opfern. Und manchmal wird es lebensbedrohlich. Da gehen Freiwillige durchs Feuer. Was ist eigentlich ein Held? Jemand Berühmtes oder ein Superman, der durch seine übermenschliche Kraft besticht? Finkens Bescheidenheit in allen Ehren. Aber jeder, der sich trotz widriger Umstände einer schweren Aufgabe stellt, ist ein Held. Das ist der Abiturient vor der Prüfung, die ihm die größte Furcht bereitet, und gewiss der Feuerwehrmann. Held sein ist nicht statisch, das sind wir alle ab und zu. n.meyer@volksfreund.deExtra: BIOGRAPHIE DER FEUERWEHRARBEIT

Klaus Finken begann sein Engagement für den Landkreis vor 16 Jahren: Mit offizieller Bestellung zum Kreisausbilder im Fachgebiet "Brandschutz", lehrte er unzählige Feuerwehrmänner und Feuerwehfrauen, welche Maßnahmen anzuwenden sind, um der Entstehung oder der Ausbreitung eines Brandes durch Feuer oder Rauch vorzubeugen. Zuvor war er Wehrführer in Birgel oder auch stellvertretender Wehrleiter der Verbandsgemeinde Obere Kyll. Als Mitglied und zeitweise Leiter der technischen Einsatzleitung (TEL) modernisierte er deren Arbeitsweise. Zudem wurde Finken 2009 offiziell als Feuerwehr-Fachberater für den Bereich "Gefahrstoffe" bestellt, inoffiziell leistete er diese Arbeit schon einige Jahre vorher. Seine Aufgaben waren die Beratung und fachliche Unterstützung, insbesondere bei der Alarm- und Einsatzplanung sowie bei Übungen und Gefahrguteinsätzen. Von beiden Aufgaben wurde Klaus Finken kürzlich offiziell durch Landrat Heinz-Peter Thiel entpflichtet.

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