Ein kleines Dorf will gut behandelt werden

GEROLSTEIN. Wieder Alltag: Zehn Tage, nachdem ein Feuer in der Innenstadt eine Wohnung, eine Apotheke und Arztpraxen in Mitleidenschaft gezogen hat, werden die Patienten wieder wohnortnah versorgt. Zahnarztpraxis und Apotheke haben wieder geöffnet, die orthopädische Gemeinschaftpraxis wurde vorübergehend im Krankenhaus eröffnet.

Für große Aufregung sorgte ein Wohnungsbrand in der Gerolsteiner Innenstadt vor knapp zwei Wochen. Eine Folge: Die orthopädische Gemeinschaftspraxis, die sich im gleichen Gebäude befand, konnte nicht weiter betrieben werden. Viele Patienten standen ratlos da. Doch nach gut zehn Tagen ist die Lösung spruchreif. Anfang dieser Woche eröffneten die Orthopäden Dr. Manfred Thiel, Dr. Ewald Zeimantz und Dr. Marko Niederhaus übergangsweise ihre Praxis im Marienheim des Gerolsteiner St.-Elisabeth-Krankenhauses. Bei Apotheker Walter Raspe, der derzeit einen Notbetrieb aufrecht erhält, ist die Renovierung in vollem Gang. In den nächsten Tagen soll alles wieder beim Alten sein. In der Zahnarztpraxis Cloeren werden die Patienten schon wieder behandelt. Die komplette Renovierung des Hauses soll nach Aussage des Eigentümers in rund zwei Monaten abgeschlossen sein. Dennoch: Der Brand wird den Ärzten ein bleibendes Erlebnis sein. "Ich hörte Schreie im Treppenhaus", erinnert sich Thiel. Es war gegen 18 Uhr. Er eilte daraufhin nach oben und fand den Mieter der Dachgeschosswohnung, in der der Brand ausgebrochen war, verrußt und schreiend im Flur vor. "Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass keine weiteren Personen in der Wohnung waren, alarmierte ich schnell die Feuerwehr. Der unter Schock stehende Obermieter kam ins Krankenhaus", berichtet Thiel. Die Löscharbeiten dauerten etwa bis gegen 24 Uhr. Ganz Gerolstein stand Kopf. "Wir durften um 19.30 Uhr nochmals kurz in die Praxis, wegen der Notabsicherung unserer Computer", erzählt Ewald Zeimantz. Wasser drang aus allen Ritzen, erinnern sich die Ärzte, die den Löscharbeiten zusahen. Bereits am nächsten Tag um 8 Uhr waren die beiden Orthopäden bangen Erwartens wieder vor Ort, doch die Kriminalpolizei hatte alles abgesperrt, und erst gegen 12 Uhr durften die Ärzte in ihre Praxis.Diese Hilfsbereitschaft gibt es nur in der Eifel

Dann begann das große Aufräumen. Und eine Frage stellte sich ganz besonders: Wo und wie weiter behandeln? Schließlich warteten viele Patienten darauf. "Ich sage immer: Bei uns geht pro Tag ein kleines Dorf durch", spricht Zeimantz von 80 bis 100 Patienten täglich - vom Baby bis zum 90-Jährigen. Doch es fand sich schnelle und unbürokratische Hilfe. Auf Anfrage stellte das Gerolsteiner St. Elisabeth Krankenhaus 250 Quadratmeter Raumfläche zur Verfügung. Der kaufmännische Direktor, Karl-Heinz Schmeier, reagierte prompt. "Die Entscheidung fiel von jetzt auf gleich", erinnert sich Zeimantz. Um genügend Fläche für die Praxisräume zusammenzubekommen, wurden kurzerhand Büros von Mitarbeitern geräumt und innerhalb des Hauses verlegt. Firmen, die benötigt wurden, reagierten ebenso spontan und halfen mit. So konnten als Beispiel in nur eineinhalb Tagen neun Praxisräume neu gestrichen werden. Der technische Dienst im Krankenhaus sowie weitere Mitarbeiter schoben Überstunden. "Über die Spontaneität und Hilfsbereitschaft der Firmen, aber auch von Kollegen, die uns Räume in ihren Praxen anboten, und selbst Patienten - einer kam frisch aus der Reha und bot gleich an zu helfen - kann ich nur staunen. So etwas findet man nur in der Eifel", sagt Thiel begeistert. Kopfzerbrechen bereitet dem Krankenhausdirektor wegen der neuen Mieter lediglich die Parkplatzsituation. Er sagt: "Wir haben unsere Mitarbeiter bereits gebeten, Fahrgemeinschaften zu bilden." Zudem appelliert er an die Patienten, sich möglichst bringen und wieder abholen zu lassen. Ein Gespräch mit Verbandsbürgermeister Matthias Pauly habe ergeben, dass vorübergehend eine großzügigere Parkplatzregelung im Krankenhausbereich, ausgenommen der Feuerwehrzufahrten, vorgenommen werde. "Alternativ hatten wir erwogen, eine Container-Praxis auf dem Rondellparkplatz aufzustellen, aber das, gerade jetzt, im Winterquartal, wäre keine so gute Lösung gewesen", sagt Zeimantz, der gemeinsam mit seinen Kollegen eine stressige Zeit hinter sich hat. Denn neben der kompletten Organisation des Umzugs "haben wir in den vergangenen zehn Tagen zudem noch 27 geplante Operationen getätigt", berichtet sein Kollege Thiel.

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