Ein Prosit auf die gute Dorfgemeinschaft

Gerolstein-Roth · Die TV-Dorffotoaktion führt in diesem Sommer durch die Gerolsteiner Stadtteile. In Roth, wo 86 der 161 Bürger teilnehmen, sind die Dorfgemeinschaft, das rege Vereinsleben und der starke Nachwuchs top.

Gerolstein-Roth. Die Herbstsonne scheint, mehr als die Hälfte der Dorfbewohner kommt zum TV-Fototermin an die Kirche, und die Rother sind sichtlich gut drauf. "Roth ist kein Blumenkasten- und Sandstein-Dorf, in dem nichts los ist, wir sind ein lebendiges Dorf. Das sieht man ja wohl", sagt Bewohner Martin Pinn voller Stolz.
Und wer wollte ihm widersprechen angesichts der bunten Pappbuchstaben, die die Kinder eigens gebastelt haben und nun hochhalten "Mir sin Roth!" sowie angesichts des guten Besuchs und der prima Stimmung?
Ein Schelm, wer denkt, dass das damit zu tun haben könnte, dass Ortsvorsteher Gotthard Lenzen, der gerade einmal zwei Monate im Amt ist, großzügig einen ausgibt.
"Aber wenn das so ist, dann nehmen wir das auch mit", sagt schmunzelnd Anna Hoffmann, mit 86 Jahren die älteste Teilnehmerin - aber dank regelmäßigen Turnens und täglich einem Spaziergang noch sehr fit.
Doch mit dem Freibier (oder Sprudel, Limo, Cola) des Dorfhäuptlings nicht genug. Plötzlich wird ein Liedchen angestimmt - und mittendrin Margret Dahm, die prompt ein, zwei Fläschchen dabei hat und einschenkt. Denn sie hat just am Tag des TV-Fototermins Geburtstag und ist trotzdem dabei. Es ist der, wie sie dem TV anvertraut, 55ste. Aber wir sagen es nicht weiter.
"Das ist mal eine tolle Sache, wenn man solch ein großes Geburtstagsfoto bekommt", sagt sie und strahlt. "Und wir gehen gleich noch alle zu ihr. Sie weiß zwar noch nichts davon, aber sie wird sich freuen", tuschelt derweil Claudia Kleis-Lenzen, Vorsitzende des 33 Mitglieder umfassenden Kirchenchors, der in diesem Jahr noch sein 70-jähriges Bestehen feiert. Ein Ständchen wird also allemal drin sein. Auf jeden Fall, sollte man meinen!
Denn in Roth gibt es sogar noch einen weiteren Chor: die St. Antonius Engel - benannt nach dem Kirchenpatron. 22 Kinder und Jugendliche sowie 18 Erwachsene, also von sechs bis 64 Jahren, musizieren dort gemeinsam. "Wir machen fast nur moderne Musik und haben vielfältige Instrumentenbegleitung", erklärt Leiterin Annegret Kuhl, deren Hauptanliegen es ist, "die Kinder zur Musik zur bringen". Von einer Konkurrenz der Chöre will aber keiner etwas wissen.
Überhaupt ist das Vereinsleben in Roth beachtlich. Denn im 161 Einwohner zählenden Stadtteil von Gerolstein gibt es immerhin sechs davon, und manche sind richtig groß wie der über 70 Mitglieder zählende Förderverein der Feuerwehr (siehe Extra).
Im Durchschnitt müsste jeder Rother also in zwei bis drei Vereinen sein. "Wie, in dreien? Wir sind in allen drin", unterstreicht Severa Faber, zugleich Vorsitzende der Landfrauen, die es seit 36 Jahren in Roth gibt.
"Es ist die Vielfalt, das gute Miteinander, das mir in Roth so gut gefällt. Ich fühle mich hier einfach super wohl", sagt Claudia Kleis-Lenzen. Achim Goretzka, der die 18 Mann starke Wehr führt, schwärmt von der "Ruhe und der guten Dorfgemeinschaft".
Die Ruhe und die Natur ringsum sind für Natalia Hemmerling entscheidend, deren Sohn Michel mit acht Monaten der jüngste Teilnehmer der TV-Dorffotoaktion ist. Und sie führt noch einen weiteren Punkt an: den geringen Autoverkehr im Dorf. "Hier können die Kinder noch schön spielen", sagt sie - ihre neunjährige Tochter Melissa stimmt nickend zu.
Auch die Neubürger fühlen sich wohl in Roth. "Es ist traumhaft, wie wir hier aufgenommen wurden. Wir haben die Region kennen- und lieben gelernt", sagt Toni Hönig. Der pensionierte Landeskriminalbeamte aus Stuttgart hat in diesem Frühjahr ein Gehöft in Roth gekauft, es mit seiner Frau Nathalie John renoviert und nun endlich Platz für die eigenen Pferde. Eines davon hat Nathalie John ebenfalls zum Fototermin mitgebracht.
Und auch sonst ist die Frau außergewöhnlich: Sie ist Box- und Kickboxchampion und will ihr Wissen und Können nun Kindern und Jugendlichen in der Eifel weitergeben.
Wie er sich wehren kann, kann der zumindest zahlenmäßig starke Rother Nachwuchs (40 der 161 Dorfbewohner sind unter 18) also nun lernen. Wo er sich aufhalten soll, ist allerdings unklar. "Wir haben keinen Jugendraum, hätten aber so gerne einen. Und wir bekommen ja auch immer mehr Zuwachs", beschreibt Annemarie Pinn (14) das Problem.
Eines, das auch Ortsvorsteher Gotthard Lenzen kennt. Und das ihn ärgert: "Wir haben aktuell einen Antrag gestellt, dass das Bürgerhaus von innen neu gestrichen und der Schimmel beseitigt wird. Dann hätte auch die Jugend einen Raum. Die Stadt hat ihn aber abgelehnt und gesagt, wir sollen es alles in Eigenleistung machen."
Er will dennoch am Projekt dranbleiben, denn vor allem für den Nachwuchs will er sich einsetzen, "denn nur so lebt unser Dorf weiter", sagt Lenzen. Zunächst einmal wird aber der Dorfplatz am Buswartehäuschen erneuert und im nächsten Frühjahr dann der in die Jahre gekommene Kinderspielplatz auf Vordermann gebracht - in Eigenleistung.Extra

Im Stadtteil gibt es zwei Vollerwerbslandwirte, drei Unternehmen mit insgesamt drei Dutzend Beschäftigten und eine Gaststätte. Leerstände werden nicht beklagt, dafür warten rund zehn Gemeinde-Grundstücke auf eine Bebauung. Ein Geschäft gibt es nicht mehr, rollende Märkte sorgen für die Grundversorgung. Zum Großeinkauf fahren die Rother ins vier Kilometer entfernte Gerolstein. mhExtra

In Roth gibt es die Feuerwehr und deren Förderverein, den Sportverein Roth-Kalenborn, die Gruppe der Landfrauen, den Chor der St. Antonius Engel, den Kirchenchor Cäcilia, die Freunde der Blasmusik und die Jungs und Mädels von MüKaRoOs, einem Zusammenschluss von Karnevalisten aus Müllenborn, Kalenborn, Roth und Oos. mh

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort