"Ein Schritt in die falsche Richtung"

DAUN. Laut Gesetz dürfen Landwirte so genannte Stilllegungsflächen 14 Tage früher als bisher (ab 1. Juli) mulchen. Jäger und Naturschützer fordern zum Schutz der am Boden brütenden Vogelarten sowie der jungen Hasen und Rehkitze, mindestens die ursprüngliche Frist einzuhalten. Bauernfunktionäre stellen sich gegen diese Forderung.

Die Kreisgruppe Daun des Landesjagdverbands (LJV) hat einen öffentlichen Appell an die Landwirte gerichtet, trotz der Verkürzung der Sperrfrist die Stilllegungsflächen nicht vor Mitte Juli zu mähen. LJV-Kreisgruppenvorsitzender Siegfried Neuerburg erklärt: "Die Bodenbrüter wie Wachtel, Lerche oder Rebhuhn sind durch die Vorverlegung des Termins akut gefährdet, da die Flug- und damit die Fluchtfähigkeit der Jungtiere dann noch nicht vollständig ausgebildet ist."Drohender Tod durch Mulch- und Mähgeräte

Auch Rehkitze und Hasen seien noch nicht so weit in der Aufzucht, so dass grausame Verstümmelungen oder gar der Tod durch Mulch- oder Mähgeräte drohten, schließt sich Gerd Ostermann, Agrarreferent des Nabu-Landesverbandes an. Leo Blum, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes und Präsident des Landesverbandes, reagiert pikiert auf den Appell der Jäger. Er sagt: "Die Forderung nach einer Sonderregelung verwundert schon sehr. Klar nehmen die Landwirte Rücksicht auf Tiere, aber der Gesetzgeber hat sich ja auch Gedanken über die neue Verordnung gemacht." Bauernfunktionär Blum schießt quasi zurück: "Statt zu appellieren, sollten sich die Jäger anderen Aufgaben widmen, beispielsweise den extremen Überbesatz an Wild zu reduzieren, wodurch hohe Schäden auf landwirtschaftlichen Flächen angerichtet werden." Die Diskussion um die Verkürzung der Sperrfrist wurde heftig auf Landes- und Bundesebene geführt. "Zuerst sollte die Sperrfrist ganz aufgehoben, dann um einen Monat verkürzt werden. Schließlich kam es zu dem Kompromiss der Vorverlegung um 14 Tage, der von uns als Schritt in die falsche Richtung gewertet wird", resümiert Ostermann. Der rheinland-pfälzische Nabu-Agrarreferent, der im Kreis Daun lebt, erklärt: "Die Landwirte kriegen Geld für die Flächen. Es ist in Ordnung, dass sie Geld für Naturschutz bekommen, aber dann ist auch eine Gegenleistung, nämlich der Schutz der Jungtiere, zu erwarten." Im Januar haben der Deutsche Jagdschutzverband, der Deutsche Verband der Landespflege, die Deutsche Wildtier-Stiftung, der internationale Rat zur Erhaltung des Wildes sowie der Nabu eine gemeinsame dreiseitige Erklärung der Regierung vorgelegt, damit die ursprüngliche Sperrfrist beibehalten wird. Ohne Erfolg. Nicht nur nützlich, sondern auch eine Augenweide

Im Kreis Daun sind von insgesamt 8210 Hektar Ackerflächen 347 Hektar (114 Hektar Stilllegungsfläche ohne nachwachsende Rohstoffe und 233 Hektar aus der Produktion genommene Ackerflächen) betroffen. Die Landwirte können diese Flächen einerseits einfach der Natur überlassen oder andererseits mit speziellen Wildkräutern, Blumen und Kleesorten einsäen. Moderne Bauern wählen die zweite Variante. So wie Josef Vietoris, dem 6,5 Hektar Stilllegungsfläche gehören. Der erfahrene Landwirt erklärt: "Das kommt der Natur, den Tieren und dem Boden zu Gute. Diese Areale werden frühestens Ende August gemulcht." Bis dahin seien die bunten Wiesen mit lilablühender Phocelia oder Luzerne sowie gelben Sonnenblumen nicht nur eine Augenweide, sondern auch ungestörter Tummelplatz für viele Tiere. Vietoris hält nichts davon, die Stilllegungsflächen sich selbst zu überlassen. Er sagt: "Dann machen sich Unkräuter und Disteln breit. Im Folgejahr werden dann die Disteln mit Chemikalien bekämpft." Und gerade das Wachstum der Disteln hat Bauernpräsident Blum im Auge. Er meint: "Beim Mähen und Mulchen dieser Flächen kommt es auf das Wetter und den Vegetationsstand an. Wenn Disteln und Brennnessel im Samen stehen, muss der Landwirt die Möglichkeit haben, sie vor der Reife zu mulchen." In diesem Jahr hinke die Vegetation allerdings der Jahreszeit hinterher, so dass an den meisten Stellen die Gefahr der Aussaat nicht kurz bevorstehe.

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