Ein Sechstel der Bürger gegen Röhrenbrunnen

Gerolstein · Gestern ist im Rathaus in Gerolstein ein Bürgerbegehren gegen den geplanten Rondellbrunnen eingegangen. 890 Gerolsteiner haben unterschrieben, dass der aktuelle Entwurf von Werner Bitzigeio nicht gebaut werden soll.

 Kurz vor dem Abschluss der Pflasterarbeiten ist der Umriss des Brunnens schon zu erahnen. Fraglich, ob das Modell Bitzigeio tatsächlich gebaut wird. TV-Foto: Mario Hübner

Kurz vor dem Abschluss der Pflasterarbeiten ist der Umriss des Brunnens schon zu erahnen. Fraglich, ob das Modell Bitzigeio tatsächlich gebaut wird. TV-Foto: Mario Hübner

Gerolstein. Wer auf den Rondellvorplatz in Gerolstein blickt, sieht, dass das Pflaster beinahe vollständig verlegt ist. Ausgespart haben die Bauarbeiter nur eine kreisrunde Fläche. Dort soll der künftig der Röhrenbrunnen von Bildhauer Werner Bitzigeio stehen. So hat der Gerolsteiner Bauausschuss am 2. August entschieden (der TV berichtete). Dass Bitzigeio mit ersten Arbeiten begonnen hat, war weder der Gruppe, die das Bürgerbegehren angestrengt hat, noch allen Mitgliedern des Bauausschusses bekannt. Tim Steen (Grüne) hatte für die Bauausschusssitzung einen Dringlichkeitsantrag gestellt, dass Bitzigeio den Auftrag noch nicht erhalten möge, bis das Bürgerbegehren gelaufen sei. Doch Stadtbürgermeister Bernd May hatte bereits am 3. August den Künstler beauftragt, und somit war Steens Antrag hinfällig.
Doch trotz des erteilten Auftrags scheint der Röhrenbrunnen nicht das vom Volk favorisierte Modell zu sein. Das sagen zumindest Andy Stritzke, Thomas Regnery und ihre Unterstützer, die gemeinsam Unterschriften für das Bürgerbegehren gesammelt haben.
1032 Gerolsteiner befragt


Die etwa 20-köpfige Gruppe hat innerhalb einer Woche 1032 Menschen befragt, ob die Entscheidung des Bauausschusses über den Brunnenbau aufgehoben werden soll. Wahlberechtigt für die Stadt Gerolstein sind 6113 Menschen. 890 haben sich, laut Angaben der Gruppe, dafür ausgesprochen den Beschluss aufzuheben. Mehr als 86 Prozent der Befragten sind damit gegen das Modell von Bitzigeio. "Einen so breiten Widerstand gab es noch nie. Wenn das kein klares Wort ist, dann weiß ich auch nicht", sagte Andy Stritzke im Bauausschuss. Aufgrund des Antrags von Uwe Schneider (SPD) wurde er zum Bürgerbegehren gehört. Stadtbürgermeister Bernd May wollte keinen Beschluss fassen, den Bau des Röhrenbrunnens zu stoppen. Dies forderte der Bauausschuss, um die Kosten so gering wie möglich zu halten, falls aufgrund des Bürgerbegehrens ein anderer Brunnen gebaut werden sollte. May argumentierte, dass das Begehren für ihn erst dann existiere, wenn die Unterschriften auf seinem Tisch lägen. Zudem wies er darauf hin, dass mit Werner Bitzigeio ein Werksvertrag bestehe. Horst Lodde (Grüne) betonte hingegen, dass der Bauausschuss sich vergewissern müsse, was der Bürger will. "Es gibt immer eine Alternative. Allgemein missfällt mir diese Hetze. Es hat keinen Sinn, mit dem Kopf gegen die Wand zu laufen", sagte Lodde.
Schließlich einigten sich Bauausschuss und Stadtbürgermeister darauf, dass Letzterer beauftragt werde, mit dem Bildhauer zu sprechen und ihn zu fragen, ob er seine Arbeit vorübergehend einstellen könne, damit keine weiteren Kosten entstehen, bis klar sei, was geschehen soll.
May sagte, dass er den Künstler informieren werde, dass es zu einer Kündigung des Vertrages kommen könne. Bitzigeio wollte zum aktuellen Geschehen keine Stellung nehmen. "Das geht nur die Stadt etwas an. Ich werde mich mit ihr absprechen, wenn es so weit ist", sagte Bitzigeio. In den kommenden Tagen werden nun im Rathaus sowohl die Unterschriften der Bürger geprüft.Meinung

Alle Karten auf den Tisch
Es hätte alles so schön sein können, wenn allen Gerolsteinern das gleiche Brunnenmodell zugesagt hätte - doch die Realität sieht anders aus. Die Situation ist verfahren. Jetzt hilft nur noch eines: alle Karten auf den Tisch und ein offener, fairer und sachlicher Dialog. Daran hat es bislang gemangelt, auch in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses. Einfach ist das nicht, aber die Beteiligten sollten ihren Gesprächspartnern den gleichen Respekt einräumen, den sie sich selbst wünschen. Ehrlichkeit verdienen auch die Gerolsteiner, die den Brunnen bezahlen. j.renk@volksfreund.de Unter Bürgerbegehren versteht man, wenn über die Angelegenheit einer Gemeinde ein Bürgerentscheid beantragt wird. Wenn das Bürgerbegehren vom Rathaus in Gerolstein geprüft und als juristisch korrekt befunden wird, muss sich der Bauausschuss erneut mit dem Beschluss zum Brunnenbau beschäftigen. Entweder er hebt den Beschluss auf, oder es tritt automatisch ein Bürgerentscheid in Kraft. Das heißt, alle Wahlberechtigten werden zur Abstimmung aufgerufen. Problematisch ist, dass der Auftrag an Werner Bitzigeio bereits erteilt worden ist. Er kann bei Kündigung Regressforderungen an die Stadt stellen und sogar die Gesamtkosten für den Brunnen fordern. Möglich wäre aber auch, dass er lediglich die angefallenen Zeit- und Materialkosten in Rechnung stellt. jur

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