Eine Schule für jeden größeren Ort

Am 25. April 1817 händigte Friedrich Wilhelm III. von Preußen Ernst Avenarius eine Urkunde aus, in der er zum Landrat ernannt wurde. Damit wurde er der erste offizielle Landrat des damaligen Kreises Daun, der gerade erst seit einem Jahr bestand.

Daun. Daun und die Eifel waren von 1794 bis 1814 von Frankreich besetzt. Nach der Niederlage und Abdankung Napoleons versammelten sich die Staatsmänner und Fürsten Europas in Wien, um eine dauerhafte europäische Nachkriegsordnung zu beschließen. Bei diesem sogenannten Wiener Kongress wurde die Eifel am 5. April 1815 dem Königreich Preußen zugeteilt und blieb bis 1945 Teil der Rheinprovinz mit Regierungssitz in Koblenz. Diese gliederte sich in fünf Regierungsbezirke (Aachen, Düsseldorf, Koblenz, Köln und Trier), die wiederum in Landkreise aufgeteilt wurden.

Darunter auch mit 98 Gemeinden und knapp 18 000 Einwohnern der Kreis Daun, der das Jahr 1816 in seiner Geburtsurkunde stehen hat. Nun war Daun zwar Kreisstadt, aber noch nicht Landratssitz. Die ersten Monate wurde er noch von den Kommissaren Rosbach und Wilhelm Catrin von Prüm aus mitverwaltet.

Alle Kinder katholisch getauft



Aber am 29. August 1817 war es dann soweit: Die Kreisstadt Daun wurde zum Landratssitz ernannt. Landrat Avenarius zog mit seiner Familie von Höxter, Westfalen, um. Mit dabei die erst wenige Monate alte Tochter Elisabeth. Der Landrat und seine Frau Georgine Borheck waren beide evangelisch. In Daun wurden der Familie noch weitere sechs Kinder geboren, von denen allerdings drei im Säuglingsalter starben. Alle "Dauner" Kinder waren jedoch katholisch getauft worden. Wahrscheinlich passte sich der erste Landrat damit der einheimischen Bevölkerung an, die bis dahin rein katholisch war und durch viele Jahrzehnte die Preußen als "protestantische Fremdherrschaft" empfand.

Im Gegensatz zu manchen Landräten, die ihre Ernennung und Versetzung in die Eifel als eine Strafversetzung in das preußische Sibirien ansahen, mühte sich Avenarius erfolgreich, die missliche Lage des heruntergewirtschafteten, ausgebeuteten und notleidenden Kreises Daun zu verbessern.

Besonders die Landwirtschaft wollte er aus ihrer Rückständigkeit herausführen durch die Urbarmachung von Ödland, "Meliorierung" (Entwässerung) großer Feuchtgebiete, intensivere Nutzung von Grünland oder Ackerland. Bei der preußischen Regierung erwirkte er mehrere Geldsammlungen und Staatsbeihilfen als Sofortmaßnahmen gegen Hungersnot und Armut.

Der ehemalige Offizier nahm sein Amt sehr ernst. Neben der Verbesserung der rein wirtschaftlichen Situation ist es ihm zu verdanken, dass sich auch das Bildungswesen im Kreis weiterentwickelte. Und dies nicht nur in der Forderung nach dem Aufbau von Volksschulen und eines Schulwesens, beim Durchsetzen der Schulpflicht und der Forderung einer geordneten Lehrerausbildung, sondern auch durch zahlreiche Fort- und Weiterbildungsangebote für die erwachsene Bevölkerung.

Aufklärung tat Not, in Sonderheit gegen das teilweise sture Festhalten der Bevölkerung an längst überholten mittelalterlichen Wirtschaftsformen.

Landrat Avenarius ließ 1830/31 das erste Kreishaus erbauen, die "Landratur", wie das Gebäude in der Leopoldstraße (heute Museum) genannt wurde.

Als er 1839 mit seiner Familie den Kreis Daun verließ, konnte er stolz auf Erreichtes in kulturellen, schulischen und wirtschaftlichen Bereichen zurückblicken: Der wirtschaftliche Rückstand begann zu schwinden, und zaghafter Wohlstand der Kreisbevölkerung wurde erkennbar, die um mehr als 6000 Personen gewachsen war. Politischer Optimismus und Hoffnung ließen Abwanderungen in Ballungszentren geringer werden; nahezu jeder größere Ort besaß eine Volksschule, die Land- und Forstwirtschaft brachten Gewinne ein, wie auch die besser bestellten und gedüngten Felder, Wiesen und Weiden. Außerdem verschwanden Öd- und Brachland zugunsten erheblicher Aufforstung. Und auch bei der Bekämpfung von Seuchen und Krankheiten durch verbesserte medizinische und hygienische Bedingungen waren zu vermelden.

Nach dem ersten Landrat verwalteten noch weitere 23 Landräte den Kreis Daun, der sich im Rahmen der territorialen Verwaltungsreform 1970 erheblich vergrößerte. Heute leben in dem seit 1. Januar 2007 genannten Landkreis Vulkaneifel mit seinen 109 Gemeinden und fünf Verbandsgemeinden rund 64 000 Menschen.

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