Eine sorgende Gemeinschaft

Daun/Gillenfeld · Die ehemalige Bundesministerin Ursula Lehr diskutiert heute Abend in Gillenfeld über die Zukunft von Pflege und Gesundheit. Sie unterstützt den Prozess „Wandel erfolgreich gestalten“ der Verbandsgemeinde Daun.

 Ursula Lehr (Dritte von rechts) diskutiert heute Abend mit Bürgermeister Werner Klöckner (Dritter von links), Ortsbürgermeister Karl-Heinz Schlifter (Zweiter von rechts) und Gerd Becker (rechts) vom Verein „Bürger für Bürger“. Tim Becker (links) moderiert die Veranstaltung in Gillenfeld. Pfarrer Carsten Rupp (Vierter von links) und VG-Koordinatorin Doris Sicken (Zweite von links) haben sich an der Konzeption beteiligt. TV-Foto: Brigitte Bettscheider

Ursula Lehr (Dritte von rechts) diskutiert heute Abend mit Bürgermeister Werner Klöckner (Dritter von links), Ortsbürgermeister Karl-Heinz Schlifter (Zweiter von rechts) und Gerd Becker (rechts) vom Verein „Bürger für Bürger“. Tim Becker (links) moderiert die Veranstaltung in Gillenfeld. Pfarrer Carsten Rupp (Vierter von links) und VG-Koordinatorin Doris Sicken (Zweite von links) haben sich an der Konzeption beteiligt. TV-Foto: Brigitte Bettscheider

Foto: Brigitte Bettscheider (bb) ("TV-Upload Bettscheider"

Nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wissenschaft ist Ursula Lehr (siehe Info) anerkannt: Von 1988 bis 1991 war sie Bundesministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit. Auf dem Gebiet der Gerontologie (Alterswissenschaft) ist sie bis heute als Wissenschaftlerin tätig, forscht, lehrt an Universitäten und wurde vielfach geehrt. In Fachkreisen gilt sie sogar als "Gerontologin der ersten Stunde".

Als sie vor nicht allzu langer Zeit bei einem Kongress in Berlin mit Werner Klöckner, dem Bürgermeister der VG Daun, über den WEGE-Prozess (Wandel erfolgreich gestalten) ins Gespräch kommt, sagt sie ihm spontan ihre Unterstützung zu. Das sei eine vorbildliche Kampagne, findet sie - vor allem der Anspruch, alle 48 Orte der VG Daun bis zum Jahr 2030 in so genannte "Sorgende Gemeinschaften" zu verwandeln (siehe Hintergrund).

Heute Abend referiert Ursula Lehr in Gillenfeld zum Thema "Die Zukunft von Gesundheit und Pflege - Chance und Herausforderung für dörfliche Gemeinschaften" und diskutiert mit Vertretern von Kommunalverwaltung, Kirche und Zivilgesellschaft. Kulturwissenschaftler Tim Becker vom Institut Denkunternehmung in Daun moderiert die Podiumsdiskussion.

"Wir sind sehr froh, dass wir mit Frau Professor Lehr eine äußerst kompetente und erfahrene Wissenschaftlerin und Politikerin gewinnen konnten", erklärt Klöckner bei der Vorstellung der Veranstaltung. Klöckner ist selbst einer von Lehrs Gesprächspartnern. Der Bürgermeister ist Initiator und Visionsträger des WEGE-Prozesses. Sein Credo: "Man muss den Menschen Formate anbieten, in welcher Weise sie sich engagieren, aktiv werden und mitwirken können."

Karl-Heinz Schlifter, Ortsbürgermeister von Gillenfeld und Mitbegründer der Sorgenden Gemeinschaft "Genossenschaft am Pulvermaar", ist auch dabei. Die Genossenschaft soll Gillenfeld fit für die Zukunft machen, unter anderem mit dem Bau der barrierefreien Wohnanlage "Florinshof".

Außerdem nimmt Gerd Becker aus Daun, Mitbegründer und Vorsitzender des Vereins "Bürger für Bürger", an der Podiumsdiskussion teil. Der Verein organisiert seit fünf Jahren für ältere Menschen Unterstützung und Hilfeleistung für wenig Geld und hat inzwischen 700 Mitglieder.

Von Seiten der Kirche richtet Prälat Franz-Josef Gebert als Vorstandsvorsitzender des Caritasverbands der Diözese Trier den Blick auf die Herausforderungen des demografischen Wandels. Der Gillenfelder Pfarrer Carsten Rupp erklärt die Position der Kirche so: "Wir Christen sind die älteste sorgende Gemeinschaft, und die wesentlichste sorgende Gemeinschaft ist die Familie." Für sich selbst und für andere zu sorgen, sei Christenpflicht und Geschenk gleichermaßen, sagte er. Er warnte aber auch davor, zu viel zu regulieren. Das könne Menschen entmündigen und unselbstständig machen. Ursula Lehr pflichtet dem Pfarrer bei: "Auch der ältere Mensch braucht eine Aufgabe."

Die Podiumsdiskussion beginnt um 19 Uhr im Saal des Landhotels Gillenfelder Hof. Infos: www.daun.de/wege
Meinung

Huch, wo kommen plötzlich die ganzen Senioren her?

Alle Welt spricht seit Jahren über ihn. Jetzt ist er da, und keiner weiß so recht, wie man mit dem ungebetenen Gast umgehen soll: der demografische Wandel. Längst ist er kein neues Problem mehr, sondern selbst in die Jahre gekommen.

Aber immer noch mangelt es gerade auf dem Land, wo schließlich die meisten Senioren leben, oft an modernen Lebensentwürfen für ältere Menschen. Häufig gibt es keine Alternative zu Altenheim oder häuslicher Pflege. Wer nicht ganz alleine leben kann, aber auch keine intensive Betreuuung braucht, wäre etwa in einer Senioren-WG oder Ähnlichem wesentlich besser aufgehoben.

Die Bemühungen der VG Daun, neue Ansätze zu diskutieren, zu entwickeln und anzuwenden, sind ein Schritt in die richtige Richtung.

a.froschauer@volksfreund.de
Extra: Wissenschaftlerin und Politikerin

Die Professorin Dr. Dr. hc. mult. Ursula Lehr ist Gerontologin und Psychologin. Sie lehrte in Köln, Bonn und Heidelberg und forscht zur Lebenssituation der berufstätigen Frau und zur beruflichen Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer und gründete zwei Forschungszentren. Von 1988 bis 1991 war die CDU-Politikerin Bundesministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit. Aktuell ist sie die stellvertretende Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen. Ursula Lehr ist 86 Jahre alt und lebt in Bonn.
Hintergrund: Die Ziele des Vereins

Der Verein "Bürger für Bürger" hat vier Ziele für die Sorgenden Gemeinschaften formuliert: 1) Bis 2030 soll jeder Bewohner der VG Daun trotz Pflege- und Unterstützungsbedarf in seiner gewohnten Umgebung bleiben können, und der Bedarf an stationären Pflegeplätzen soll nicht größer sein als 2016. 2) Die Anzahl der Familien in der VG Daun soll 2030 gegenüber 2016 steigen, die Geburtenrate bei 2,1 liegen. 3) Die Bereitschaft von Jugendlichen und jungen Erwachsenen (15 bis 29 Jahre), in der VG Daun zu bleiben oder zurückzukehren, soll bis 2030 signifikant steigen. 4) Alle Orte der VG Daun sollen bis 2030 Sorgende Gemeinschaften sein.

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