Einfach leben

Kerpen/Niederehe · Irgendwo im Nirgendwo - in den Wäldern zwischen Kerpen und Niederehe - liegt Harry Gropmanns Paradies. Der 84-Jährige führt seit Jahrzehnten ein einfaches Leben alleine in der Natur. Ein Eremit ist er dennoch nicht.

 Ich glaub', mich knutscht ein Pferd: „Sheriff“ Harry Gropmann liebt das Leben in der Natur. TV-Foto: Vladi Nowakowski

Ich glaub', mich knutscht ein Pferd: „Sheriff“ Harry Gropmann liebt das Leben in der Natur. TV-Foto: Vladi Nowakowski

Kerpen/Niederehe. Den gelernten Schreinermeister Harry Gropmanns verschlug es 1968 von Köln in die Eifel: "Meine Frau litt an einem Lungenemphysem", sagt Gropmann, den alle nur Harry nennen - Sheriff Harry, genauer gesagt, aber dazu später. "In Köln wäre sie gestorben, sagte mir der Arzt. So sind wir der guten Luft wegen nach Kerpen gezogen."
Harry begann zwischen seiner Werkstatt in Köln-Nippes und der Kerpener Wohnung hin- und herzupendeln: "Das war damals eine endlose Gurkerei", lacht er. "Die A 1 war noch nicht da, und man musste über die Dörfer fahren." Er nimmt die langen Autofahrten gerne in Kauf, denn seiner Frau geht es dank der guten Landluft zusehends besser. 1970 erwirbt Harry das drei Hektar große Grundstück, auf dem er heute lebt.
"Absolute Wasserschutzzone", sagt er. "Heutzutage könntest du das nicht mehr kaufen." Und schon gar nicht bebauen. Doch in den 1970ern erhält Harry die Genehmigung, eine Hütte und einen Stall in dem idyllisch gelegenen Bachtal in der Nähe von Niederehe zu errichten. "Tja und seit der Zeit bin ich hier hängengeblieben", erzählt er.
1972 kauft er Gustl, einen Hengst und zwei Jahre später die Stute Resi - sie sind der Grundstock für eine Herde von neun Pferden. Der Großstadtmensch Gropmann wird zum Naturmenschen Harry - seine freien Wochenenden verbringt er auf seinem Grundstück, das er Rodeo-Ranch nennt, wohnt im Sommer wie im Winter in der selbst erbauten Hütte und unternimmt lange Ausritte durch die Eifel. Die Jahre gehen vorüber, der inzwischen pensionierte Schreinermeister zieht sich in sein Paradies zurück. "Die Eifel ist wunderschön", sagt Sheriff Harry.
2001 stirbt Harrys Ehefrau Sybille. Ihr Mann ist zu diesem Zeitpunkt schon längst "Sheriff Harry" - Waldbewohner, Faktotum und ein Mensch, den Fernseh- und Radiosender sowie Zeitungsreporter besuchen.
"Der SWR war hier, der WDR und auch schon mal der Volksfreund", erinnert sich Harry. "Ich habe wirklich nette Menschen kennengelernt - etwa die Regisseurin Ina Reuter, die mich mangels eines eigenen Opas zu ihrem Großvater ernannt hat."
Das Leben Harrys nimmt eine ungeahnte Wendung. Der Mensch, der im Wald bei Niederehe seine Ruhe suchte und fand, wird zum Vorbild für Menschen, die seine Nähe zur Natur bewundern. "Mittlerweile habe ich sehr viele Besucher hier", sagt der 84-Jährige. "Es kommen Familien, die kein Geld für Urlaub haben - und sie bleiben wochenlang hier. Wo sollen die sonst hin? Ich nehme dafür nichts."
Harry lebt längst nicht so zurückgezogen, wie es scheint. Er ist stolzer Besitzer einer winzigen Solaranlage und einer selbst gebauten Windkraftanlage, die zusammen genug Strom liefern, um das Radio, einige Glühlampen und einen Reise-DVD-Player - sein einziger Luxus - zu betreiben. "Ach weißt du", sagt er. "Im Winter ist das Leben hier wirklich hart. An sehr kalten Tagen liege ich schon um 16 Uhr im Bett und lese. Es ist kein Leben für jedermann." "Es ist mir fast unheimlich", fügt er leise hinzu: "Aber, ich bin kerngesund."
Und wieso der Name Sheriff Harry? "Wenn ich 100 Jahre alt werde, darf ich Marshall sein. Das muss als Erklärung reichen", lacht der alte Mann.

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