Erinnerungen an die Linde

GEROLSTEIN. Was verbirgt sich hinter den Straßennamen einer Stadt oder eines Dorfs? Nach dem Auftakt für die Stadt Daun geht es nun um die Stadt Gerolstein.

Die mittelalterliche Stadt Gerolstein war überschaubar. Die vielleicht 200 bis 300 Einwohner kannten sich und die drei Straßen - damals unbefestigte, holprige, staubige, und bei Regen verschlammte Wege - nannte man, ihrer Lage entsprechend, die unterste, mittlere und oberste Straße. Bis in das 19. bzw. 20. Jahrhundert hießen sie noch so. Heute sind es, ordentlich beschildert, die Mühlen-, Haupt- und Bergstraße. Im Straßenverzeichnis 2005 sind allein für die Kernstadt Gerolstein, vom Ahornweg bis zur Büschkapelle, über 80 Namen aufgeführt. Viele Straßen- und Wegenamen erklären sich selbst, zum Beispiel Am Auberg, Am Rasbach, Gymnasialstraße, Kyllweg oder Unter den Dolomiten. Bei anderen ist die Frage: "Wo kommt der Name her und was erzählt uns dieser?" Einige Beispiele können an dieser Stelle beschrieben werden: Die SARRESDORFER STRASSE erhielt ihren Namen von dem im frühen Mittelalter entstandenen Dorf, das etwa im Bereich des alten Friedhofs lag und im Güterverzeichnis des Klosters Prüm von 893 "sarensdorpht" genannt wurde. Dieser Name ist wiederum von der VILLA SARABODIS (später auch SARABODIS VILLA), einem nach römischem Vorbild um Christi Geburt errichteten großen Feudalsitz, hergeleitet. Einst verlief die SARRESDORFER STRASSE vom Stadtkern über die Kyll bis in den Stadtteil Sarresdorf. Einige Zeit nach Fertigstellung der Bahnlinie Trier - Köln und des Bahnhofs (1871) wurde das Teilstück von der Innenstadt bis zum Bahnhof in BAHNHOFSTRASSE umbenannt. Die LINDENSTRASSE, früher teilweise einseitig mit Linden bepflanzt, hält die Erinnerung an die alte Gerolsteiner Linde wach. Dieser Baum stand im Bereich des heutigen Kindergartens, war angeblich 900 Jahre alt und einer der ältesten und größten Bäume Deutschlands. Als er 1925 zusammenbrach, besaß er einen Stammumfang von etwa siebeneinhalb Metern. Er war nicht nur eines der Wahrzeichen der Stadt, er war auch Mittelpunkt einer Parkanlage. Noch Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg war der Rest des einst mächtigen Stammes ein beliebter Spielort für Kinder. Karl-Heinz Böffgen

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