Erst ein Traum, dann eine harte Schule

Ihren Traum von Afrika erfüllte sich Isabell Hayer aus Strotzbüsch: Sie kündigte ihren Job als Erzieherin und reiste nach Ghana, um ehrenamtlich in einem Waisenhaus zu arbeiten. Doch der Traum wurde zum Alptraum, denn dort herrschten unerträgliche Verhältnisse.

 Isabell Hayer lernte von der Fröhlichkeit und Lebensfreude der Waisenkinder von Gbeogo im Norden Ghanas, die ihr Leben mutig selbst in die Hand nahmen.Foto: Privat

Isabell Hayer lernte von der Fröhlichkeit und Lebensfreude der Waisenkinder von Gbeogo im Norden Ghanas, die ihr Leben mutig selbst in die Hand nahmen.Foto: Privat

Strotzbüsch. Sieben Jahre arbeitete Isabell Hayer aus Strotzbüsch im Kaisersescher Kindergarten, aber im vergangenen Jahr machte sich die 27-Jährige auf nach Afrika, wo sie sechs Monate in einem Waisenhaus in Ghana ehrenamtlich helfen will.

Mit ihrem Reisevermittler ist vereinbart, dass sie im Dorf Gbeogo für 100 Euro monatlich in einer Familie leben und essen kann. Das Geld kassiert aber der Leiter des Waisenhauses, und Isabell teilt sich eine Hütte mit einer weiteren ehrenamtlichen Mitarbeiterin. Zunächst bringt der Heimleiter noch fast täglich Nahrungsmittel vorbei, dann lässt er sich nicht mehr blicken.

Nun erlebt Isabell Afrika pur, eine harte Schule für eine an Komfort gewöhnte Europäerin: "Wir hatten nur Essen, wenn die Dorfbewohner uns etwas abgaben." Das Waisenhaus hat Platz für 21 Kinder, aber nur zwölf sind dort. Die übrigen arbeiten auf den Feldern. Kinder ohne Familie, für die niemand Schulgeld und Uniform zahlt, können auch nicht zur Schule gehen. Es gibt keine Betten, kaum Kleidung, keine Schulsachen.

1100 Euro Spenden für Matratzen und Betten



Die Lage ist trostlos, aber Isabell lernt von den Kindern, dass Eigeninitiative gefragt ist. Ihre Schützlinge regeln ihren Alltag fast allein. Isabell bittet den Pastor des Dorfs um Hilfe, und Pater Jacob hilft. Aber auch er kann nicht für genügend Essen sorgen oder den Kindern das Schulgeld bezahlen.

Da Isabell die Kinder bei Pater Jacob in guten Händen weiß, macht sie sich auf in die 200 Kilometer entfernte Stadt und sucht sich ein Internetcafé. Sie informiert ihre Eltern, die ehemaligen Kolleginnen in Kaisers esch und Freunde und startet für das Waisenhaus eine Spendenaktion. Insgesamt kommen so 1100 Euro zusammen, und Isabell geht einkaufen: Matratzen und Bettgestelle, Unterhosen, Handtücher, Schulrucksäcke und Nahrungsmittel.

Das Geld reicht sogar, um alle Kinder in der Schule anzumelden. Inzwischen bemerken auch die Dorfbewohner die Veränderung im Waisenhaus, unterstützen Pater Jacob und Isabell und schicken weitere Kinder in deren Obhut.

Bei einem Ausflug, der nur für die Kinder gedacht ist, quetscht sich fast das ganze Dorf mit in den Bus. Brenzlig wird es, als der frühere Leiter plötzlich wieder auftaucht und sich alles anschaut. Die wütenden Dorfbewohner wollen ihn sogar festnehmen, aber der Mann verschwindet wieder.

Bevor sie nach Deutschland zurückkehrt, wird Isabell auf eine weitere Belastungsprobe gestellt. Bei einem Busunfall erleidet sie eine schwere Verletzung, so dass sie liegend nach Deutschland ausgeflogen wird. Während Klinikaufenthalt und Reha organisiert sie bereits die Gründung des Fördervereins "Teepalig Gbeogo Waisenhaus Ghana" mit dem Ziel, den Kindern Zukunft aufzubauen. Isabell arbeit zwischenzeitlich wieder als Erzieherin, aber ihr größter Wunsch ist: Für immer nach Gbeogo gehen und das Waisenhaus selbst leiten.

Am Samstag, 18. Oktober, 19 Uhr, ist ein Info-Abend im Gemeindesaal in Strotzbüsch. Infos unter www.tbg-waisenhaus-ghana-ev.piranho.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort