Erste Sitzung unter Landrat Thiel: Zuhören und Zustimmung statt Zoff und Gezeter

Daun · Mit Spannung erwartet: Gut zehn Wochen nach seinem Amtsantritt hat Landrat Heinz-Peter Thiel (parteilos) die erste Kreistagssitzung geleitet. Der im Vorfeld von vielen Seiten geäußerte Wunsch, dass sich die politische Kultur im Kreis wieder verbessert, ist genährt worden. Zuhören statt Zoff lautete weitgehend die Devise.

So viel Applaus, Lob und gegenseitiger Respekt waren lange nicht mehr: Bei der ersten Sitzung des Kreistags Vulkaneifel unter Leitung des neuen Landrats Heinz-Peter Thiel am frühen gestrigen Abend herrschte eine gelöste und positive Stimmung im Kreishaus in Daun. Ob das später nach Abarbeiten der Tagesordnung auch noch so war, kann nicht mehr gesagt werden, da dies nach Redaktionsschluss war. Aber: Allein die Tatsache, dass Thiel die vor gut einem Jahr beendete Tradition des gemeinsamen Umtrunks wegen der vergifteten Stimmung im Kreistag nun wieder aufleben ließ, lässt auf den Willen zu einem neuen Miteinander schließen.

Ebenso die Äußerungen der politischen Mandatsträger. So antwortete Gordon Schnieder, neuer Vorsitzender der größten Kreistagsfraktion (der CDU), spontan auf die Frage, wie die Stimmung im Kreistag sein werde: "Gut. Davon bin ich fest überzeugt." Ähnlich äußerten sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Jens Jenssen ("Der Frieden ist ausgebrochen."), BUV-Fraktionschef Jörg Schlösser ("Es macht Spaß, mit dem neuen Landrat zusammenzuarbeiten.") und FDP-Fraktionsvorsitzender Edmund Geisen ("Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Stimmung im Kreistag deutlich besser wird.").

Auch die zweite Beigeordnete Karin Pinn (FWG) meinte: "Die Stimmung wird gut sein, wieso auch nicht?" Da die Frage aber eher rhetorischer Natur war, bedurfte es keiner kleinen Erinnerung an die vergangenen anderthalb Jahre, als sich CDU, BUV, Teile der FDP und der Linke auf der einen Seite mit dem Block aus SPD, FWG, Teilen der FDP, den Grünen und vor allem Ex-Landrat Heinz Onnertz auf der anderen Seite oftmals so gezofft haben (Stichwort Kreissparkasse), dass einem Hören und Sehen verging. Und das obligatorische gemeinsame Bier danach sofort schal geworden wäre - weshalb Onnertz zunächst die Veranstaltung auch ruhenließ und dann vorzeitig in Ruhestand ging.Jetzt wieder mit Umtrunk


Nachfolger Thiel will sie nun wiederbeleben. Nicht zuletzt dass dabei auch das Bier schmeckt, hat der neue Landrat im Vorfeld bereits mit allen Fraktionsvorsitzenden und Vertretern der kleinen Gruppierungen (Grüne und Linke) das Gespräch gesucht. Sein Fazit: "Die Atmosphäre war sehr gut. Ich habe viele Ansätze für eine gute Zusammenarbeit
festgestellt."

Nach Worten des ehemaligen Dauner Polizeichefs haben alle politischen Vertreter im Kreistag das "ernsthafte Bestreben, einen vernünftigen politischen Dialog zu führen". Kenner der Szene würden eher sagen: dazu zurückzufinden. Aber Thiel und auch die anderen Kommunalpolitiker wollen nicht mehr zurück-, sondern nach vorne schauen. Ob Zufall oder gewollt: Die Tagesordnung hat auch kaum Gelegenheiten gegeben, sich zu streiten. Aber selbst das brauchte es in der Vergangenheit nicht, als es oftmals mehr um das Kontra denn um die Sache ging.

Selbst als Kreistagsmitglied Ulli Meyer (Linke) eine Mitteilung der Verwaltung zum Busverkehr zum Anlass nahm, eine Grundsatzdiskussion vom Zaun brechen zu wollen, reagierte der neue Landrat cool: Erst ließ er den Rednern Raum, stoppte nach einer gewissen Zeit aber die Diskussion: "Wir wollten Sie erst einmal für das Thema sensibilisieren, zu einem späteren Zeitpunkt werden wir uns damit ausgiebig befassen." Und der Kreistag akzeptierte. Noch vor wenigen Monaten undenkbar! Da wäre ein solches Machtwort als Angriff auf die eigene Souveränität gewertet worden. Mit dementsprechender Gegenattacke.

Thiel aber blieb souverän - was ihm auch gewährt wurde: Mal besprach er sich kurz mit der ersten Beigeordneten, mal mit seinem Büroleiter, dann erteilte er seinen Fachleuten aus dem Haus das Wort, konzentrierte sich auf die Moderation und das zügige Abarbeiten der Tagesordnung. Und selbst als es dann doch noch auf ein solch strittiges Thema wie die Abstufung von Kreisstraßen kam - was der Vorsitzende eigentlich verhindern wollte -, behielt er das Ruder fest in der Hand und sagte: "Bevor wir dieses Thema im Kreistag beschließen, werden wir es im Ältestenrat und mit allen Betroffenen vor Ort diskutieren." Ringsum: Zustimmung. Wie gesagt: So viel Respekt war lange nicht mehr.

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