"Es war ein echter Familienwahlkampf, jeder hat sich eingebracht"

Mürlenbach/Daun · Erst mal Urlaub: Kurz nach der für ihn erfolgreichen Landratswahl und nach einem intensiven Wahlkampf will Heinz-Peter Thiel zumindest für ein paar Tage auf andere Gedanken kommen. Vor der Abreise haben die TV-Redakteure Mario Hübner und Stephan Sartoris mit ihm gesprochen.

 Räumlich nur ein kleiner Schritt: Heinz-Peter Thiel wechselt am 1. April von der Polizeiinspektion ins benachbarte Kreishaus. TV-Foto: Mario Hübner

Räumlich nur ein kleiner Schritt: Heinz-Peter Thiel wechselt am 1. April von der Polizeiinspektion ins benachbarte Kreishaus. TV-Foto: Mario Hübner

Mürlenbach/Daun. Da sitzt er an der gedeckten Kaffeetafel im Wohnzimmer seines Hauses in Mürlenbach, umringt von Frau, Kindern und Katze: Heinz-Peter Thiel, 49, der künftige Landrat des Kreises Vulkaneifel. Er hat sich bei der Wahl am Sonntag aus Sicht der meisten Beobachter überraschend deutlich gegen den CDU-Kandidaten Frank Bender durchgesetzt. Nach vier Monaten Wahlkampf muss er sich wieder daran gewöhnen, nicht mehr nach dem nächsten Termin zu schauen. Knapp vier Monate dauert es noch, bis er am 1. April die Nachfolge von Heinz Onnertz antritt, diese Zeit kann er noch genießen, dann wird es wieder reichlich Termine geben.
Wie geht es kurz nach der Wahl?

Heinz-Peter Thiel: Wir, also die ganze Familie, sind gut drauf, wir freuen uns über das Ergebnis. Der Abend nach der Wahl war auch nicht so lang, es gibt also auch kein Schlafdefizit.

Wie sind die Reaktionen auf Ihren Sieg ausgefallen?
Thiel: Exakt gezählt habe ich die Glückwünsche nicht, aber es waren bestimmt weit über 100 E-Mails, gut 150 Meldungen bei Facebook, von den vielen Anrufen gar nicht zu reden.

Und jetzt: Geht es gleich los mit der Vorbereitung auf das neue Amt?
Thiel: Nach mehr als vier Monaten Wahlkampf werde ich mich ein paar Tage ausklinken und mit einem guten Freund ein paar Tage in Sachsen verbringen. So versuche ich, noch mal auf andere Gedanken zu kommen.

Wie wichtig war die Familie in den vergangenen Monaten?
Thiel: Es war ein echter Familienwahlkampf, jeder hat sich auf seine Art eingebracht und wir haben auch zusammen das Konzept entwickelt, das letztlich zum Erfolg geführt hat. Nicht missen will ich auch die vielen Kontakte, die vielen Menschen, die ich kennengelernt habe. Ein besonderer Dank geht an die Helfer, die mich unterstützt haben, die ich aber nicht persönlich kennengelernt habe.

Hand aufs Herz: Haben Sie wirklich ein Ergebnis von fast 62 Prozent erwartet?
Thiel: Das war der von mir erträumte Wert, den ich aber nie öffentlich ausgesprochen habe. Mir war immer klar, dass die Chancen gut stehen, dass ich als Landrat gewählt werde. Die große Unbekannte war die Wahlbeteiligung. Ich hatte gedacht, dass ich bei einer geringen Wahlbeteiligung schlechter abschneiden würde, deshalb haben wir auch versucht, möglichst viele Menschen zu bewegen, zur Wahl zur gehen.

Und trotzdem sind nur gut 37 Prozent der Bürger wählen gegangen. Überspitzt formuliert: Ist angesichts dieser Zahl Ihr Ergebnis nicht ein Muster ohne Wert?
Thiel: Nein, das sehe ich nicht so. Ich glaube, bei einer höheren Wahlbeteiligung wäre mein Ergebnis sogar noch besser ausgefallen. Die geringe Wahlbeteiligung ist sicher auch darauf zurückzuführen, was in den vergangenen Monaten auf Kreisebene passiert ist. Und dennoch: Mein Konzept, mein Angebot hat sich durchgesetzt, und das hätte es meiner festen Überzeugung nach auch, wenn mehr Bürger ihren Wahlzettel ausgefüllt hätten.

Sind mehr als 60 Prozent Nichtwähler für Sie ein Ansporn, dagegen etwas zu tun?
Thiel: Ich denke, es spielt dabei eine gewisse Politikverdrossenheit, die vielleicht auch nur eine Politikerverdrossenheit ist, eine Rolle. Jeder Politiker gibt vor, bürgernah zu sein, aber die Leute schauen schon genau hin, ob das stimmt. Beispiel Kommunalreform, Beispiel Obere Kyll, wo bekanntlich einige Orte in die Verbandsgemeinde Prüm wechseln wollen: Das wurde ihnen verwehrt, und damit wurde aus meiner Sicht über die Köpfe der Bürger, der Gemeinderäte, der Ortsbürgermeister entschieden. Das sorgt für Frust. Wir müssen künftig die Bürger einbeziehen, dann werden auch wieder mehr zur Wahl gehen.

Ist die klassische Wahl denn noch zeitgemäß?
Thiel: So, wie es bis dato abläuft, mit Gang ins Wahllokal mit Wahlbenachrichtigung, wirkt es für mich etwas antiquiert. Wir müssen vermehrt auf elektronische Wahlmöglichkeiten umstellen, wie es in vielen Ländern schon längst praktiziert wird. Man muss auch sehen, wie viele außerparlamentarische Gruppierungen in Internetforen Kommunalpolitik betreiben, außerhalb von Gemeinde- und VG-Rat oder Kreistag. Es gibt großes politisches Interesse, wir haben die Aufgabe, es einzubeziehen.

Hat es von CDU und Bürgerunion Vulkaneifel, die ja Frank Bender bei der Landratswahl unterstützt haben, Signale gegeben, sich zusammenzusetzen?
Thiel: Beide Vorsitzende haben mir gratuliert. Es ist aus meiner Sicht jetzt allerdings zu früh für Sondierungsgespräche. Jeder wird erst einmal die Wahl analysieren wollen. Nach meinem kurzen Urlaub werde ich viele Gespräche führen, mit dem Ziel, dass wir am 1. April mit mir als Landrat in einer besseren Atmosphäre die Zusammenarbeit beginnen können.

Sie sind also auch bereit, den ersten Schritt zu machen?
Thiel: Selbstverständlich.

Wie schwer wird Ihnen der Wechsel von der Polizeiinspektion zur Kreisverwaltung fallen?
Thiel: Die Trennung von meinen Beruf wird mir sicher nicht leicht fallen, schließlich bin ich seit 33 Jahren Polizist. Aber ich freue mich sehr auf die neue Aufgabe, die eine große Herausforderung, ein besonderer Reiz ist.

Was wünschen Sie sich denn zu Weihnachten?
Thiel: Ich feiere ja kurz vor Weihnachten meinen 50. Geburtstag, deshalb wünsche ich mit für die Festtage selbst ein paar ruhige Stunden - wenn möglich ohne Interviews! sts/mh

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