"Fachpersonal müssen wir uns selber ranziehen"

DAUN. Getreu dem Satz "Fachpersonal müssen wir uns selber ranziehen" agieren die meisten Ausbildungsbetriebe im Kreis Daun. Dabei gibt es viele Hürden und Handicaps. Jeder zehnte Auszubildende gilt als "Problemfall".

"Mein größtes Problem ist, Lehrlinge zu finden. Nächstes Jahr werden bei uns wieder fünf Stellen frei und ich weiß nicht, ob und wie ich die besetzt bekomme", erklärt Peter Müller, Unternehmer aus Gerolstein-Müllenborn. Derzeit beschäftigt der Betreiber eines Schlachthofs, einer Metzgerei und mehreren Läden elf "Azubis": vier im Verkauf, zwei im Büro und fünf in der Produktion.Müller, seit mehr als 20 Jahren Ausbilder, setzt aufs Schnupperpraktikum vor der Vergabe eines Lehrvertrags: "Dann kristallisiert sich nämlich der echte Bewerber heraus." Beste Voraussetzungen für eine Ausbildung in der Produktion oder im Verkauf sind seiner Meinung nach handwerkliches Geschick und Durchhaltevermögen. Außerdem seien Auszubildende keineswegs "billige Arbeitskräfte". Anders als die Ausbildungsvergütung, die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren sowie die Ausfallzeiten würde der Zeitaufwand der Ausbilder oder der materielle Schaden, den mancher "Azubi" anrichtet (beispielsweise Verschnitt beim Roastbeef) nicht in Zahlen erfasst. "Trotzdem sehe ich es als Notwendigkeit an, mir selbst Fachkräfte ranzuziehen", meint Müller.Nach der gleichen Devise verfährt Ralf Krämer. Der Orthopädieschuhtechnikermeister beschäftigt zwei Auszubildende in der Werkstatt und einen im Büro.Auch er hat Schwierigkeiten, Lehrlinge für die Werkstatt zu finden. "Natürlich arbeiten wir in einem Nischenberuf, aber das Gesundheitshandwerk hat Zukunft, weil die Menschen immer älter werden und somit der Bedarf steigt", erklärt Krämer. Neben großem handwerklichem Geschick (Arbeiten mit den Werkstoffen Holz, Leder, Metall und Kunststoff) sei für die vierjährige Ausbildung Idealismus erforderlich. In der Berufsschule werden die Orthopädieschuhtechniker in Anatomie, Pathologie und modernen Computermesstechniken für den Bewegungsablauf unterrichtet.Beim Thema Berufsschule wird Krämer wütend auf die Landespolitik. Vor Jahren wurde die einzige Berufsschule für diesen Fachbereich in Rheinland-Pfalz in Trier geschlossen, und die Landesregierung schloss einen Vertrag mit dem Land Baden-Württemberg. "Unsere Lehrlinge sollten nach Stuttgart fahren. Das geht doch nicht, deshalb mussten wir eine Sondervereinbarung mit Köln treffen", berichtet Krämer verärgert.Ärger wegen der Berufsschule

"Das Land hat systematisch Ausbildungsplätze kaputt gemacht. Im Jahr danach ist die Zahl unserer Berufsschüler in der Region von 16 auf vier gesunken", erklärt Krämer, gleihzeitig stellvertretender Innungsobermeister. In der Region Trier gibt es 19 Orthopädieschuhtechniker-Betriebe, aber derzeit lediglich fünf "Azubis" in diesem Beruf. Laut Krämer kommt das Land die Kostenbeteiligung an der Stuttgarter Schule teurer zu stehen als der Erhalt der Trierer Klasse.Auch eine Ausbilderin, die namentlich nicht genannt werden möchte, reagiert beim Thema Berufsschule sauer. Allerdings wegen ihres "Azubis". "Der schwänzt regelmäßig die Schule, und deshalb habe ich ihm schon einen Teil seines Urlaubs gestrichen. Wie der die Prüfung schaffen soll, ist mir schleierhaft", meint sie.Rainer Uhlendorf, Lehrer an der Berufbildenden Schule Gerolstein, sagt: "Wenn ein Schüler mehrfach nicht zum Unterricht kommt, schreiben wir die Betriebe an." Er nimmt die Berufsschüler in Schutz: "Aus unserer Erfahrung betrifft das Schwänzen höchstens zehn Prozent der Auszubildenden." Auch Heinz-Josef Wirfs, Ausbilder im eigenen Kfz-Betrieb und Prüfungswart, stellt sich vor die Jugendlichen: "Als Lehrer habe ich zwei Aufgaben: Ausbildung und Erziehung. Wenn ein Azubi dauernd zu spät kommt, habe ich als Ausbilder einen Fehler gemacht." Auch Metzgermeister Müller bildet nach dieser Methode aus: "Wenn einer sein Berichtsheft nicht ordentlich oder gar nicht führt, kriegt er so lange kein Geld, bis es korrekt vorliegt. Der Ausbilder sitzt doch da am längeren Hebel."

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