Farbprofis mit brillanter Entwicklung: Startup-Unternehmen Premosys zieht in eigenen Betrieb in Kalenborn-Scheuern um

Wiesbaum · Die Firma Premosys, die Systeme zur professionellen Farberkennung baut, die in der Auto- und Lebensmittelindustrie genutzt werden, zieht um. Der Existenzgründer, der 13 Mitarbeiter und weltweit mehr als 100 Kunden hat und gut zwei Millionen Euro Umsatz im Jahr macht, baut in Kalenborn-Scheuern einen hochmodernen Betrieb und verlässt das Gründerzentrum in Wiesbaum.

 Premosys-Geschäftsführer Matthias Kuhl mit der neuesten Errungenschaft der Firma: dem Prototyp einer sensorgesteuerten Maschine, mit deren Hilfe punktgenau Herbizide ausgebracht werden können. TV-Foto: Mario Hübner

Premosys-Geschäftsführer Matthias Kuhl mit der neuesten Errungenschaft der Firma: dem Prototyp einer sensorgesteuerten Maschine, mit deren Hilfe punktgenau Herbizide ausgebracht werden können. TV-Foto: Mario Hübner

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Wiesbaum. Wieso müssen geröstete Kaffeebohnen einer Sorte unbedingt die gleiche Farbe haben? Damit der Kaffee dieser einen Sorte eben auch gleich schmeckt! Nun könnte man einwenden, dass das ein guter Röster dank seiner Erfahrung meistens auch hinbekommt. Aber bei Großproduktion geht es nicht ohne Messsensoren in der Rösttrommel. Denn dann wird es gleich richtig teuer, wenn eine ganze Charge weggeschmissen werden muss, da der Kaffee für eine milde Sorte zu kräftig schmeckt.

Oder die Displays im Auto: Die sollen alle in der gleichen Farbe leuchten und nicht eines hellblau, eines mittel- und eines dunkelblau. Gar nicht so einfach, wenn man bedenkt, dass die Komponenten stets von mehreren Zulieferern kommen.
Oder aber Tapeten: Die sollen auf allen Rollen dasselbe Muster in der gleichen Farbe haben - und nicht abweichen, und sei es nur um Nuancen.

Das gilt auch für Nudeln: Die sollen alle gleich gelb sein. "Ansonsten wird das als Minderqualität ausgelegt, auch wenn es das de facto nicht ist", sagt Matthias Kuhl. Er ist Geschäftsführer der Firma Premosys im Existenzgründerzentrum. Die hat sich seit ihrer Gründung im Februar 2000 darauf spezialisiert, Sensoren zu bauen, die solche Unterschiede - und seien sie auch noch so gering - erkennen. Mit Erfolg.

Inzwischen hat die Firma rund 100 Kunden weltweit - von Automarken über Chemie-, Pharmazie- und Agrarunternehmen bis hin zu Lebensmittelproduzenten -, ist von drei auf 13 Mitarbeiter gewachsen und macht jährlich laut Kuhl rund zwei Millionen Euro Umsatz. Denn die Konformität von Farbe und Licht spielt bei immer mehr Firmen und deren Produkten offenbar eine immer größere Rolle - da der Kunde das wünscht. "Und das wird mit dem Standard Industrie 4.0, der die Null-Fehler-Produktion zum Ziel hat, noch wichtiger werden", ist Kuhl überzeugt.

Um dem gerecht zu werden, zieht die Firma nach aktueller Planung im Juli 2017 aus dem Gründerzentrum Higis aus und lässt demnächst (Spatenstich ist Ende August) ein hochmodernes Firmengebäude errichten: auf einem vor drei Jahren gekauften, rund 8000 Quadratmeter großen Grundstück in Kalenborn-Scheuern. Das ist der Wohnort von Kuhl, dort sitzt er seit einem Vierteljahrhundert im Gemeinderat und ist seit einem Jahrzehnt auch Erster Beigeordneter. Kosten der Investition: siebenstellig. Mehr will der 58-Jährige, der verheiratet ist und zwei erwachsene Kinder hat, nicht verraten.

Der Grund für den Umzug: "Wir sind an dem Punkt angelangt, dass das Higis-Gebäude unseren Ansprüchen nicht mehr genügt." Denn Premosys macht auch Entwicklungsprojekte, etwa für die Automobil- und Nahrungsmittelindustrie. "Und die Firmen verlangen eben, dass wir dies ausschließlich in abgeschotteten Bereichen tun, zu denen nur bestimmte und wenige Mitarbeiter Zutritt haben", erklärt Kuhl. Stichwort: Geschäftsgeheimnisse, Industriespionage. Unter anderem dies werde im neuen Gebäude berücksichtigt.

Trotz des Umzugs lobt der Unternehmer die Verantwortlichen des Gründerzentrums: "Ich kann das Higis für Existenzgründer nur wärmstens empfehlen: Hier geht es absolut fair und stets flexibel zu. Wir wurden sehr unterstützt."
Mit dem Umzug plant Kuhl auch mittelfristig eine deutliche Expansion seines Unternehmens, das zudem selbst ausbildet. Er sagt: "Wir wollen unser Team verdoppeln. Im neuen Gebäude haben wir sogar Platz für gut 30 Mitarbeiter."

Unlängst war Premosys wegen seiner innovativen Technik als einer von 38 Betrieben aus ganz Deutschland zum Bundespräsidenten eingeladen worden. "Das war ein ganz besonderes Highlight. Und danach haben gleich weitere namhafte Firmen bei uns angerufen", erzählt Tüftler Kuhl - und gesteht: "Wenn ich mir vor Augen führe, wo wir inzwischen überall Kunden haben, läuft es mir auch heute noch manchmal kalt den Rücken herunter." Vorbei die Zeiten, als er im Higis gemeinsam mit zwei Mitarbeitern begonnen hat, wo auf zwölf Quadratmetern getüftelt, Kaffee gekocht und der Schreibkram erledigt wurde.Extra

Stefan Mertes, Higis-Geschäftsführer und Wirtschaftsförderer der Verbandsgemeinde Hillesheim, geht davon aus, dass es schon etwas länger dauern werde, bis die Lücke, die Premosys im Higis hinterlässt, wieder geschlossen wird. Schließlich ist die Firma, die 850 Quadratmeter belegt, einer der größten Mieter. Und natürlich bedauere er es, dass sich die Firma nicht im angrenzenden Industriepark ansiedelt - wenngleich er die Entscheidung zugunsten von Kalenborn-Scheuern gut nachvollziehen könne. Er gewinnt der Sache aber auch Positives ab. "Immerhin bleibt die Firma in der Verbandsgemeinde", sagt er in Anspielung auf die beschlossene Fusion mit der VG Gerolstein zum 1. Januar 2017. mh

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