Fluchthilfe in die Freiheit

GEROLSTEIN/DAUN. Wenn die Wohnung zum Tatort wird: Betroffene Frauen finden seit zehn Jahren Hilfe beim Verein "Frauen in Not". Zusammen mit 80 Gästen, Mitgliedern und Kooperationspartnern feierte der Verein sein Jubiläum.

Sie werden geschlagen, misshandelt und bedroht. Meist wissen sie nicht mehr weiter und greifen zum Telefonhörer, um sich Hilfe und Rat zu holen. Frauen, die zu Hause der Gewalt ihres Mannes oder Lebensgefährten ausgesetzt sind, finden seit zehn Jahren ein offenes Ohr bei den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Vereins "Hilfe für Frauen in Not" (Fin). Sie hören sich die Hilferufe der Anruferinnen an und helfen aktiv. "Innerhalb der vergangenen zehn Jahre haben wir etwa 80 bis 100 Frauen intensiv begleitet", schätzt Vorsitzende Evi Linnerth. In diesen Fällen haben sie den Frauen eine neue Zufluchtsstätte besorgt, Ansprechpartner vermittelt und Beistand geleistet. "Einmal bin ich mit einer Frau bis nach Bad Kreuznach gefahren, um sie dort unterzubringen. Die Gefahr wäre sonst zu groß gewesen, dass ihr Mann sie aufgespürt hätte", erzählt Linnerth. Die meisten Anrufe erhalten die Fin-Frauen am Vormittag über ihr Beratungstelefon. Es ist von 10 bis 14 Uhr besetzt und unter der Nummer 06591/980622 erreichbar (sonst läuft der Anrufbeantworter). "In seltenen Fällen werde ich von der Polizei auch nachts angerufen", erzählt Linnerth. Dann muss es meist schnell gehen. Denn obwohl die Polizei Daun nach dem Grundsatz "Wer schlägt, muss gehen" vorgeht, müssen manchmal Frau und Kinder in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus dem Eigenheim ausziehen. Diese Situationen sind nicht nur für die Betroffenen überaus belastend, auch die Fin-Frauen leiden mit. Damit sie nicht selbst irgendwann unter den Belastungen leiden, gibt es Seminare. Sie geben ihnen nicht nur Kraft und Motivation, sondern informieren auch beispielsweise über die polizeiliche Vorgehensweise, Techniken der Gesprächsführung, Finanzhilfen für Betroffene und den Umgang mit dem Jugendamt. Doch der Fin-Verein kämpft nicht etwa allein auf weiter Flur. Er hat inzwischen ein weit reichendes Netzwerk mit vielen Institutionen aufgebaut, die ihn dabei unterstützen, den Frauen in den individuellen Notlagen zu helfen. Auf der Liste der Kooperationspartner stehen zum Beispiel die Caritas Daun, der Koblenzer Solwodi-Verein, der sich vor allem um Migrantinnen in Not kümmert, die Gerolsteiner Lebensberatungsstelle und die Jugendberufshilfe der Dekra-Akademie in Gerolstein. Auch zu Vertretern der Justiz unterhält der Verein gute Kontakte. Zum einen kann er den Hilfe Suchenden Rechtsanwälte vermitteln. Zum anderen gehen manche Bußgelder an den Verein. Dies ist neben den Spenden und Mitgliedsbeiträgen die dritte Finanzquelle des Vereins. "Zurzeit bewegen wir uns auf einem gesunden finanziellen Fundament", sagt Linnerth.Mitarbeiterinnen gesucht

Zum Glück, denn die Arbeit geht weiter - Tendenz steigend. Denn erfasste die Polizei Daun im Jahr 2004 71 Fälle von Gewalt in engen sozialen Beziehungen im Kreis Daun, waren es ein Jahr später 77 Fälle und in diesem Jahr bis Oktober bereits 87. Auch Karin Knötgen von der pro-aktiven Erstberatung bei der Caritas Daun erkennt einen Anstieg: Im Sommer 2005 haben sie nur ein bis zwei Frauen im Kreis Daun beraten, 2006 bislang 17. "Das muss nicht heißen, dass die Gewalt zugenommen hat. Es melden sich nur mehr Frauen", meint Beate Stoff, Büro Plan B. Um ihnen auch in Zukunft umfassend helfen zu können, sucht der Fin-Verein weiter nach ehrenamtlichen Helferinnen. Auch Männer sind im Vorstand willkommen. Info-Telefon: 06591/7872; Bankverbindung: Kreissparkasse Daun, BLZ 586 512 40, Konto-Nummer: 24 20 16.

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