„Kleine Gespenster“ brauchen viel Schutz Auf Fledermäuse spezialisierte Biogeographin eröffnet Gutachterbüro

STROHN-SPRINK · Die Biogeographin Sarah Grün hat ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und ein Gutachterbüro eröffnet.

 Sarah Grün hat das Klettern gelernt, denn in Baumhöhlen muss sie nach ihren Schützlingen schauen.

Sarah Grün hat das Klettern gelernt, denn in Baumhöhlen muss sie nach ihren Schützlingen schauen.

Foto: TV/Bernd Schlimpen

Sarah Grün wohnt in Sprink, ist selbstständige Biologin, hat einen langen Ausbildungsweg hinter sich und ist einfach ein „Naturmensch“, dem die Umwelt und ihre „animalischen Bewohner“ sehr am Herzen liegen, besonders „ihre“ Fledermäuse und die gibt es in der Vulkaneifel zuhauf – beste Forschungsbedingungen also, aber auch viel Arbeit in Sachen Artenschutz.

Alles nahm seinen Anfang 2004 nachdem sie in Daun ihr Abitur gemacht hatte und im Anschluss gleich für sechs Wochen als ehrenamtliche Mitarbeiterin auf Kreta eine Organisation zum Schutz von Meeresschildkröten unterstützte.

Von 2006 bis 2010 studierte Grün schließlich Biogeographie an der Universität Trier. Schon während des Studiums ging es zur nächsten Entdeckungsreise: 2007 absolvierte sie über drei Monate ein Auslandspraktikum in Südafrika. Schwerpunkt dieser Exkursion war noch die Analyse des Beutespektrums von Leoparden, doch im darauffolgenden Jahr sollte ihre heutige Leidenschaft für Flugsäuger geweckt werden: Bei einem Praktikum in Luxemburg stieß sie auf das Thema Fledermäuse und die ebenso possierlichen wie fremden Wesen lassen sie bis heute nicht mehr los.

„Kleine Gespenster“ sagt sie zu den nachtaktiven Fliegern, die sie für ihren weiteren Weg faszinierten. Gleich ihre Diplomarbeit befasste sich mit den Tieren. Sie behandelte das Raumnutzungsverfahren der Bechsteinfledermaus.

Nach dem Studium trieb es Grün nach Barro-Colorado Island. Auf dieser künstlichen Insel die einst beim Bau des Panama-Kanals entstand, lernte sie die sagenhafte Vielfalt tropischer Fledermäuse kennen. „In Deutschland kommen nur insektenfressende Arten vor, die als Schädlingsvertilger eine wichtige Arbeit leisten, während die artverwandten Tropentiere Früchte oder gar Fische und Frösche bevorzugen“, erklärt sie.

Im Rahmen einer Festanstellung arbeitete Grün schließlich von 2011 bis Anfang diesen Jahres als Umweltgutachterin und machte sich schließlich mit ihrem eigenen Planungsbüro selbstständig – unter dem Namen „Grün Plan Eifel“.

„Sowohl die internationale Gesetzgebung über die FFH-Richtlinie als auch auf nationaler Ebene das Bundesnaturschutzgesetz sehen vor, dass Fledermäuse und andere streng und besonders geschützte Arten bei Eingriffen berücksichtigt werden.“ So dürfen Fledermäuse keinesfalls verletzt, getötet oder erheblich gestört und ihre Quartiere in Baumhöhlen, Gebäuden oder Höhlen und Stollen dürfen nicht beschädigt werden.

Grün erstellt im Rahmen ihrer Tätigkeit hauptsächlich Artenschutzgutachten für die Fledermäuse, so zum Beispiel bei Windkraftplanungen oder anderen Bauprojekten. Neben akustischen Erfassungen, bei denen die Ultraschallrufe mit einem Detektor aufgenommen und im Anschluss am Computer hinsichtlich des Artenspektrums analysiert werden, führt die Biogeographin Netzfänge durch. An die gefangenen Tiere werden mit Hautkleber winzige Knopfzellen als Sender am Rücken befestigt, um anschließend mittels Radiotelemetrie die Quartiere ausfindig zu machen.

Unter anderem zur Planung von Gehölzrodungen bei denen wichtige Fledermaus-Quartiere zerstört werden könnten. „Über Kreuzpeilung kann man zudem das nächtliche Flugverhalten der Tiere untersuchen und die Aufenthaltsgebiete ermitteln.“

Vor drei Jahren hat die Fledermaus­expertin einen Seilkletterkurs abgeschlossen, kann jetzt hohe Bäume erklimmen und dabei Baumhöhlen mit einer Endoskopkamera auf Fledermausbesatz hin kontrollieren. Diese Methode kommt zum Einsatz, wenn Bäume gefällt werden sollen, die potenzielle Fledermausquartiere aufweisen.

Neben Fledermäusen untersucht sie auch dann und wann Eulen, Haselmäuse oder Amphibien, die bei Planungen ebenfalls berücksichtigt werden müssen. Von einer weiteren „Bioarbeit“ erzählt sie: „Zudem führe ich vegetationskundliche Erfassungen durch. So bin ich seit Ende April mit anderen Kartierern in der Eifel im Raum Gerolstein unterwegs und kartiere im Auftrag des Landesamtes für Umwelt Grünland. Mit Fledermäusen arbeite ich dieses Jahr vor allem im benachbarten Lux­emburg. Ich hatte das große Glück, das meine Arbeit von Corona nicht betroffen war, negativ aufgefallen sind mir jedoch einige Zeitungsartikel, in denen unschuldige Fledermäuse als Verursacher allen Übels dargestellt wurden.“

 Kein guter Ruf, aber unbedingt schützenswert.

Kein guter Ruf, aber unbedingt schützenswert.

Foto: TV/Bernd Schlimpen

Die 35-Jährige klärt über ihre Schützlinge auf: „Die Artengruppe ist zahlreichen Bedrohungen durch den Menschen ausgesetzt. So vernichten Pestizide in Land- und Forstwirtschaft nachweislich die Insekten und somit ihre Nahrungsgrundlage. Straßen und Windkraftanlagen fordern leider zahlreiche Opfer und durch intensive Forstwirtschaft und energetische Sanierungen alter Gebäude gehen wertvolle Quartiere verloren. Ein schlechter Ruf als Virusüberträger sorgt womöglich dafür, dass die Akzeptanz und auch Beliebtheit dieser Tiere verloren geht. Es wäre eine fatale Folge.“

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