Gedenken Forum Eine Welt erinnert an das Schicksal der Juden

Gerolstein · Die Gedenkveranstaltung fällt aus, aber auf eines der dunklesten Kapitel der Gerolsteiner Stadtgeschichte wird trotzdem hingewiesen.

 Der Künstler Gunter Demnig verlegt die sogenannten Stolpersteine mittlerweile in ganz Europa.

Der Künstler Gunter Demnig verlegt die sogenannten Stolpersteine mittlerweile in ganz Europa.

Foto: ve_verei <ve_verei@volksfreund.de>+SEP+ve_verei <ve_verei@volksfreund.de>

(red/sts) Zu den Schwerpunkten, die das Forum Eine Welt, das 2003 gegründet und aus dem „Aktionskreis gegen rechte Gewalt“ hervorgegangen ist, für sich definiert hat, zählt die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus in Gerolstein. Zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust am Mittwoch, 27. Januar, möchte auch das Forum Eine Welt an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau vor 76 Jahren erinnern.

Da wegen der Corona-Schutzmaßnahmen die sonst obligatorische Gedenkveranstaltung in diesem Jahr ausfallen muss, hat der Verein beschlossen, durch einen Text seines inzwischen verstorbenen Mitglieds Karl-Heinz Böffgen aus dem Buch „Gegen das Vergessen“, der heutigen Generation die dunkle Geschichte, auch die Gerolsteins, zugänglicher zu machen. In Böffgens Werk ist unter anderem zu lesen, dass ab dem Ende des 19. Jahrhunderts bis 1943 in Gerolstein insgesamt 107 jüdische Mitbürger wohnten.

Noch Ende der 1920er Jahre lebten die damals etwa 2900 Katholiken der Stadt in friedlicher Gemeinschaft mit knapp 100 Protestanten und mindestens 60 Juden. Am enormen Wachstum der Stadt im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts hatten die jüdischen Geschäftsleute erheblichen Anteil.

Dem gemeinsamen und vertrauten Umgang mit den christlichen Mitbürgern wurde durch die natio-nal­sozialistische Unrechtsherrschaft ab 1933 ein jähes Ende gesetzt, wie das Schicksal der Familie Mansbach beispielhaft belegt (siehe Info).

Zum Gedenken an die Ermordeten wurden 2011 im Gehsteig beziehungsweise in der Straße vor ihren einstigen Wohnungen so genannte Stolpersteine verlegt. Es sind dezentrale Mahnmale, zehn mal zehn Zentimeter groß, Betonsteine mit obenauf befestigten Namensplatten aus Messing.

Am 28. Februar 2011 baute der Kölner Künstler, ldeengeber und lnitiator der inzwischen europaweiten Stolperstein-Aktion, Gunter Demnig, die ersten Steine in der Brunnenstadt in den Boden ein. Am 20. November 2012 folgte die Verlegung weiterer Stolpersteinen.

Gerade in Zeiten eines teils wiedererstarkenden Antisemitismus in Deutschland, in denen rassistische Terroranschläge und verbale Attacken zunehmen, sei es notwendig, die Lehren aus der deutschen Geschichte zu ziehen und den Blick auf die Verbrechen der Nazis zu richten, heißt es in einer Pressemitteilung des Forums Eine Welt.

Von großer Geschichtsvergessenheit zeuge es, wenn Teilnehmer der Querdenker-Demos mit angeheftetem „Judenstern“ aufträten oder sich in einer Opferrolle mit NS-Verfolgten wie Anne Frank gleichsetzten. „Hierbei werden die realen Erfahrungen und das Leid, wie es sich exemplarisch in den Biografien der Familien Levy und Mansbach widerspiegelt, ausgeblendet.“

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